Krieg der Sterne

Den kompletten Vormittag vertrödelte ich draußen, bewunderte die Weigelie und schnippelte reichlich planlos durch die Prärie. Ein schlechtes Gewissen deshalb wäre allerdings das Letzte, was mir einfiele und die einzige Anstrengung des heuten Tages war, Hank und Konsorten zuzuschauen, die sich beim Bau des „Star Destroyer“ vollkommen verausgabten.

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Die dänischen Plastikdinger kosten zwar ein Heidengeld, aber die Frage nach dem Kosten-Nutzen-Faktor erübrigt sich. Hank kann stundenlang in Lego versinken und wenn wir nur noch ein paar Packungen kaufen, kann das durchaus wörtlich genommen werden.
Nur wer aber einmal mit nackten Füßen des nächtens durchs dunkle, legokontaminierte Kinderzimmer getapert ist, weiß, was Schmerz bedeutet. Besonders fies sind die kleinsten Teile, die sich dann auch noch zwischen den Zehen verfangen und während man, laute Schmerzensschreie ausstoßend, einbeinig durch das Zimmer hüpft und Flüche ausstößt, die keineswegs in ein Kinderzimmer gehören, wünscht man sich den Plastikkrempel am liebsten zum Teufel. Wenn Hank aber am nächsten Tag wieder stundenlang über Bauplänen, die teilweise fast 100 Seiten umfassen brütet oder auch Eigenkreationen präsentiert, sind das viele Geld und die wehen Füße recht schnell vergessen.

Selbstverständlich ist Hank Star-Wars-Spezialist, sowohl was Raumschiffe und Sternenzerstörer, Laserschwerter und Kampfmaschinen betrifft, als auch die 6 zugehörigen Filme und wenn ich lese, dass „Star Wars“ der erste Film war, bei dem die Einspielergebnisse von den Erlösen im Merchandising übertroffen wurden, wundert mich der Preis nicht mehr, auch wenn ich anerkenne, dass hinter so komplizierten Bauwerken eine Menge Planungsarbeit steckt. 20 Mrd. Dollar sollen für derartige Produkte, von der Tasse bis zum T-Shirt, von der Socke bis zum Spiel, erzielt worden sein und das ist doch eine schier unglaubliche Zahl, aber wenn ich lese, dass die Amerikaner zum vergangenen Weihnachtsfest für die gleiche Summe Weihnachtsgeschenke gekauft haben, erscheint der Erlös über einen Zeitraum von fast 30 Jahren, die es „Star Wars“ nun gibt, gar nicht mehr so groß.

Weil der erste Teil gerade im Fernsehen anzuschauen und morgen schulfrei ist, darf er seinen Lieblingsfilm sehen

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und wir staunen über sein fundiertes Wissen, an dem er uns bereitwillig teilhaben lässt. Er, der schon wieder vergessen hat, wie die Zapfen der Fichte im heimischen Nadelwald aussehen, doziert über imperiale Jäger und Wookies.

Möge die Macht mit euch sein!
moggadodde

Ausreden und Einfälle

Wegen des gestrigen Nachmittags befand sich mein Gehirn offenbar in einem kurzzeitigen Ausnahmezustand. Anders ist es nicht zu erklären, dass ich die gute, nachtblaue Hattric-Jeans des MamS nach dem Waschen zusammen mit all dem anderen, gewaschenen Plunder geradewegs in den Trockner beförderte. Schon 3 % Elasthananteil genügen, das darf ich hier vermerken, um eine ansonsten baumwollene Hose ein klein wenig schrumpfen zu lassen. Seltsamerweise schoß mir dieser Fauxpas gestern kurz vor dem Einschlafen noch durch den Kopf, aber da war das Kind schon in den Brunnen gefallen und als ich mir die Jeans heute früh dann ansah, kam sie mir schon ein ganzes Stück, hm, kleiner vor. Ich kann nun natürlich leugnen, dass ich die Urheberin des Malheurs bin und behaupten, es liege ein böser Fabrikationsfehler vor („So ein schlechtes Material, du solltest dich beschweren. Das darf doch nicht passieren!“), bzw. süffisant bemerken, der MamS habe selbst Schuld, dass er nicht mehr in die Hose passe; er müsse sich nächstens halt einfach überlegen, ob das dritte Schnitzel unbedingt noch sein muss. Vielleicht greife ich mir auch einen unserer fülligeren Nachbarn als Hosendouble, das gegen ein gewisses Bakshish bereit ist, das Beinkleid für ein oder zwei Tage zu tragen, um es wieder in die Ursprungsbreite zu versetzen.

Wenn auch mein Verstand manches mal aussetzt, konnte ich gestern doch Dixie noch ein bisschen behilflich sein. Dass heute Deutsch-Schulaufgabe ansteht, war ihr offenbar auch erst seit Montag so richtig bewusst und sich in vier Tagen Schillers „Räuber“ reinzutun, wäre selbst für mich ein Ding an der Grenze zur Unmöglichkeit. „Textbeschreibung“ heißt die Aufgabenstellung heute und gestern Abend fing sie an, sich tiefer für die rhetorischen Stilelemente zu interessieren, die heute sitzen müssen.
Jetzt war wieder mein Erfindungsreichtum bezüglich erstklassiger Eselsbrücken gefragt, denn die Fachausdrücke hierfür wollten bei Dixie partout nicht hängen bleiben und so gab ich ihr folgendes mit ins Bett:
Die „Alliteration“ könne sie ganz leicht erkennen, weil, wie in „All“, zwei oder mehr gleiche Buchstaben aufeinanderfolgen, um z.B. einen Slogan einprägsamer zu gestalten und weil sie gerne Süßes isst und der Mars im All liegt, solle sie sich „Mars macht mobil“ als Beispiel für eine Alliteration merken.
Bei der „Metapher“, dem bildlichen Ausdruck, solle sie versuchen, an die „Tafel“ zu denken, an die auch gerne ein Bild gemalt würde und für die „Anapher“ empfahl ich die Erinnerung an die Freundin Anna, die ihre eigenen Ausführungen gerne wiederholt.
Die „Ellipse“ gab mir erst etwas zu denken. So fragte ich Dixie, was sich ihrer Meinung nach ein bisschen auf „Ellipse“ reimen könnte und sie entschied sich für „Schnipsel“. „Ha“, sagte ich, „wenn du das „L“ weglässt, reimt es sich auch auf Ellipse und das ist eben das Kennzeichen: Weglassen, um etwas zu vereinfachen oder hervorzuheben“. Jetzt lachte sie schon, aber ich konnte noch einen draufsetzen und dafür sorgen, dass sie sich zumindest die „Klimax“ einprägt: Ich eröffnete ihr, dass „Klimax“ im Fachjargon gleichbedeutend mit „Orgasmus“, also „Höhepunkt“ ist und das eine stufenweise Steigerung im Ausdruck bezeichnet und sie sich hier einfach den Spruch aus dem „Herrn der Ringe“ merken solle: „Mein Bruder – mein Hauptmann – mein König!“, also klein anfangen und immer stärker werden!
Jetzt bog sie sich schon vor Lachen und meinte, dass sie in der Schule aber nicht erzählen werde, wie ihre Mutter ihr die Klimax nähergebracht hat, aber als ich sie heute früh noch einer Kurzabfrage unterzog, waren bis auf die „Hyperbel“, die wir gestern schlicht vergessen hatten, alle Eselsbrücken noch intakt.

Ich finde, ich sollte mir meinen effektvollen Eselsbrücken-Erfindungsreichtum honorieren lassen und Dixie wird dafür mit einmal Abspülen bezahlen, was, wie ich finde, kein zu hoher Preis ist.

Euch einen schönen Brückentag wünscht
moggadodde

Timing

Den heutigen Tag wollten wir am Nachmittag mit einem Kinobesuch krönen. „Born to be wild“, Kartenbestellung Nr. 268, 16.10 Uhr. Kurzfristig ändern musste ich diesen Plan nach dem Anruf meiner Mutter, wenn ich meine Oma noch einmal lebendig sehen wolle, müsste ich heute ins Krankenhaus.

Ich bin nur ein bisschen traurig, weil ich weiß, dass meine Oma mit ihren 85 Jahren ein in bescheidenem Rahmen erfülltes Leben hatte, drei gesunden Töchtern dasselbe schenkte und nicht lange leiden muss. Sie hatte ein immer sonniges Gemüt, obwohl in den letzten Jahren immer mehr die eigene Krankengeschichte in den Vordergrund ihrer Erzählungen trat, was mir an ihrer Stelle ganz sicher nicht anders ginge. Sie war eine begeisterte Sängerin und bekam mit einem Schoppen zuviel stets flammendrote Ohren, sie liebte Tiere und hatte bis zuletzt eine Kollektion von schreiend kitschigen Puppen auf dem Sofa sitzen, sie war eine miserable Bäckerin, kochte aber den besten Pichelsteiner Eintopf. Ihren Sinn fürs Dramatische hat sie meiner Mutter vererbt und den Tag zum Abschied nehmen hat sie sich so ganz konsequent richtig ausgesucht.

Den Nachmittag verbrachte ich also im Kreise meiner Tanten, Cousins und Cousinen, meines Bruders und meiner Mutter und abwechselnd streichelten wir ihren Arm, der immer kälter wurde, erzählten Geschichten von früher und begleiteten sie ein Stück auf dem Weg zu ihrer eigenen Himmelfahrt.

Euch einen wunderbaren Abend wünscht
moggadodde

Das Joch mit dem Stilfser

Ich war mal wieder im Supermarkt. Seit die bei toom umgebaut haben, macht Einkaufen dort gefährlich viel Spaß. Heute allerdings war es nur solange lustig, bis ich an die Käsetheke kam.

Eine rotwangige Käseabteilungsfachverkäuferin, die die Schwester von Joy Fleming sein könnte, bedient nämlich den Herrn, der vor mir an der Reihe ist. Der Mann mit dem hässlichen Blockstreifenpullover ist unschlüssig, welchen Käse er noch nehmen soll. Hinter mir steht ein sportlicher Kunde, südländischer Typ, gut durchgebräunt und im folgenden „SL“ genannt.

Der Pullover scheint mit seinem wulstigen Finger auf jede der 350 Sorten zu zeigen und Joy, anfangs noch recht freundlich, erklärt zunehmend gereizt den Geschmack der einzelnen Produkte und auch nach fünf Minuten ist der Pullover mit seiner Bestellung noch immer nicht durch. Hinter mir trippelt der SL schon nervös von einem Bein aufs andere. Entweder er ist in Eile oder er muss dringend aufs Klo, vielleicht beides. „Der Stilfser“, sagt der Pullover, „wie schmeckt der?“ „Gut“, antwortet Joy schon ziemlich kurz angebunden aber mit dieser maulfaulen Auskunft gibt sich der Pullover nicht zufrieden. „Wie ‚gut‘? Würzig wie Appenzeller oder eher lau wie Butterkäse?“ will er wissen und Joy setzt an und hält einen Monolog über Stilfser Käse, der so lange dauert, dass ich den „Wilhelm Tell“ auswendig lernen könnte. Auf Schwyzerdütsch, wohlgemerkt.
Inzwischen dauert die Chose dem SL zu lange, er schert hinter mir aus der Schlange aus und platziert sich vor dem Pullover. „Suldigung? Haben Sie Parrrmessann hierre?“ unterbricht er freundlich mit einem entzückenden, italienischen Dialekt das zähe Verkaufsgespräch. „Ja, hier“, antwortet Joy sichtlich genervt und stochert mit ihrem langen Käsepiekser zwischen den Parmesanbrocken herum. „Iche brauche nurr eine Stügge“ sagt der SL und der Pullover signalisiert mit einem kurzen Nicken, dass er mit dem außerplanmäßigen Einschieben des SL einverstanden ist. „Oh, das isse sssu gross“ bemerkt der SL, als ihm ein Stück in Plastikfolie eingewickeltes Stück Käse gezeigt wird und Joy verdreht ihre mit azurblauem Lidschatten garnierten Augen. „Das muss jetzt aber schnell gehen“, bellt Joy ihn an und dabei beginnt das Häubchen auf ihrem ondulierten Kopf vor lauter Unmut ein bisschen zu wackeln. Als er auch das nächste Stück als unpassend betrachtet, tritt der Pullover auf den Plan. „Wirklich! Wenn ich Sie schon vorlasse, sollten Sie schon wissen, was Sie wollen“ ätzt er dem SL entgegen. „Jetzt mal ruhig“, springe ich dem SL zur Seite, „ich warte ja hier auch schon ziemlich lange und ich glaube nicht, dass Sie so genau wissen, was Sie wollen“ sagte freundlich ich zum Pullover, der mich mit einem Blick bedenkt, der Frau Antje umgehend versteinert hätte. Der SL nimmt inzwischen das Stück Parmesan, das ihm Joy aufgenötigt hat, in Empfang, schaut mich mitleidig an und dreht mit einem Kopfschütteln ab. Nun wendet sich Joy wieder dem Pullover zu und erklärt, der Stilfser sei ein herzhafter Österreicher. Warum denn da dann ein italienisches Fähnchen im Käse stecke, will der Pullover, der mir inzwischen mehr als gründlich auf den Keks geht, wissen. Dass der Käse aus Südtirol käme, antwortet Joy nun, und dass sie kein österreichisches Fähnchen mehr hatte und Italien da ja unterhalb liege. Südtirol sei ja Österreich.

Als ich mir meinen Wagen greife, mich unglaublich fremdschäme und kurzerhand beschließe, dass es heute keinen Käse geben wird, bin ich heilfroh, dass der Italiener neben der Offenlegung deutscher Unfreundlichkeit nicht auch noch den letzten Bodensatz deutscher Dummheit mit anhören musste.
Hoffentlich kriegt der Pullover einen monströsen, tagelang andauernden Durchfall von seinem Stilfser und hoffentlich gerät Dumpfbacke Joy demnächst an einen Kunden, der ihr das aufgesetzte, dümmlich-falsche Grinsen von den rosigen Backen haut.

Euch einen friedlichen Abend wünscht
moggadodde

Geiler Stoff!

Die Vorhänge waren heute zu waschen und jetzt stelle ich fest, dass ich es mag, wenn es in der Wohnung nach Pirsel riecht. Wahrscheinlich ist dem Flüssigwaschmittel neben einem Hauch Vernel auch irgendeinen Ephedrinzusatz; ich war umtriebig und leistungsfähig wie selten. Vielleicht hatte ich auch nur endlich mal genug Schlaf.
Jedenfalls machte ich mich danach über den Kleiderschrank her und förderte Klamotten zutage, die noch nicht einmal die Bewohnerin eines Wüstenkrals in Burkina Faso tragen würde. Drei Müllsäcke füllten sich binnen einer halben Stunde mit Modesünden vieler Jahre und wanderten später in den mobilen Container. Trotzdem wurde ich wehmütig: Mit dieser Bluse bestieg ich 1990 einen Elefanten in Kenia! Diese Hose versaute ich mir auf den schweineheißen Zinnen irgendeiner türkischen Festung! Abgeschnitten und unprofessionell umgenäht fristete auch sie ein dunkles Dasein in den Tiefen des Schwetürenschrankes, ebenso wie ein Dutzend Hosen, in die ich mich auch nicht mehr hineinpressen könnte, wenn ich vorher in Olivenöl gebadet hätte. Unsicher wurde ich kurz bei einem schwarzen Pailletten-Top (weg damit!) sowie einem perlenbesetzten Seidengürtel, der vor verdammt vielen Jahren mein Hochzeitskleid zierte (bleibt vorerst da!).

Erkenntnis des Tages: Ein Kochtopf, randvoll mit Steinpilz-Risotto, gibt beim Umrühren obszöne Geräusche von sich.
Frage des Tages: Kann man auch aus Silberfischchen eine leckere Bouillabaisse zubereiten?
Lacher des Tages: Spongebob strickt Thaddäus einen Pullover aus Augenbrauen.
Empfehlung des Tages: Vorhänge waschen mit Pirsel – verleiht Flügel und erweitert das Bewusstsein!

Euch eine klare Nacht wünscht
moggadodde