Tupperflair

Anstatt niederträchtig und ehrverletzend über den (trotzdem eher bizarr zu nennenden) Ordnungssinn meiner Tochter abzulästern, habe ich heute zunächst mal vor der eigenen Tür gekehrt. In unserem Wohnzimmerschrank wurden mir vom MamS zwei Schubladen zugewiesen für die Aufbewahrung meines ureigenen und höchstpersönlichen Krimskrams. Beide Schübe ließen sich wegen opulenter Befüllung nicht mehr öffnen, für mich das untrügerische Zeichen, dass ich sie doch mal wieder einer eingehenden Okularinspektion unterziehen sollte, um Nützliches von Schund zu trennen. Einiges, was ich zutage förderte, verwunderte mich aber doch. Neben Kontoauszügen von 2005 (lose), Rechnungen von anno dünnemals und auch der Neuzeit (jedoch alle beglichen), Elternbriefen, Songtexten, zurückgeschickte Bewerbungen, einzelnen Photos aus der Schnullerphase der Kinder sowie Lieblingsurlaubsbildern förderte ich auch die Bedienungsanleitung für den „Quick Chef“ zutage. Damit ist nicht, wie vielleicht anzunehmen wäre, der MamS gemeint, sondern ein sündhaft kostspieliges Küchengerät von Tupperware zum Häckseln von Gemüse und Obst und zur Zubereitung schmackhafter Dips und Mixgetränke. Seit Anschaffung im Frühjahr fristet der Quick Chef im Küchenschrank ein beinahe unbeachtetes Dasein und ist anschaffungsmäßig der Flop des Jahres. Außerdem fand ich meinen Gallenstein (groß wie das Innere eines Ãœ-Eis und inzwischen von der Farbe, naja, lassen wir das) in einer kleinen Plastiktüte und, man höre und staune, einen Umschlag mit 20 Euro, dessen Herkunft ich anhand des Umschlags eruieren konnte (von meinen Eltern), nicht jedoch den Empfänger. Gut möglich, dass ich die Großeltern-Spende für Dixie aufbewahren wollte, ebenso gut möglich allerdings, dass es eine Eltern-Spende an meine Person war … In Ermangelung einer Widmung und aufgrund der Tatsache, dass es meine Schubladen sind, neige ich dazu, mich als Empfänger zu gerieren, werde mit Dixie aber wohlwollend teilen.
Die 3 Schubladen des MamS sind selbstredend peinlichst genau geordnet, die verschiedenen Vorgänge chronologisch korrekt in Ordnern separiert und führen ein recht langweiliges Dasein. In meinen Schubladen hingegen steppt der Bär, da ist Musik drin, Ãœberraschungen inklusive und wenn ich etwas suche, brauche ich nur unwesentlich länger als er (die Zeitspanne für „unwesentlich“ liegt natürlich im Auge des Betrachters).

Ich fand auch eine Einladung zu einer „Tupper-Party“, die just morgen stattfindet. Inmitten einer Horde quietschiger, kochwütiger, aufgedrehter, später dann angeschickerter fremder Damen, die verzückt Lobpreislieder auf bunte Plastikbehälter singen, fühle ich mich nicht recht wohl und neige dann unter Umständen zu Frustkäufen, was meinem Geldbeutel nicht besonders gut tut, vom fehlenden Platz im Küchenschrank ganz zu schweigen. Vielleicht gebe ich meine klitzekleine Bestellung aber auch nur so im Vorbeigehen ab, um wenigstens das Begrüßungsgeschenk abzugreifen …

Das Fremdwort des Tages

dionysisch

bedeutet wild begeistert, rauschhaft und kommt von Dionysos, dem antiken Gott der Ekstase, des Weines, des Rausches und der Fruchtbarkeit. Ich wusste gar nicht, dass in Zeiten der griechischen Mythologie auch schon Tupperabende abgehalten wurden …

Einen lauschigen rauschigen Abend wünscht
moggadodde

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

7 commenti su “Tupperflair

  1. morgiane sagt:

    meine tupperleiche heißt „schneewittchen“, ist ein wunderschöner reisrandformer und war das gastgebergeschenk an mich.
    habe bei der hausratteilung mich großzügig von vielem getrennt, was ich bis dato nicht vermisse, nur den reisrand wurde ich nicht quitt.
    seitdem dümpelt das ding als schrankleiche durch die gegend, kann aber nicht weg, weil…ist ja tupper, plaste in 1a quality, quasi unkaputtbar…und wie gut, dass ich dem quick chef widerstanden habe….

  2. socki sagt:

    In Freiburg bin ich an einem Plakat zu einer Kunstausstellung vorbeigelaufen. Diese hatte den bezeichnenden Namen: Schubladenarchäologie. Gezeigt wurden Fotografieen von Schubladeninhalten. Das wär doch was für Dich, oder? Ich hab mir das auch schon überlegt aber irgendwie krieg ich ja diese sch… Bilder nicht in meinen Blog.

  3. moggadodde sagt:

    @ socki: Ichsacheuch: Wenn ich, so Göttchen will, zur Feier der Geburt des Jesuleins meine eigene Digicam unter den Wedeln finde, mach ich Fotos, dass die Schwarte kracht! Und ihr werdet des namenlosen Grauens ansichtig werden, das bis dahin wieder meine Schubladen erobert hat. Super Tip, socki, dann hat das Kind schon einen Namen …

    @ morgiane: Sei froh, dass du standhaft geblieben bist! Mit dem Chef zumindest hatte ich schon lange keinen Quickie mehr!

  4. barbara sagt:

    ich fühle mich unter Freunden. Ich bin auch noch im Besitz einer Tupperware, die da heißt: Eidgenosse 500 ml. Wie kommen die bloß auf solche Namen? In dieser siehts garantiert aus wie in Deiner Schublade. Von Backpulver, geklaute Zuckertüten bis Feuerzeug und Kugelschreiber, alles vorhanden:-)

    Vielleicht finde ich ja auch einen Schein?

  5. babs sagt:

    Mit der (Un-)Ordnung kann ich locker mithalten. Geld finde ich allerdings meist in Hosentaschen. Da ist die Zuordnung leichter. Und – Schande über mich – in meinem Haushalt findet sich eine Tupperdose, deren Namen ich nicht kenne, da es sich um ein Geschenk handelt. Meine Schwester ist die mit dem Tupper-Tick bei uns.

    Da fällt mir ein: Einen Schein fand ich sogar mal in einer ansonsten unbenutzten Seitentasche meines Portemonnaies. Den mussten sich die beiden Damen teilen, weil niemand mehr wusste, für wen ich ihn eingesteckt hatte.

  6. azahar sagt:

    Einmal auf der Tupperparty einer guten Freundin und nie wieder. Ich ging hin ohne die Absicht was zu kaufen und auch nachdem mir all die kleinen Wunder vorgestellt worden waren, wollte ich noch nichts kaufen. Aber nachdem meine Freundin so wild auf eine teure Salatschleuder (heissen die tatsächlich so?) war, die sie bekommen würde, wenn ihre Gäste nur gehörig was ausgeben, sah ich mich schliesslich zähneknirschend ihr zuliebe gezwungen zumindest ein paar dumme Plätzchenformen zu erstehen, die mit den richtigen alten Plätzchenformen aus Metal auf keinen Fall mithalten können und nun ebenfalls von einem Schrank in den anderen wandern.
    Zu Tupperparties also nur wenn sie nicht von engen Freunden geschmissen werden und man wirklich vorhat dort was zu kaufen!

  7. moggadodde sagt:

    So hat offensichtlich jeder seine eigene (Tupper-)Leiche im Keller … Ich werde hingehen, die „Gastgeberin“ ist die Mami von Dixies erstem Freund. Sie haben einen Partyservice und sich mit solchen Leuten gut zu stellen, kann nicht von Nachteil sein … 🙂

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