Pech im Unglück

Mit Wünschen, die in Erfüllung gehen, ist das ja so eine Sache: Der Führerscheinneuling spart eisern auf einen sportlichen Opel mit 160 Pferdestärken und seine Erzeuger schenken ihm sogar einen GT, allerdings einen Kadett, Baujahr 1983 mit 40 PS. Oder die 14-jährige wünscht sich Buffalos mit 14 cm Absatzhöhe, Oma lässt sich erweichen, beglückt den Teenager mit High-Heels zu Ostern und 2 Tage später liegt Madleen-Soraya mit doppelten Trümmerbruch und gerissenem Kreuzband im Spital. Oder der nörgelige Ladenhüter des Eheanbahnungsinstituts „Himmelreich“, nennen wir ihn Frank Z., Soziophobiker und Prothesenträger, findet endlich seine Traumfrau, die 25jährige Crystal, 100-70-90, die zum dritten Date allerdings ihren Bernhardiner Bruno mitbringt, der auf Konkurrenz bei seinem Frauchen höchst allergisch reagiert und dem Widersacher beim ersten Kuss kraftvoll die Wade perforiert, worauf Crystal umgehend den Tierarzt konsultiert um Brunos Tollwutimpfung kontrollieren zu lassen, während Frank im Stadtpark verblutet.

Nicht immer, wenn die alte Schlampe Schicksal sich entschließt, auf unser Leben Einfluss zu nehmen, meint sie es also gut mit uns. Das musste nun auch meine Mutter schmerzlich erfahren.
Gestern war ich zum Abschlussgespräch beim einzig wahren Arzt auf der Station 5 Ost, denn heute sollte mein Vater ins schöne Bad Kissingen zu einer geriatrischen Rehabilitationsmaßnahme. Meiner Mutter, die wir ohnehin nur mit Schwierigkeiten von der Notwendigkeit einer solchen Maßnahme überzeugen konnten, gefiel das gar nicht. Sie, die in den letzten mehr als 30 Jahren keinen einzigen Tag ohne meinen Vater verbracht hat, wollte, wenn überhaupt, partout eine Reha-Maßnahme in ihrem Wohnort, damit sie ihn auch weiterhin täglich besuchen und verwöhnen kann. Wir vermittelten ihr, dass sie selbst auch eine Pause braucht, immerhin führt sie seit 9 Wochen ein Leben auf Sparflamme. Meinem Vater ging es eigentlich gut. Er lief zwar wackelig und brauchte auch noch Hilfe beim Aufstehen, aber er konnte die Schwestern und auch meine Mutter schon prächtig schikanieren und kehrte langsam zu alter Form zurück. Ich rechnete also heute mit einem tränenreichen Abschied der beiden, denn sie hätten sich in den nächsten Wochen lediglich an den Wochenenden sehen können. Es kam aber alles ganz anders, denn eine heftige Lungenentzündung hat ihn nun erwischt, und eine Entlassung ist natürlich unmöglich.
Mit aller Kraft hat sie sich gewünscht, dass mein Vater am Ort bleibt; so aber hat sie sich das nicht vorgestellt. Das mit den Wünschen ist also ein verdammt zweischneidiges Schwert, mit dem man sehr bedächtig umgehen sollte. Erst nach Erfüllung wird nämlich klar, ob sich der Einsatz gelohnt hat.

Euch einen wunschlos glücklichen Abend wünscht
moggadodde

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

7 commenti su “Pech im Unglück

  1. socki sagt:

    Die Geister, die ich rief…..
    Ja, man sollte sich gut überlegen, was man sich wünscht. Es könnte in Erfüllung gehen.
    Schön zu hören, daß es Deinem Vater wieder besser geht. Hoffentlich übersteht er auch die Lungenentzündung gut. Da wäre dann eine Kur an der Nordsee angebracht.
    Die Frauen aus dieser Generation glauben, der Gatte kommt ohne sie nicht zurecht. Ein paar Wochen Urlaub von Deinem alten Herrn täte Deiner Mutter sicher gut.

  2. morgiane sagt:

    Ja so ist das mit den Wünschen…ich drücke selbstverfreilich emsig die Daumen und hoffe, dass deiner Mutter der Sinn der Reha doch noch aufgeht, sie die Zeit zum Erholen nutzt, denn auch toughe Frauen brauchen mal eine Auszeit und ihr dann bald wieder im trauten Familienkreis zusammen findet…*zwinker*

  3. Ich glaube, sowas bringt man nicht mehr raus aus ihr, oder? Sie ist es so gewohnt und denkt, es geht nicht anders. Schade, dass es so gekommen ist. Eine Lungenentzündung sollte man nicht unterschätzen. Gibt es denn für Deine Mutter keine Möglichkeit, ehe der Entzug allzu arg wird, bei dieser (ja wohl nur verschobenen?) Reha-Maßnahme auch ein Weilchen dort hinzufahren und z.B. mal eine Woche in eine Pension dort zu gehen? Das wäre doch ein Kompromiss?

  4. Mephisto sagt:

    Wenn sie nicht ohne den Vater sein möchte, bleibt ja auch noch die Option, sich dort irgendwo in der Nähe in eine günstige Pension einzunisten. Zumindest in der freien Zeit, in der ihr Mann keine Anwendungen hat, können sie dann gemeinsam durch den Kurpark spazieren, einen Eisbecher schlecken, usw.

  5. Georg sagt:

    Lungenentzündung in seinem Zustand – das klingt überhaupt nicht gut. Ich will nicht unken und drücke kräftig meine Daumen, dass er sie übersteht.
    Wenn eine innere Uhr abläuft, ich meine nicht jetzt, sondern generell ist das bei uns allen ja irgendwann so, dann lässt sie sich nicht durch Tricks wieder aufziehen, sondern sie tut, was sie tun muss.
    Also, irgendwann wird es so kommen, dass er stirbt und alle Wünsche und alle Künste nichts nutzen, wenn jetzt nicht, dann Morgen oder Ãœbermorgen, nur, Morgen oder Ãœbermorgen ist dieser Moment auch das Jetzt – wenn man das Jetzt doch etwas genauer kennen würde…

    Irgendwie kann ich deine Mutter gut verstehen, denn wozu REHA wenn (!) eh nur wenig Zeit bleibt? Dann doch lieber nicht voll rehabilitiert aber die kurze Zeit wenigstens beisammen.

    Oder sehe ich das ganz falsch, ich meine, ich will niemanden auf die Füße treten.

    Liebe Grüße

  6. moggadodde sagt:

    @ socki: Eben gerade, als sie sich damit abgefunden hatte, kommt dieser Tiefschlag. Auf der Heimfahrt sagte sie, dass sie vorgehabt hatte, mit mir heute in der Stadt einen Kaffee zu trinken, wenn er abtransportiert worden wäre. So aber war daran nicht mehr zu denken!

    @ morgiane: Sie, die zeitlebens mit ihrer Figur zu kämpfen hatte, ist bestimmt 10 kg leichter geworden. Inzwischen hat sie mir gestanden, dass sie feste Nahrung gar nicht mehr behält und sich nur noch von Joghurt ernährt … Sie hätte wirklich eine Pause gebraucht.

    @ Karin und Mephisto: Tatsächlich hatte sie den Plan, wenigstens in der letzten Woche einige Tage in eine Pension zu gehen. Aber sie hat sich schon so viel vorgenommen und nie verwirklicht. Seit vielen Jahren fährt sie z.B., trotz Führerschein, kein Auto mehr und ihre ständigen Ankündigungen, es wieder zu versuchen, verliefen immer im Nichts.

    @ Georg: Du hast Recht, das sieht nicht gut aus und ich habe nach den letzten Berg- und Talfahrten gelernt, IMMER mit ALLEM zu rechnen. So erschüttert mich der heutige Tag nicht so sehr, wie ich befürchtet habe, obwohl ich natürlich hoffe. Meine Mutter könnte ihn zuhause aber auch in dem Zustand von gestern nicht pflegen. Die Muskeln sind erschlafft, er ist kraftlos und könnte nicht einmal aufstehen, ohne dass sie ihn, zwar abgemagert aber doch fast 2 m groß, hochzieht, geschweige denn den Umstand, wenn er wegen der Verdauungsstörungen wegen der Sondennahrung nicht rechtzeitig vom Bett auf die Toilette kommt. In der Reha hätte er endlich gelernt, wieder zu schlucken, das schafft er nämlich auch noch nicht, weshalb er z.B. nicht einmal trinken darf, obwohl er ständig über trockenen Mund klagt.
    Nein, sie wäre nur glücklich, wenn er daheim ist, das wiederum geht aber nur, wenn er ein bisschen auf die Beine kommt.
    Falls der schlimmste Fall eintritt, und das wird er früher oder später, wird eine Hälfte von ihr mitgehen.
    Du bist, denke ich, niemandem auf die Füße getreten, du hast deine Meinung geäußert und das ist vollkommen in Ordnung.

  7. barbara sagt:

    ach Mensch, das tut mir leid. So eine blöde Lungenentzündung!!!! Hoffentlich ist er bald damit durch, denn Rehamaßnahme hört sich immer gut an. (((((drück)))))

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