„Kindergeburtstag“ – das Schreckenswort jeder Mutter – aber heute nicht für mich! Weil Hank bei seinem umgezogenen Kumpel eingeladen war, musste ich schon im Morgengrauen um 10.00 Uhr im Kitzinger Gau sein, wo ich drei Kreuzzeichen schlug, dass ich nicht die Gastgeberin war. Ein Teil der 10 (!) Kinder gebärdete sich wie wild und zog damit die anderen in einen schreienden Strudel. Sie catchten rund um den Frühstückstisch, galoppierten durch die Wohnung, plärrten aus vollen Kehlen, als ob sie am Spieß steckten, ich bin wohl schon zu alt für so ein Kindergeschrei. Schnell kippte ich einen Kaffee hinunter, wechselte brüllend ein paar Worte mit der Mutter des Geburtstagskindes und fuhr gleich wieder weiter. Die Arme wollte mit der irren Bande auf den Fußballplatz gehen und ich überlegte noch kurz, ob ich Hanks Kassen-Chipcard dort lasse; so wie das dort abgeht, hätte es schon passieren können, dass er oder eines der anderen Herzchen in die Klinik muss.
Die wohltuende Ruhe im Auto entspannte mich sofort. Ich machte einen Abstecher ins reizende Dörfchen Dettelbach, besuchte spontan auf einen Kaffee die Schwägerin bei ihrer Arbeit in Mainstockheim und, schonmal in der Gegend, machte mich spontan in Kitzingen auf die Suche nach Biffos Bäckerei, die ich tatsächlich sofort fand. Dass ein Bäcker sein Werk gegen Mittag schon gemacht hat und nicht mehr da ist, hätte ich mir ja denken können, aber die nette Frau des Chefs versprach, Grüße von mir auszurichten.
Inspiriert von den vielen Leckereien in Biffos Auslage entschied ich spontan für den Besuch morgen ein schönes Tiramisu zu machen und es fiel sogar noch ein Rest für einen Freitagsnachtisch ab,
der vorhin ganz spontan vertilgt wurde.
Natürlich wirkt sich ein richtiges Tiramisu auf eine handelsübliche Hüfte ungefähr so aus wie Agent Orange auf den vietnamesischen Dschungel: Vernichtend. Früher hatte ich deshalb wegen der Schadensbegrenzung tatsächlich Quark untergemischt, aber heutzutage pfeif‘ ich auf solchen Kokolores. Wenn ich Tiramisu esse, dann kommt mir ausschließlich 80 %iger Mascarpone in die Rührschüssel. Wenn schon fett, dann richtig denn schließlich isst man das ja nicht dauernd, obwohl man schon könnte, das gilt zumindest für mich.
Mein Kaffee kriegt Zucker statt Süßstoff, mein Tiramisu kriegt Mascarpone statt Quark und wenn ich wieder mal bei Biffo bin, gönne ich mir garantiert einen seiner sensationell aussehenden Schneeballen. Das Leben ist doch wirklich zu kurz, um es mit behandelten Light-Nahrungsersatzmitteln zu verplempern und der bewusste Genuss einer als „sündig“ verrufenen Delikatesse verursacht bei mir allemal ein besseres Bauchgefühl als die dauerhafte, verkrampft-verkniffene Zuführung von geschmacklosem Industriefutter, das eine Armee von Nahrungsmittelchemikern aufwändig und kostspielig gesundgeschrumpft hat.
Damit meine Hüften nicht doch noch sumoeske Ausmaße annehmen, gibt es eben auch mal irgendwas Grünes oder eben einen Knäckebrot-Gedächtnis-Tag. Dass auch ich eines schönen Tages die gesunden Radieschen von unten anschauen werde, ist ja nicht nur mir glasklar. Aber bis es soweit ist, will ich nach meiner eigenen Fasson leben, ich will schmecken und genießen, ohne mich pausenlos zu kasteien oder dauernd wegen eines vermeintlichen Fehltritts Buße tun zu müssen. Manche mögen es Unvernunft nennen. Ich nenne es Leben.
Euch eine süße Nacht wünscht
moggadodde