Sailing

Das Segeln und alles, was damit zusammenhängt, scheint den letzten Tag des Jahres für mich zu bestimmen.
Seit 3 Nächten bin ich ausgezogen aus dem ehelichen Schlafzimmer, was nicht an der Vorliebe des MamS für außergewöhnliche Spitznamen oder Differenzen hinsichtlich bestimmter, nächtlicher Praktiken liegt, sondern vielmehr an meiner schweren Erkältung, die ich irrigerweise im Zaum zu haben glaubte. Unterschätze jedoch nie einen angeschlagenen Boxer!
Wenn ich nämlich unter Schnupfen leide, und das gebe ich hier unumwunden zu, machen meine Gaumensegel das, was sturmgepeitschte Segel zu tun pflegen: sie flattern. Während man das auf der Gorch Fock romantisch verklärt und mit Ehrfurcht vor den Gewalten der Natur bestaunen mag, sorgt mein Gaumensegel für nachhaltige Dissonanzen im sonst trauten Nachtlager. Weil ich des nächtens nicht weiter geschubst und angeschnauzt werden möchte und dem MamS seine REM-Phase nicht dauernd zerschießen will, zog ich mit Sack und Pack in Dixies Bett und, was soll ich sagen, dort ist es wunderbar! Lesen bis in die Morgenstunden, ohne, dass ich mich aus Furcht, den MamS zu wecken, nicht zu rühren traue. In Dixies Bett kann ich tun, was ich möchte, es hat eine harte, gute Matratze und weil es ein Hochbett ist, schwankt es immer ein wenig, wenn ich mich umdrehe, wie ein Segelschiff auf hoher See.
Heute Nacht habe ich von Urlaub geträumt, ich saß wie Loreley auf den Zinnen einer alten Festung, blickte aufs tiefblaue Meer und war einfach nur glücklich, während mir die heiße Sonne auf die nackten Schultern brannte.

Das Stichwort „Schwanken“ bringt mich auf die traurige Tatsache, dass unsere chaotischen Lieblingsnachbarn eben die letzte Fuhre wegbrachten und sich eben noch auf einen schnellen Abschiedsschluck von uns verabschiedeten. Wir, und damit meine ich auch die Männer, lagen uns heulend in den Armen und erinnerten uns der guten und auch schweren Zeiten, die wir zusammen hinter uns brachten, z.B. als T. sich am Vatertag vor vier Jahren vollstramm angetrunken ins Auto setzte, weil er Zigaretten holen wollte, prompt von den Grünröcken geschnappt und seinen Lappen für längere Zeit los war. Ich höre B. noch heute, wie sie mich mitten in der Nacht anruft und bittet, auf die Kinder aufzupassen, weil sie ihren T. von der Polizeistation abholen muss. Spontane Ausflüge ins Schwimmbad, kurzfristig angesetzte Feierlichkeiten ohne bestimmten Anlass, und wie oft hat mich B. getröstet, weil mir der MamS mit seinen Zicken auf die Eierstöcke ging. T. ist genauso pedantisch, was Sauberkeit angeht, deshalb verstand sie mich sehr gut und T. war für den MamS einer der wenigen Freunde.
Ihr Schiff führt sie also in die Fremde und wir werden sehen, ob die allseits gefassten Vorsätze regelmäßiger Telefonate und Treffen eingehalten werden können. Der 31.12.2006 ist somit für uns nicht ganz unbeschwert, weshalb der MamS und ich jetzt zusammen mit Hank einen rührseligen Kinderfilm anschauen, „Charlie und die Schokoladenfabrik“, und unsere sentimentale Ader mit Schlappe-Seppel und Eierlikör zu besänftigen versuchen.

Wohin euch euer Schiff im nächsten Jahr auch treiben mag, ob sich widrige Winde mit anhaltender Flaute abwechseln, ob euch schlüpfrige Strudel oder gefährliche Fahrwasser erwarten, ob ihr zu neuen, unbekannten Ufern aufbrecht oder doch immer wieder den sicheren Heimathafen anlauft, ich wünsche mir und euch ein wunderschönes neues Jahr mit funktionstüchtigen Sextanten, Kompassnadeln und siebten Sinnen, mit vielen glücklichen Momenten, anhaltender Gesundheit und vielleicht sogar dem einen oder anderen, kleinen oder größeren Lottogewinn oder möglicherweise dem Fund der großen Liebe. Möge das Glück auf unser aller Seite sein und vielleicht, vielleicht wird die Welt im nächsten Jahr ja doch ein Stückchen besser …

Cheers and a happy new year!
moggadodde

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

20 commenti su “Sailing

  1. Anne sagt:

    Auch dir alles Gute und viel Glück und Gesundheit fürs nächste Jahr.

  2. Mephisto sagt:

    Dir auch alles Gute zum neuen Jahr. Vielleicht solltest du mit dem „gesund werden“ anfangen – ich drücke dir die Daumen.

    PS: mit Sextanten habe ich es nicht so. Mein Motto ist: nie innerhalb der Familie. Oder wie war das jetzt gemeint? 😉

  3. moggadodde sagt:

    @ anne: Dito, liebe Anne!
    @ mephisto: Die ganze Zeit fand ich das Wort „Sextanten“ in dem Text komisch und normalerweise sitze ich nicht derart auf der Leitung. Aber darauf wäre ich nie gekommen. Du bringst mir den Lacher zum Jahresausklang!

  4. Mephisto sagt:

    schön 🙂

    PS: reiner Zufall, habe es mit dem Thema sonst nicht so.

  5. moggadodde sagt:

    Genau deshalb habe ich mich ja gewundert, dass so etwas gerade von dir kommt 😉

  6. barbara sagt:

    mit anderen Worten: du schnarchst wie ein Kerl 😉

    Ein schöner Jahresausklang von Dir und ich grinse vor mich hin. Danke für all die schönen Geschichten, gute Besserung für Dich und allen ein schönes neues Jahr.
    Ich vermisse bt.

  7. moggadodde sagt:

    Stimmt, barbara, ich vermisse ihn auch, sehr sogar! Allerdings, da, wo er jetzt ist, hat er es bestimmt viel besser als wir alle zusammen … :-))

  8. markus sagt:

    was ist denn mit bt? doch nicht etwa….

    dir gute besserung. und vielleicht trinkste ja heute auf silvester mal ein heißes bier. schmeckt ekelhaft, aber hilft engeblich. auf jeden fall kannste danach gut schwitzen. im bett, die decke über den kopf gezogen. und die träume sind dann auch nicht ohne…

    bis im neuen

  9. moggadodde sagt:

    I wo, markus! Der Gute hat sich nur mal ein paar Tage frei gemacht …, hach, Urlaub wäre jetzt das Richtige!
    Das mit dem heißen Bier kenne ich, aber ich glaube, so hart bin ich nicht. Ich halte es eher mit der Schulmedizin. Ordentlich Chemie, dann klappt’s auch wieder mit dem Atmen …

  10. markus sagt:

    jottseidank! weiß auch nicht, wo meine gedanken so hingehen manchmal.

    aber das mit dem heißen bier ist wirklich nur für harte. der geschmack… hab bis heute kein
    synonym gefunden. schwitzen kann man danach.

    mit der chemie hab ichs eigentlich nicht so. sieht man mal von den betablockern ab, die ich nun mal nehmen muss. naja und von den nebenwirkungen kompensierenden kleinen blauen pillen, die zu bestimmten gelegenheiten einfach gegeben sind…

  11. Rutscht gut rüber, trinkt nicht zu viel, feiert nicht zu doll!

    Alles Gute im neuen Jahr, es kann nur besser werden 😉

  12. Uwe sagt:

    Ich hoffe, ihr hatte einen guten Rutsch.
    Gute Besserung noch und einen schönen 1. Jannuar.

  13. babs sagt:

    Gutes neues Jahr, gute Besserung, überhaupt alles Gute und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!

    Der Film bietet zur Rührseligkeit ja noch eine gute Portion recht schwarzen Humors, da wird’s wohl nicht sooo schlimm gewesen sein 😉

  14. moggadodde sagt:

    Vielen Dank für Eure guten Wünsche! Ich hoffe, das Jahr wird besser als es angefangen hat …
    Mir geht es gesundheitlich heute übrigens schon wieder viel besser. Trotzdem schlafe ich nochmal bei Dixie. Man weiß ja nie …

  15. bt sagt:

    Leider einige Tage zu spät nachgelesen aber keinen Deut weniger lesbar als das ganze zurückliegende Jahr moggadoddscher Tageslektüre. Lediglich ein wenig mehr Zuversicht wünsche ich mir für euch vier. Neue Nachbarn, neue Freundschaften – mal abwarten.

    Und was die Nacht in fremden Betten betrifft: Hoffentlich nicht der Anfang vom Auszug aus dem Schlafzimmer aus praktischen Gründen. In eurem Fall unke ich vielleicht zu früh, aber leider ist das bei so vielen Paaren ein fast schon zwangsläufiger Weg (wenn ich kränkle, ziehe ich allerdings auch aus). Ich stehe nachts einfach auf und schalte z.B. den PC ein, wenn ich nicht schlafen kann – im Hintergrund läuft dann ein chilliger Netzradiosender und ich fühle mich wie damals als freier Teenager (allerdings mit AFN), der selber entscheiden konnte wann Tag oder Nacht war. Zugegeben, der Morgen danach war dann spätestens zur dritten Schulstunde die Hölle.

  16. moggadodde sagt:

    Ich gestehe, ich finde die Aussicht, irgendwann einmal ein Schlafzimmer für mich allein zu haben, sehr reizvoll und kann mir nicht vorstellen, dass eine intakte Beziehung dadurch beeinträchtigt würde. Sagt man nicht „Entfernung schafft Nähe“ oder so ähnlich?

    Oh, AFN habe ich auch immer gehört! Sonntags, die „American Top 40“ mit Casey Kasum (hieß der nicht so?) und einen „Wolfman Jack“ mit einer sagenhaften Stimme gab es dort auch …

  17. bt sagt:

    …hey, du kennst noch Wolfman Jack. Den Typen mit der oberschrägen Lache. Der wäre ja fast schon einen eigenen Blogbeitrag wert. Muss mal schauen ob der noch lebt, bzw. aktiv ist. War das nicht der mit ’see you later alligator‘ ?

  18. moggadodde sagt:

    Nach Rückkehr von einer Reise starb er an der Eingangstür, in den Armen seiner Frau an Herzversagen. Ist das nicht tragisch? Es hieß, glaube ich, „Wolfman Jack is back“, ich habe ja nur die Hälfte verstanden damals, aber AFN zu hören war obercool und die Musik sowieso unschlagbar. Aber diese Stimme ….

  19. bt sagt:

    Na dann hör doch mal hier rein:

    Wolfman

    Tragisch ist das Ende schon. Aber der Kerl hat bestimmt was erlebt und sich nix verkniffen 🙂

  20. moggadodde sagt:

    Einfach genial! Das war der „Duft“ der großen, weiten Welt und dagegen konnte unser Bayern 3 nicht anstinken …

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