Im Bett mit Dieter

Jetzt hat man wegen der blöden Zeitumstellung schon weniger Schlaf. Und in den paar verbliebenen Stunden muss ich unbedingt davon träumen, Dieter Bohlen im Auto zu haben. Dieter macht Bambule auf dem Beifahrersitz, verdeckt den Rückspiegel und fuchtelt vor mir rum. Irgendein bekanntes Pärchen sitzt im Fond und beobachtet uns. Ich versuche, locker zu bleiben, Künstler haben schließlich alle was an der Kirsche und ich bin ja cool genug, sowas abzukönnen. „Was hat der denn genommen“, denke ich noch im Traum und versuche krampfhaft, die Spur zu halten.
Am Fuß des Berges an der Stuttgarter Straße will ich nach rechts abbiegen, aber Dieter macht derartige Faxen, dass ich jetzt in den Straßengraben fahre.
Niemand ist verletzt, mein schönes Auto ist hin und die blond gefärbte Zimtzicke vom Rücksitz, die die ganze Zeit schon spitz auf Dieter war, gibt mir die Schuld und mir krakeelt mit ihrer Heulerstimme Beleidigungen entgegen, bis die Polizei kommt und ihr rät, jetzt mal die Schotten zu schließen.
Dieter ist natürlich jetzt wieder klar im Kopf, umarmt mich und sagt, dass er gar nicht weiß, was ihn geritten habe. „Na, ich war’s jedenfalls nicht!“ antworte ich und grinse.

Dann hat mich der MamS geweckt. Das war irgendwie auch gut. Wer weiß, was noch gekommen wäre.

Euch einen langen Tag wünscht
moggadodde

Speicherfresser Fußball

Das Erinnerungsvermögen eines Menschen ist ja eine phänomenale Einrichtung innerhalb des Wunderwerks Gehirn. Unglaublich viele einschneidende oder auch manch unwichtige Erlebnisse werden über Jahrzehnte archiviert und können bei Bedarf abgerufen werden. So weiß ich beispielsweise noch, dass ich im Sandkasten meine Förmchen am liebsten mit einer gewissen Ulrike H. geteilt habe, aus der später eine bescheuerte Tussi wurde und ich erinnere mich noch sehr genau, wie mich der damals schon kretinöse Rudi R. 1973 im Treppenhaus absichtlich über die Klinge springen ließ, so dass ich schmerzhaft über die Linoleumtreppen segelte. Aber unglaublich viel ist verschütt gegangen im Laufe der Jahrzehnte.

Später interessierte ich mich allerdings, wie alle Mädchen, für die Bay City Rollers, John Travoltas Hüftschwung in Saturday Night Fever und – für Fußball. Trotzdem kann ich die Bandmitglieder der Schottenband heute nur noch lückenhaft benennen, habe den Night-Fever-Dance, den ich en detail beherrschte, längst verlernt und auch aus fußballerischen Gefilden sind nur noch Bruchstücke vorhanden. Dafür bin ich aber über die neueren (letzte 20 Jahre) intra- und die meisten extrafamiliären Geschehnisse recht gut vollkommen im Bilde.
Umso stolzer war ich, als ich das Quiz in der neuen Ausgabe der „11 Freunde“ zumindest teilweise allein lösen konnte. Ich wusste sofort, wie der gesuchte Fußballer heißt, aber bei den gefragten Feinheiten wie Karrierestationen und Highlights herrschte Ebbe im Pool.

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Der MamS war in seiner Jugend auch Musik- und Fußballfreak. Aber noch heute kennt er, im Gegensatz zu mir, sämtliche auch wechselnden Besetzungen der damals angesagten Bands und er konnte die jetzt im Quiz gefragten Details ausspucken wie eine gut geölte Waffe: Der gesuchte Fußballer hat mit seiner Mannschaft 1967 die Glasgow Rangers geschlagen durch Tor von blablabla in der blablabla Minute, gegen Leeds United zack in der blablabla Minute, Wiederholungsspiel, weil es noch kein Elfmeterschießen gab, blablabla, Billy Bremner tritt Uli Hoeneß fast kaputt, blablabla. Wie ein Fußball-Almanach leierte der MamS die Antworten herunter und in einer Atempause fragte ich ihn frech, ob er denn wisse, um welche Uhrzeit unsere Kinder denn dem Licht der Welt ansichtig geworden seien und seine Antwort war: „Ähhh. Mal überlegen. Hmm. Früh irgendwann. Keine Ahnung“

Das ist doch mal wieder typisch für so ein männliches Gehirn von der Stange: Sämtliche überflüssigen Informationen werden abgespeichert bis zum St. Nimmerleinstag und können so plastisch wie eine Fotografie wiedergegeben werden, während so elementare Angaben wie Geburtsgewicht oder gar –zeit der eigenen Kinder der Ursuppe des Vergessens anheimgefallen sind! Das Argument des selektiven Gedächtnisses lasse ich nicht gelten, denn ich weiß, dass dem MamS seine Kinder mehr am Herzen liegen als irgendein dröger aufregender Pokalkick Ende der Siebziger. Trotzdem hat in seinem Hirn die Gewichtung der gespeicherten Cluster wohl irgendwie Schlagseite.

Meine Merkfähigkeit und ich befinden sich eher in der Gegenwart: Mein Gehirn kann sich daran erinnern, dass wir schon im letzten Jahr zum Geburtstag Chili con Carne gekocht haben und das nicht schon wieder machen sollten, dass die Bekannte C. nur Rotwein der Marke „Pennerglück“ mag und dass das ansprechend aussehende Antipastiglas aus dem Discounter trotzdem schmeckt wie eingeschlafene Füße.

Der MamS muss sich heute auch die kleinste Besorgungsbitte aufschreiben und nach Telefonnummern und Geburtstagen brauchte ich ihn gar nicht erst zu fragen. Er kann sich ums Verrecken nicht merken, wie man eine SMS verschickt aber er weiß so unglaublich wichtige Sachen wie die, dass „Katsche“ Schwarzenbeck auch schon unter Gyula Lorant trainiert hat, „Eisenfuß“ genannt wurde und der Adjutant des Kaisers und späteren Lichtgestalt war. Wahrscheinlich ist seine interne Festplatte angesichts der Legionen umfassenden Kicker-Infos rappelvoll und für andere Auskünfte einfach nicht mehr verfügbar.

Ich könnte all diese Informationen ja, wenn ich sie denn unbedingt bräuchte, auch aus den Weiten des Netzes fischen. Rest- und schonungslose Aufklärung in jeglichen denkbaren und undenkbaren Bereichen finde ich dort – alles, enorm Interessantes oder Saublödes ist in dieser gläsernen Welt dokumentiert aber die wirklich wichtigen Sachen findet man dort nicht, sondern nur in meinem Kopf: 8.49 Uhr und 12.09 Uhr.

Euch eine längere Nacht wünscht
moggadodde
Scheiß Zeitumstellungsmist!

Brutpflege

Damit dem Nachwuchs eindrucksvoll vor Augen und Ohren geführt wird, wie leicht die schöne Freiheit zur Selbstbestimmung und die Individualität zu Gunsten des bequemen Vordenkens von faschistoiden Marionettenspielern aufgegeben wird, stand heute für die komplette Besatzung „Die Welle“ auf dem Kinoprogramm, zeitgemäß aufgepeppt und höchst empfehlenswert für alle, die einen Erziehungsauftrag und das Joch tragen, das halbfertige Gelege in die richtige Spur zu bringen. Für alle anderen natürlich auch.

Euch einen freien Abend wünscht
moggadodde

UN-Rat

Das ist ja praktisch für die Chinesen! Von den 47 aktuellen Mitgliedsstaaten im UN-Menschenrechtsrat kann die Handvoll der westlichen Länder keine Mehrheit bilden. Der asiatisch-afrikanische Klüngel mit für ihr humanes Handeln so bekannte Nationen wie beispielsweise Nigeria, Algerien oder auch Kuba hält sich gegenseitig die Stange und so soll ein leider ungenannter Diplomat eines leider ungenannten EU-Landes erklärt haben, dass wegen dieser Übermacht im Rat auf einen Antrag mit dem Ziel, die Pekinesen offiziell zu rügen, verzichtet wurde, was sich in meinen Ohren wie eine Bankrotterklärung anhört. So hat sich nur Slowenien namens der EU-Präsidentschaft ein bisschen entrüstet und auch die Amis, die sich bei Gründung des Rates wohlweislich nicht zur Wahl stellten empörten sich, wobei ich allerdings der Ansicht bin, dass ein Land, das Hinrichtungen in seinem Strafkatalog hat, diesbezüglich ganz hübsch die Klappe halten sollte.

Ich mag mich irren, aber wozu ist ein Menschenrechtsrat denn da, wenn nicht wenigstens zum Rüffeln, Beobachten oder gar Beharren auf Einhaltung der Menschenrechte ohne krampfhaft darauf zu schielen, ob der Übeltäter, der zudem noch Ratsmitglied ist, nicht doch zu wichtig ist für die Weltwirtschaft? Vom Schwingen enthusiastischer Brandreden ist zwar noch kein einziger Fall von Folter oder Unterdrückung verhindert worden und wenn ich auch sicher bin, dass der cäsarische Chinese sich einen feuchten Furz um die Meinung dieses Gremiums schert, hätte ein Statement, verbunden mit der dringenden Aufforderung, im Tibet den Ball doch mal ein wenig flach zu halten, dem opportunistischen und zahnlosen Tiger Menschenrechtsrat ganz gut zu Gesicht gestanden. Vielleicht bin ich naiv, aber in Franken sagt man dazu so was wie: „Wo mer frisst, scheisst mer net hin“.

So lautet denn auch (nach langer Zeit mal wieder) das

Fremdwort des Tages

(die) Koterie,

was ursprünglich aus dem Französischen stammt, soviel bedeutet wie Clique oder auch Vetternwirtschaft und sich einfach nur viel beschissener unfeiner anhört aber nach meiner sowieso unerheblichen Meinung zu diesem Thema passt wie Arsch auf Eimer.

Euch eine weise Nacht wünscht
moggadodde

Hirnverbrannt

Der Himmel sei gepriesen, heute ist der letzte, gemeinsame Urlaubstag! Nach fünf Tagen ist es doch mal gut mit dem dauernden Rumgeglucke und der permanenten Harmonie, Zeit für ein Ende mit Eierkuchen, Süßholzgeraspel und Flötentönen, finde ich. Zuviel friedliche Gleichschaltung, konfuzianischer Gleichmut und permanenter Konformismus verwirren den zweifellos vorhandenen, soziopathischen Sektor in meinem nördlichen Denkapparat und ich wünsche mir mal wieder eine feurige Debatte!

Die eine oder andere Dissonanz in einer ansonsten in den Grundfesten zementierten Beziehung sorgt doch erst für prickelnde Abwechslung! Ein kleiner, nicht tiefgreifender Disput bereichert das Leben wie die Maggi-Tunke so manch fades Essen! Ich rede hier nicht von einer ernsten Krise, ich rede von kleinen Scharmützeln mit Türknallen und temporärem Rückzug in den Schmollwinkel, bis die Gemüter sich beruhigt haben. Ohne ein bisschen mentale Reibung, ein paar leidenschaftliche Wortgefechte, eine kleine, hitzige Meinungsverschiedenheit mit Aussicht auf Happy End und ehrlich gemeinte Aussöhnung wäre das Leben auf Dauer doch wirklich gähnend langweilig.

Wer nun denkt, diese Meinung sei hirnverbrannt, könnte damit sogar Recht haben. Um meinen Vitamin-D-Haushalt im hiesigen klimatischen Jammertal ein wenig aufzumöbeln, war ich nämlich gestern seit langer Zeit mal wieder im der UV-Kanone. Den Aushang, neu eingesetzter Röhren betreffend habe ich wohl etwas unterschätzt übersehen, jedenfalls waren 12 Minuten zweifellos zuviel. Meine komplette Rückseite ziert ein ordentlicher Sonnenbrand und das Sitzen tut weh ist nicht sehr angenehm, aber immerhin sieht mein restlicher Korpus jetzt nicht mehr aus wie der eines albinösen Mehlwurms im Winter.

Morgen ist wieder Alltag, und dann werde ich nicht mehr so leicht auf dumme Gedanken kommen können. Hoffe ich.

Euch einen warmen Tag wünscht
moggadodde