Nachwehen

Wie gut, dass ich keine Furcht vor Spritzen, Kanülen, Venenkathetern und sonstigen, die Haut perforierenden Utensilien hege. Davon hatte ich zuletzt nämlich reichlich. Weniger reichlich war die Verpflegung im Krankenhaus. Zwei, zugegeben überragend gute Brotscheiben, eine Tomate, je eine Scheibe Wurst und Käse: Ich meine, ich hatte eine OP am Fuß und keine Magenverleinerung! Dass Dixie mir auf meinen Hilferuf am Abend ein Leberkäsbrödle und eine Tafel Schokolade brachte, rettete mich vor dem Hungertod.

Es ist alles gut verlaufen, wurde mir erklärt. Der Fuß beliebt noch zu pochen und zu stechen und damit ich halbwegs rund gehen kann, trage ich einen Verbandschuh, einen klobigen Orthopädentraum, der recht kommod mit selbstgestrickten, groben Wollsocken zu kombinieren, aber ansonsten nicht ganz als letzter Schrei zu verbuchen ist.

Es war zu erwarten, dass sich der Spott des MamS wie ein Eimer Desinfektionsmittel über mich ergießt, hatte ich ihn nach seiner Schulteroperation im Frühjahr auch oft veräppelt, als er auf einer, im Schlafzimmer placierten und einem elektrischen Stuhl ähnelnden Mobilitätsmaschine seine marode Schulter therapierte und dabei eine chinesische Winkekatze im Tranquilizer-Modus imitierte.
„Käpt’n Ahab“ nennt er mich, während ich durch die hiesigen Hallen humple und zitiert dabei Sequenzen aus „Moby Dick“, oder „Frau Frankenstein“, aber das alles lässt mich kalt, solange der Treter nur schnell heilt und ich bald wieder in die Katakomben oder hinters Steuer kann. Dank des MamS’schen Automatikgetriebes werde ich letzteres Unterfangen in der nächsten Woche in Angriff nehmen.

Wenn ich mir die Wunde so ansehe,

Autsch

glaube ich aber nicht, dass ich an Weihnachten mit schicken Pumps das Buffet entern werde. Sicher werde ich froh sein, wenn ich überhaupt mit irgendeinem Schuhwerk, das nicht Klumpfußdimensionen hat, durch den Advent werde wandern können. Der Profimetzger mag das anders beurteilen, aber mit meinem Laienauge betrachtet sieht mein Fuß aus, als habe ihn John Rambo im vietnamesischen Dschungel in einer wackligen Baumkrone sitzend mit den Haaren eines Wasserbüffels genäht. Betrunken und mit links, wohlgemerkt. Jaja, ich weiß, das ist erst ein paar Tage her, aber auch ja: Geduld ist meine Sache nicht. Erst jetzt erschließt sich mir auch der Zusammenhang des Wortes „Patient“ mit dem englischen „patience“. Und so halte ich es notgedrungen mit Miguel de Cervantes, der behauptet, Geduld sei ein Pflaster für alle Wunden. Der hat gut reden. Dem waren schicke Schuhe sicher herzlich egal.

Einen keimfreien Abend wünscht
Haydee Klum-Pfuß

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

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