Sanderaua!

Die Sanderau, Stadtteil von Würzburg, besuche ich absichtlich nur wenn ich muss, was leider mindestens 5 mal zuviel im Jahr ist und das auch nur quasi gezwungen, weil die bisher beste Coiffeuse von allen mitten in der Sanderau ihrem schneidigen Gewerbe nachgeht. Die Beziehung zwischen Frau und Friseur ist einer eheähnlichen Gemeinschaft vergleichbar: Hat Frau den Richtigen gefunden, trennt dieses Band nur noch Tod, Schwangerschaft, Parkplatznot oder die Einführung von Pflanzenhaarfarben im Salon. Mein Kopf braucht eine ordentliche Dosis chemischer Kampfstoffe für die 100%ige Grauabdeckung und die ist in Rote-Bete-Saft eben nicht enthalten.
Leider sind Parkplätze in der Sanderau so reich vorhanden wie Haare an einem chinesischen Nackthund. Es ist dort fast unmöglich, ein Plätzchen zu finden, das nicht Anwohnern mit Parkausweis vorbehalten ist und nach einer Viertelstunde Cruisen geriet ich in eine Straße, in der ich zur Abwechslung mal kein Verbotsschild entdecken konnte. Auf der anderen Straßenseite parkte gleichzeitig eine Dame und wir berieten uns noch, ob wir dort stehen könnten oder nicht, aber auch nach viel Geglotze bemerkten wir nichts Gegenteiliges. Ich schnürte also mein Bündel und marschierte einen Kilometer zum Friseur.

Auf dem Rückweg knickte ich an einer Stadtwerke-Stolperfalle böse um. Es krachte im Knöchel und ich schleppte mich in die nahe Apotheke, wo ich mit Eisbeuteln versehen wurde und ein Schwätzchen mit dem Inhaber hielt. Ich wäre nicht die Erste, die an dieser idiotisch gebauten Straba-Gleisanlage verunfallt, aber geknickter Knöchel wäre noch besser als die vielen Platzwunden, die er deshalb schon erstzuversorgen hatte. Er habe bei den Stadtwerken durchgesetzt, dass immerhin eine weiße Linie die 5 cm hohe Unebenheit zwischen linken und rechtem Gleiskörper markiert – weiße Linien, wer schaut schon auf weiße Linien! Merde!

Nach 20 Minuten konnte ich wieder auftreten und humpelte zum Auto, wo eine Politeuse gerade meine Frontscheibe inspizierte und mich nach meinem Anwohnerparkausweis frug. Wo denn da bitte Schilder seien, entgegnete ich und auch die just in dem Moment auftauchende, andere Autofahrerin war sich keiner Schuld bewusst. Die Politeuse zeigte auf einen Schilderrücken in zweihundert Metern Entfernung zur Linken und einen Schildrücken in 100 m Entfernung zur Rechten, schön in einer Kurve gelegen. Beide hatte ich nicht entdeckt, weil ich aus einer Seitenstraße kam, wo eben kein solches Schild hing. Die Autofahrerkollegin und ich erklärten die Gemengelage und wollten wissen, wo man hier in der Gegend denn überhaupt straflos parken könne. Die Politeuse verwies auf sechs Plätze in der übernächsten Straße und auf drei vor dem Altersheim. 9 Parkplätze für die Besucher eines Stadtviertels! Das nenne ich mal Verkehrsberuhigung!

In diesem Moment krakeelte eine Anwohnerin aus dem Fenster: „Seit Stunden! Jawoll, seit Stunden stehen die da!!“. Inzwischen war ich wirklich schlecht gelaunt und erklärte, dass Stunden ja wohl mindestens zwei seien, wir aber höchstens 90 Minuten diese Plätze besetzt hätten. Mit all meinem Charme, der mir mit schmerzendem Knöchel überhaupt noch möglich war, zeigte ich der Schrapnelle am Fenster heimlich den Scheibenwischer und machte den Kotau bei der Politeuse, um uns die Strafzettel zu ersparen, was schließlich gelang.

So wie es aussieht, sind meine Sanderauer Besuchstage aber sowieso gezählt. Die Coiffeuse hat mir heute das Modell „Spatz von Avignon“ aufs Haupt gezimmert, von daher bin ich momentan nicht ganz so glücklich mit meiner Rübe. Vielleicht suche ich mir bald einen neuen Kopfgärtner irgendwo auf dem Land. Dort gibt es keine Gleiskörper, keine Anwohnerparkausweise, haufenweise Parkplätze und weit und breit keine keifenden, Sanderauer Schreckschrauben. Um auszusehen wie Mireille Mathieu muss ich nämlich bestimmt nicht in die Sanderau fahren und dann sehen die mich dort nie wieder!

Euch einen gelungenen Tag wünscht
moggadodde

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

14 commenti su “Sanderaua!

  1. markus sagt:

    allerliebste mogga,

    ich hier in mg, an einer der stark frequentierten straßen wohnend, würde mich glücklich schätzen, einen solchen anwohnerparkplatz mein eigen nennen zu dürfen.
    wenn du nämlich nach der arbeit so ca. 30 – 70 minuten um die blöcke fährst bis endlich ein parkplatz in sicht ist, und der dann noch von so einem ‚dämlichen auswärtigen‘ mit kennzeichen vie oder hs – vie = vollidiot im einsatz und hs = hirnloser schisser – (es gibt genügend platz in parkhäusern für jene) in beschlag genommen wird, ja dann mutiertest du auch zur wildsau oder ähnlichem. oder etwa nicht?

    wir städter sind schon arm dran! vor allem, weil anwohnerparkplätze ja nicht rechtens sind… merde!!

    • moggadodde sagt:

      Herzallerliebster Markus! Wenn es dort ein Parkhaus gäbe, wäre ich die erste, die darniederführe!
      Natürlich verstehe ich die Anwohner, aber wenn die Verkehrsbehörde die Schilder so deppert platziert, dass man 30 Minuten lang die Straße abschlappen muss, um nachzusehen, welche Schilder oben und stehen, bzw. nicht in der Lage, ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Anwohner- und Besucherplätzen zu schaffen, weil tagsüber nämlich nur die Hälfte der Anwohnerplätze belegt sind, dann weiß ich mir nicht anders zu helfen, mal abgesehen davon, dass ich’s echt nicht gepeilt habe.
      Außerdem hatte die Schrapnelle ja einen Parkplatz, sonst hätte sie ja nicht aus dem Wohnzimmerfenster keifen können 😀

  2. schwä su. sagt:

    du arme!….und apothekers mal als gutmenschen…wie selten!…normalerweise werden wir nur als ausbeuter, betrüger oder doping-verteiler dargestellt!…wie wohltuend – ich danke dir, schwägerin!

    ps: das wäre dir in der zellerau NIE passiert!
    (fettes zwinkern!)

    • moggadodde sagt:

      Natürlich nicht *VoltarenaufdenKnöchelschmier* Die Zellerau ist ja meine Westentasche! Ich depperte Nuss muss ja in die Sanderau, wo der Bauer sich halt net auskennt …
      Ich würde übrigens nie über Apotheker schimpfen, die es nicht auch verdient hätten 😉

  3. Squalus sagt:

    Ein Motorrad hat in manchen Situationen schon seine Vorteile … und da der Helm die Haare sowieso einheitlich plättet, kann man sich den teuren Friseurbesuch auch gleich schenken. 😉

    • moggadodde sagt:

      Optimal natürlich, wenn man die Fleischmütze trägt. Dann hat sich das Frisurenproblem sowieso erledigt … Sieht bei den meisten Frauen halt eher suboptimal aus, außer man heißt Sinead O’Conner und hat einen Kopf wie geschmirgelt und Augen so groß wie Untertassen 😉

      • hühnerschreck sagt:

        oder man (resp. frau) hat _ganz _ lange haare, die weder regelmäßig zum friseur müssen noch unter einem helm nennenswerte probleme machen – bei denen man nur immer 10-l-eimer braucht, wenn mal wieder eine abdeckung der „platinblonden“ zuwächse ansteht 😉
        wobei, wartma, doch, ich geh ja doch regelmäßig zum friseur: einmal alle 10 jahre. echt jetz! *lachend ab*

        • moggadodde sagt:

          Auch wenn ich selbst gerade in der Züchtung begriffen bin, ganz lange Haare will ich nicht mehr. Dieses Gewese beim Waschen, die Zeit im Bad ohne Grenzen – und platinblond? Dann passt du mit Sicherheit perfekt auf dein bepelztes Tier 😉

          • hühnerschreck sagt:

            `´grins´` ja, ähm, ich , also – ich wollte halt nicht „silberlocken“ schreiben. auch wenns leider stimmt :/ der stress der letzten monate hat zu einer deutlichen zunahme der edelmetallfarbenen haare bei mir geführt – aber das gute dabei ist: kein handstand mehr für leuchtend kupferfarbene strähnchen vornerechts 🙂 (ich färb mit henna).

            aber es stimmt schon, ich brauch zum waschen ewig. das heißt, stimmt nicht ganz, das waschen inkl. conditioner-einwirken-lassen dauert ca. 20 min. aber das trocknen … öhm … ja, _etwas_ länger.

            übrigens: auf mein pelztier pass ich mit silberlocke jetzgrade absolut optimal: ich hab sie seit mai (??) nicht mehr bewegt, und da dürfte sich eine solide staubschicht gesammelt haben. also bike und fahrer gemeinsam im „back to the vergangenheit“-look oder so … `´kicher`´

          • moggadodde sagt:

            Zu gern würde ich ein Foto von euch sehen! 20 Minuten nur für Wäsche und Pflege? Round about 40 Mins alleine fürs Haupthaar? Na, da schlaf‘ ich lieber länger und hab die Haare dafür kürzer 😉

          • hühnerschreck sagt:

            neneee, also 20 min für den komplettgang. aber ich geb mir das nicht täglich – sondern einmal die woche. und dann 20 min finde ich schon wieder ok 🙂 ich schlaf nämlich auch gern länger +lach*

  4. schwä su. sagt:

    und überhaupt – was ich schon länger mal motzen wollte:
    warum unterziehst du im who-is-who unser alter einem regelmäßigen update, während manni schon seit 3 jahren 45 ist??….findest du das KORREKT???

    SchwäSu.
    demnächst 43

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