Tag X – Fert-ich

Um es vorweg zu nehmen: Kein Kind verhedderte sich mit den Füßen in der bodenlangen Kutte, keine nennenswerten Versprecher oder choreographische Fauxpas der Vortragenden, keine peinlich aufgebrezelten Muddis oder Omas bis auf eine Tante mit einem bodenlangen Hauch von Dralon ohne Ärmel aber mit Slip, der sich unter dem dünnen Stoff recht unschön abzeichnete – es ist alles gut gegangen.

Angespannt war ich am Morgen aber schon und wenn ich nervös bin, spreche ich möglichst gar nicht, sondern erledige still das, was anliegt, während der MamS im Falle erhöhter Unruhe zur Plaudertasche mutiert, betont locker und entspannt tut und dauernd überflüssig herumquatscht. In solch angespannten Situationen geraten wir recht leicht aneinander, weil wir dann ein ziemlich unterschiedliches Verhaltensmuster an den Tag legen.
„Red jetzt bloß nicht mit der Mama, die ist nämlich ziemlich nervös, haha!“ „Was biste denn so gereizt? Wirst doch nicht etwa nervös sein? Hey Hank, schau mal, die Mama ist aufgeregt!“ und er tat weitere, unzuträgliche Äußerungen bis ich ihn lautstark bat, doch endlich die Klappe zu halten sonst müsste ich leider nachhelfen.

Die Blasmusik spielte, die Sonne strahlte, der Gottesdienst dauerte nur knappe eineinhalb Stunden, sodann gelöste Stimmung allerorten. Wir hatten Prosecco und Antipasti, danach ein schönes Saltimbocca alla Romana, dem mehr und vor allem wärmere Rosmarinkartoffeln gut zu Gesicht gestanden hätte und Hank hatte seine geliebte Pizza Quattro Stagioni ohne Paprika.
Meine Mutter, die erst als letzte zu uns gestoßen war, musste schwer mit sich ringen, eine halbe Mahlzeit zu sich zu nehmen und brach aus Angst, mein Vater könnte sich im Krankenhaus vielleicht eine kurze Weile zu viel langweilen, bereits 10 Minuten nach dem letzten Bissen ungeduldig ins Krankenhaus auf, was mich insgeheim etwas ärgerte. Mein Vater hätte sicher Verständnis gehabt, wenn sie heute einmal nicht gekommen wäre sondern mit uns gefeiert hätte, ganz davon zu schweigen, dass es ihr gut getan hätte. Aber ich verbiss mir einen Kommentar, weil ich weiß, dass sie auf derlei Tadel schnell eingeschnappt ist und ich herzlos bin und sie bemitleidenswert ist und ich sie mit so unangebrachter Kritik leicht zum Weinen bringe und außerdem – sie muss selbst wissen, was das Beste für sie ist. Wenigstens mein geschätztes Brüderchen und die Familie der lieben Su. blieben bis zum Ende, außerdem noch Hanks Uroma, die Vertreterin der dritten Generation.
Mit ihr im Schlepp spazierten wir an den Mainufern entlang

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und es war der heißeste Weiße Sonntag, an den ich mich erinnern kann. Nach dem Kaffee löste sich die Gesellschaft gezwungenermaßen auf, denn um 17.30 Uhr mussten wir schon wieder auf der Kirchenschwelle stehen. Wir chauffierten mein Ömchen noch schnell in ihr Heimatdorf und sie hatte wie immer ihren Hausschlüssel irgendwo hinterlegt und wir suchten eine Weile, bis sie ihn endlich unter irgendeinem Mäuerchen fand und kamen nach einigen Geschwindigkeitsüberschreitungen mit dem letzten Glockenschlag zur Kirche. Wegen dieser bescheuerten Sitte, am Nachmittag des Sonntag auch noch eine Dankandacht anzusetzen, mussten wir die Trattoria von Liza und Bruce ziemlich überstürzt verlassen, gerade als es gemütlich und richtig lustig zu werden begann …

Dann am Abend endlich durfte Hank seine Geschenke auspacken und als der Scheinestapel wuchs und wuchs wurde mir klar, dass er auf seinen gewünschten, eigenen Computer fast gar nicht mehr sparen muss, soviel Geld hat er bekommen.

Hank ist zufrieden und stolz und ich fühle mich wie gemolken, müde und abgespannt. Es war ein langer Tag X und nochmal morgen um 10.00 Uhr steht der finale Dankgottesdienst an, aber dann ist es endgültig gelaufen.

Halleluja und Amen
moggadodde

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

16 commenti su “Tag X – Fert-ich

  1. Mephisto sagt:

    … der Gottesdienst dauerte nur knappe eineinhalb Stunden …

    NUR? Sind eure „Vereinssitzungen“ immer so lang? Ich hoffe, der Akku im MP3-Player war voll.

    … finale Dankgottesdienst …

    Klingt besser. Klingt so, als ob man es dann hinter sich hätte und nie wieder zu einem hin muß.

  2. moggadodde sagt:

    Normalerweise dauert das eine Stunde, aber bei besonderen Anlässen und bei dem irrsinnigen Programm kann es länger werden … Ich war nicht batteriebeschallt, wollte doch nichts verpassen.
    Ich habe noch einige Worte mehr auf meiner Vermeidungsliste in der nächsten Zeit: „Heilig“, „Danke für diesen guten Morgen“, „Hosianna“ und „Herr“.
    Genug ist genug.

  3. Gerlinde sagt:

    So – ich hab jetzt die ganze Woche mit dir mitgelitten und bin heilfroh, dass ihr alles ohne gröbere Schäden überstanden habt 🙂

  4. babs sagt:

    Na, meinen herzlichen Glückwunsch zum überstandenen Großereignis!

  5. Toll. Herzlichen Glückwunsch für die guten Nerven und den positiven Verlauf. Ich habe gestern im Fernsehen ein paar Bilder von Kommunionsfeiern geschaut. Die Mädels laufen ja wirklich rum wie die Bräute. Wie kam denn nun die Limettentorte an? Wo ist das Rezept? *drängel*

  6. moggadodde sagt:

    @ Gerlinde und babs: Im Nachhinein sind einige Meckereien durchgesickert, von bösen Ex-Schwiegermüttern, die sich schrecklich echauffierten, weil der Nachname des Enkels im ausliegenden Liederblatt mit „e“ statt „ä“ geschrieben war. „Sowas muss man doch gegenlesen lassen, unmöglich!!“ ohne ein Wort des Lobes für die Arbeit, die hinter dem ganzen Mist stand, zumal es weder die Mutter noch ihr Kind selbst störte! Genau das sind die bigotten, bösartigen Fregatten, die den Namen des Herrn preisen und wegen eines falsch geschriebenen Nachnamens die ersten sind, die die ersten Brocken für die Steinigung in der Hand halten! Durch solch heuchlerisches, doppelzüngiges Gesindel wurden Inquisition und Kreuzzüge einst unterstützt. Aber die Kirchenshantys trällern wie Marika Rökk …

    @ Karin: Die Limettentorte wurde sehr gelobt und Hank hat eben das letzte Stück verputzt.
    Rezept kommt, gemachgemach liebe Frau Schlangenbaum.

  7. Gerlinde sagt:

    Ich hatte 3x das Vergnügen – das letzte Mal vor gut 18 Jahren – und wie es aussieht hat sich seither nichts geändert 🙂

  8. moggadodde sagt:

    … bis auf den Umstand, dass heutzutage die Arbeit auf die Eltern abgewälzt wird. Auch die Vorbereitung spiritueller Art übernehmen jetzt willige Mütter, zu meiner Zeit hat das der schlagkräftige Pfr. Franz noch übernommen. Kirchenschmuck, Ausgestaltung des Ablaufs mit Auswahl der Lieder – alles machen Eltern, während der Herr Pfarrer lächelnd über seine Schäfchen wacht und seine Hände in den Schoß legt.

  9. socki sagt:

    Mit Interesse habe ich Berichte über die Kommunionsvorbereitungen gelesen. Ich fühlte mich in meine Kindheit zurück versetzt. Es hat sich nicht viel geändert. Ich erinnere mich noch mit Grauen dran. Die Szene, als mein Vater mit dem vergessenen Täschchen in der Hand ins Pfarrhaus kam und alle lachten bleibt mir immer und ewig im Gedächtnis. Und das Kleid war auch grauslig. Das war selbstgenäht von einer Verwandten und konnte in keinster Weise gegen die der Anderen anstinken. Alles in Allem fand ich es schrecklich. Auch die Geschenke. Ich bekam zig Schmuckkästchen, für jeden Tag eine andere Kette und ein Klappfahrrad. Ich habs gehaßt.

  10. Gerlinde sagt:

    @mogga: Das war bei uns auch schon üblich. Da gab es die sogenannten Tischmütter, also Mamis, die jeweils 5-6 Kinder betreuten und auf die Kommunion vorbereiteten. Der Priester hat dann nur eine Art „Endprüfung der Erstkommunikanten“ vorgenommen. Die Tischmütter haben auch die Zeremonie vorbereitet und Regie geführt – eine Menge Arbeit!

  11. moggadodde sagt:

    Ach socki, solche Situationen haben uns aber auch gelehrt, den Kopf zu heben und sich durchzubeißen, oder? So schlimm das als Kind auch ist … Siehste und deswegen finde ich Kutte klasse.

    @ Gerlinde: Bei uns ist das relativ neu (10 Jahre, vielleicht)und die Mütter müssen sehr idealistisch oder von der Sache überzeugt sein. Es hängt wirklich ganz schön viel Arbeit dran.

  12. babs sagt:

    Aber Du hast es gut überstanden und wenn Hank auch zufrieden war, ist doch alles bestens. Ansonsten:
    Allen Menschen recht getan,
    ist eine Kunst,
    die niemand kann.
    Und manchen kann man’s halt nie recht machen.

  13. moggadodde sagt:

    @ babs: Er hat gestern noch bekräftigt, dass es ein sehr schöner Tag war. Und jetzt gehen wir noch auf „Brockenfest“ zu seinem Kumpel Jay-Cee und fegen die letzten Reste Kuchen in unsere angeschwollenen Bäuche 🙂

  14. morgiane sagt:

    Na dann, ist doch schön, wenn es vorbei ist…
    Bei uns war gestern auch, neben an war auch so ein kleines Bräutchen, etwas moppeliger Statur und ohne ihr böses zu wollen, eine Kutte wäre ein Segen gewesen.
    Meine Söhne, nicht einig, wer die Karte abgeben sollte, gingen gemeinsam und kamen angesäuert zurück, keine Schokolade, kein süßer Gruß…na warte, wenn Leon nächstes Jahr…ich sie mit Schoko_Keksen bestochen und heute kam mir eine überaus peinlich berührte Nachbarin mit drei Tüten solcher Danke-Leckerlis entgegen, sorgsam vom Kiosk verpackt, mit Dankeskärtchen an ringelschleifchen…eine hat meine Tochter mitgenommen und die anderen…bekommen ihren Anteil gleich. Nur beim Gedanken ans nächste Jahr wird mir etwas blümerant, die letzten beiden Male hat der Erzeuger hilfreich zur Seite gestanden, dass wird nächstes Jahr anders aussehen…
    ich hab ja noch ein Jahr Zeit…am 13.04.08 ist es soweit…

  15. bt sagt:

    Da fällt mir ja ein Stein vom Herzen. Was habe ich mitgelitten…

    Ich habe jetzt den Eindruck, es ging bei dem Event mehr um einen Stresstest der Eltern, als um deren Brut. Von meiner Seite jedenfalls einen aufrichtigen Dank über die ungeschminkte Version deutschen Brauchtums, dass an einem atheistischen Kind wie mir leider (ja ehrlich!) vorbeigegangen ist. Das Gefühl von den Erwachsenen zumindest proforma anerkannt, akzeptiert und aufgenommen zu werden, verbunden mit einer Riesenfeier in der sich alles ums Kind dreht, habe ich nicht erlebt. Wie dämlich einem das religiöse Drumherum auch vorkommt, manche Rituale sind letztendlich nicht so unsinnig wie sie vordergründig erscheinen.

    Was hält er denn da in der Hand? Gibt´s dafür eine Urkunde?

  16. moggadodde sagt:

    @ morgiane: Das Drumherum bedarf wirklich einiger Planung und, ja, auch finanziellen Aufwands. Jetzt hast du ja zwei große, die dir da ein bisschen unter die Arme greifen können! Vielleicht hat es sich dein Kleiner bis dahin auch nochmal überlegt und will gar nicht vom Mainstream weggespült werden …

    @ bt: Du hast es nicht erlebt und trotzdem ist aus dir ein brauchbares Mitglied der zivilisierten Gesellschaft geworden! Ich kann mich an meine Kommunion nicht einmal mehr erinnern, nur an mein weißes Nylon-Pelzjäckchen, das ich an diesem kalten Sonntag gem. Bildbeweis getragen haben muss.
    Es ist eine Kerze in seiner Hand, selbst gestaltet, die die Kinder üblicherweise der Kirche spenden, wenn der Event gelaufen ist. Er wollte seine heute aber partout behalten und jetzt wird sie vor sich hinstauben, bis wir sie im zur Illumination eines lauen Sommerabends verwenden, mit einem schönen Glas Wein in der Hand und lachen über dieses ganze Brimbamborium.

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