Shades of greystone

Es brummte im Blätterwald mehr als in der Luft und die Zahlen sind ja auch enorm: 76 % weniger Biomasse an Fluginsekten zwischen 1989 und 2016, das ökologische Gleichgewicht wackelt nicht nur, es wankt. Keine Insekten bedeutet keine Nahrung für den Vogel, keine Bestäubung durch Bienen oder Schmetterlinge und auch das Honigbrötchen wäre damit irgendwann gegessen. Als Schuldige bis dahin wurden der Klimawandel sowie die die industrielle Landwirtschaft ausgemacht mit dem Zwang durch den Verbraucher, für immer billigere Produkte Hecken und Rückzugsgebiete für Insekten zu planieren oder per nicht Freund nicht Feind kennender Pestizidkeule das System zu zerrütten. So weit, so schlecht wie alarmierend.

Leicht ist aber, sich allein über gierige Bauern und geizige Verbraucher auszulassen. Ein Spaziergang durch jedes x-beliebige Dorf genügt für die Erkenntnis, dass manch gemeiner Grundbesitzer ein Herz aus Stein für Mücken und Käfer hat. Kaum ein Neubau, der mehr als einen Hauch von Grün vor dem Haus hat. Pflegebefreite Schotterwüsten säumen die Straßen, hier und dort beklagen ein einsamer Buchs oder eine zähe Agave ihr solitäres Blickfangleben und läuft man im Sommer an solchen Grundstücken vorbei, flirrt die Luft noch mehr. Wie riesige Heizkissen strahlen diese Geröllhöllen die Wärme zurück. Statt Schmetterlingswuseln oder Hummelsummen herrscht sterile Engerlingfriedhofsruhe allüberall und wo früher Zäune die Grenzverhältnisse klärten, erheben sich inzwischen monumentale Steinkäfige als meterhohe Gabionenwände, die finale, landschaftsarchitektonische Bankrotterklärung.

Natürlich, ja: Grün macht Arbeit. Hecken häckseln, Büsche kürzen oder das Kind zum Rasenmähen bestechen überreden, Blätter rechen, gießen und Unkraut nicht allzu sehr ausufern lassen. Da kommen schnell ein paar Stunden zusammen und die eine oder andere Blase an den Händen. Aber der Lohn ist eine grüne Oase, ein Raum zum Luftholen, Feiern und Genießen, statt eines grauen, seelenlosen Stonehenge-Lookalikes mit dem Charme eines Baumarkt-Parkplatzes.

Im Frühjahr dann, wenn ich nach Knospen und dem ersten, zarten Grün spähe, erleichtert, dass die Natur sich aus der eisigen Umklammerung des Winters befreit, schaut der zierkiesaffine Hausbesitzer auf seine Pflanzendiaspora, beißt ins Honigbrötchen und fragt sich, ob es in diesem Sommer wieder so wenige Insekten geben wird.

Kopfschüttelnd
moggadodde