Kein Anschluss unter dieser Nummer

Ein Blick aus dem Fenster hätte mich warnen müssen: Kratzen war gestern angesagt, die Art Eis, die sich aus Regen bildet und hartnäckige kleine Eisnasen auf den Scheiben hinterlässt. Ich schrubbte und kratzte was das Zeug hielt und erst der dritte Plastikkratzer versah leidlich seinen Dienst. Trotzdem fuhr ich mit Gucklöchern los, natürlich verspätet. Kaum auf der Piste wies mich die Tankanzeige erneut piepsend darauf hin, dass ich mal wieder Kraftstoff auffüllen sollte und kurz vor den Katakomben hält auch Herr Jet Nachschub bereit. Dummerweise waren die Straßen ziemlich gut gefüllt, ich war ja spät dran, und langsam begann ich zu schwitzen, als ich zum fünften mal vor der selben Ampel halten musste. Kennt ihr dieses Gefühl? Eine Stimme im Kopf die sagt: „Ach, das reicht noch locker bis zur Tanke“ und eine andere, die kichert und sagt: „Na, du blöde Kuh? Wieder mal vergessen zu tanken? Wart mal ab, auf die Nordtangente kommst du ja noch aber dann ist Ende Gelände!“ Im Geist überlegte ich mir schon mal einen lockeren Spruch, mit dem ich ein Auto anhalten und den Fahrer bitten würde, mich mitzunehmen: „Entschuldigen Sie“, würde ich sagen, „Sie haben nicht zufällig einige Tröpfchen Super zuviel an Bord? Nein? Oh, vielleicht sind Sie so freundlich und nehmen mich ein Stück mit?“, das war aus einigen Alternativen der Endsieger. Ich brauchte keine Heizung mehr, so heiß war mir geworden und jede rote Ampel erhöhte meinen Puls und mehr als die Straße beobachtete ich die Tanknadel, die wie meine Stimmung immer weiter ins Bodenlose fiel.

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Sicher mit dem buchstäblich letzten Tropfen Sprit schleppte sich mein treuer Micra vor die Zapfsäule und ermahnte mich wieder, dass ich mich demnächst rechtzeitig um Nachschub kümmern müsse.
Eigentlich ist die „Hilfe!-Ich bin liegengeblieben“-Nummer aber keine schlechte Idee um neue Bekanntschaften zu knüpfen, habe ich mir überlegt, aber nachdem mich Thomas Anders ja aus dem Schlaf gewimmert hatte und zwei Fingernägel dem scheinbar ewigen Eis zum Opfer gefallen waren, war ich leicht angesäuert und für derlei Abenteuer nicht aufgelegt.
Falls ich aber irgendwann einmal der Sinn nach neuen Kontakten, gleich welcher Art, stehen sollte, würde ich auf jeden Fall auf diese Nummer zurückkommen. Möglicherweise hätte die Dame, die diese Anzeige

„Hallöle! Gesucht wird eine Person, die ‚hübsch‘, charmant und ’sexy‘ ist! Ich, 25-j. Sie -‚Engelchen mit spitzen Zähnchen‘ *blinzel* – bin also in Sicherheit haha! Aber wo zum Teufel hast du dich versteckt? Mal sehen … 1, 2, 3 ich komme :)“

geschaltet hat, auch ihren Tank leerfahren sollen. Bin ich zu alt oder zu verknöchert oder schlicht und ergreifend zu dumm, um diese Anzeige zu verstehen? Warum setzt die Inserentin die Worte „hübsch“ und „sexy“ in Anführungszeichen? Warum ist jemand, der seine Zähne anspitzt, automatisch in Sicherheit? Was ist das, eine Schnitzeljagd? Ein Spiel? Irgendeine verschlüsselte Nachricht? Und die Anrede „Hallöle“ ist ja sowieso vollkommen indiskutabel und würde mich als „Person“ umgehend in die Flucht schlagen. Für den Fall, dass ihr, was ich entre nous gesagt nicht glaube, kapiert, was das Engelchen damit sagen möchte und interessiert seid, ich habe ihre Mobilfunknummer, sie erbittet Kontaktaufnahme per SMS.

Wenn ich per Zeitungsinserat eine Bekanntschaft suchen würde, käme ich allerdings ziemlich billig weg. „Frau Mogga sucht tageslichttauglichen Mann“, wäre der Text meiner Wahl und ich würde mich überraschen lassen. Vielleicht würde ich aber auch nur einfach den Tank leerfahren so tun, als wäre ich liegengeblieben und am Straßenrand auf eine passende Mitfahrgelegenheit warten …

Euch einen formidablen Tag wünscht
moggadodde

Attentat mit Anders

Welcher gemeine und hinterhältige Meuchelmörder hat gestern an meinem Radiowecker manipuliert?

Oh, I can’t explain
Every time it’s the same
Oh I feel that it’s real
Take my heart
I’ve been lonely to long
Oh, I can’t be so strong
Take the chance for romance, take my heart
I need you so
There’s no time I’ll ever go

tönte es leise aber durchaus deutlich vernehmbar zu meinen müden Gyrus vor. Ich kenne das, dachte ich, und langsam sah ich zwei in Ballonseide gewandete, dunkle Gestalten vor meinem geistigen Auge auftauchen, schon ging es weiter …

Cheri, cheri lady
Going through a motion
Love is where you find it
Listen to your heart
Cheri, cheri lady
Living in devotion
It’s always like the first time
Let me take a part

In meinem noch halb schlafenden Zustand war ich quasi wehrlos und unfähig um dem Spuk durch einfaches Ausstrecken meines rechten Armes ein Ende zu bereiten. Nein, Dieter B. und Thomas A. jaulten sich weiter einen Tunnel durch mein Großhirn. Modern Talking in aller Herrgottsfrühe und ich bin fast vollkommen wehrlos. Die Geheimorganisationen dieser Welt sollten damit mal ein bisschen experimentieren. Zur richtigen Zeit damit malträtiert, ist der beste Agent binnen kurzer Frist ein geistiges Wrack.

Euch einen ungefährlichen Tag wünscht
moggadodde

Merda!

Gerade mal Mittag und schon zwei Schäden zu verzeichnen:
Meinem riesigen erster-Toskanaurlaub-Erinnerungs-Regenschirm wurde bei einem hinterlistigen Windstoß aus der falschen Richtung das fragile Gestänge zerrissen

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und beim Anschalten der Spülmaschine hatte ich den lidschäftigen Programmwahlschalter in der Hand.

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Mit einem lustigen Geräusch hat sich ein Stück abgebrochenes Plastik in die Verkleidung verabschiedet und das bedeutet wieder um die 30,00 Mücken für einen Ersatz, denn das gleiche hatten wir schon einmal. Mit der Kneifzange und ein bisschen Gewalt konnte ich die Diva dennoch zum Laufen bringen …

Beides, der Regenschirm und die Spülmaschine sind aus italienischer Fabrikation und ich finde diese Vorfälle schon ein wenig frech, gerade weil ich hier stetig die Werbetrommel rühre, für die italienische Küche und die italienische Lebensart per se.

Ein italienisches Sprichwort sagt

Anche i pesci del re hanno spine – Auch die Fische des Königs haben Gräten

und meine Affinität für die Landschaft südlich des Po werde ich nun deshalb einer gründlichen Prüfung unterziehen. Ich bin heilfroh, dass sich in unserem Fuhrpark kein Italiener befindet, der uns heute noch einen Strich durch die Finanzen machen könnte.

Nur zu gut passt ins Bild, dass der am Wochenende erwartungsfroh gekaufte „Grappa di Chardonnay“

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genauso schmeckt wie das Destillat einer Waschmaschinenladung löchriger Nylonsocken eines italienischen Tippelbruders, der sein Domizil unter einer Lage „Corriere della sera“ in der Nähe der Autostrada bei Neapel hat. Pfui diavolo!

Euch einen fantastischen Tag wünscht
moggadodde

Update, 13.15 Uhr:
Hank verlangt einen Nachschlag beim Mittagessen und bei Übergabe des noch leeren Tellers und mit einem knisternden Geräusch entlädt sich die statische Spannung über unsere Fingerspitzen. Wir lassen vor Schreck beide den Teller los und das Ergebnis sieht so aus:

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Einkaufs(tor)tour

Bekanntlich wird Hank am Sonntag nach Ostern erstmals in seiner noch jungen und nicht sehr intensiven Katholikenkarriere den Leib Christi empfangen. Den landläufigen Brauch, kleine Jungs zu diesem Anlass in dunkle Anzüge zu zwingen und mit Krawatte, oder noch schlimmer, mit Fliegen zu verkleiden, finde ich persönlich nicht sehr ansprechend und war schon froh, mit ein wenig Überredungskunst Hank von seiner ursprünglichen, unter Gruppenzwang gefassten Absicht, am Weißen Sonntag im Sammetanzug aufzuschlagen, abgebracht zu haben. Trotzdem gab sein Kleiderschrank außer Jeans und Skater-Shirts nicht viel passendes her, weshalb wir uns heute in ein Kaufhaus aufmachten. Spargeltarzan Hank hat lange, dünne Beine und ist an der Hüfte so schmal wie ein Gästehandtuch, die Suche nach Beinbekleidung, die nicht aussieht, als müsse er die Hosen eines großen Bruders auftragen, gestaltet sich regelmäßig recht schwierig. Zu Dutzenden schleppten wir Hosen in die Kabine und schnell hatte Hank das dauernde Umziehen satt und nur mit Engelszungen und später Androhung von roher Gewalt konnten wir ihn zum Durchhalten bewegen. Endlich hatten wir nach gut eineinhalb Stunden, netto, eine ecrufarbene Hose, dazu ein orangefarbenes T-Shirt und ein großkariertes Hemd, darüber einen muskatfarbenen Blouson, was auch ihm gefiel. Passende Schuhe mussten bestellt werden und wenn er nochmal zum Coiffeur geht, sieht er richtig gut aus. Ihm ist allerdings klar, dass er mit seinem Outfit ziemlich aus der Rolle fallen wird. Der kleine S., zwei Häuser weiter z.B. heißt bei uns nur „Ken“, weil er immer so geleckt aussieht wie der Gefährte von Barbie. Selbst im Sandkasten trägt Ken gerne mal einen hellen Tom Tailor. Der kleine Ken wird am Weißen Sonntag sicher im Hilfiger-Zweireiher auflaufen und aussehen wie ein Kindermodell aus dem Otto-Katalog. Aber Hank steht da drüber und beteuert, dass es ihm nichts ausmacht, am Weißen Sonntag ein helles unter lauter schwarzen Schafen zu sein.
Die Tortour der Hosensuche für Dixie hat Wochenendgast Schatzi heute übernommen, und noch ehe wir Hank in trockenen Tüchern hatten, konnten die beiden Erfolg vermelden. Wir schickten die drei ins Bistro und der MamS war der nächste Patient. Er steht auf Schuhe und gegen ihn kann jede Frau mit Schuhtick schnell blass aussehen. Wir verbrachten also nochmal eine gute Stunde in der Herrenschuh-Abteilung und ich war froh, die Kamera in der Tasche zu haben, so konnte ich mir die Zeit etwas vertreiben

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Wir waren nach vier Stunden derartig geplättet, dass wir den ansich geplanten Besuch im Möbelhaus schnell verschoben.
Beim heimischen Abendessen (Scaloppine al Marsala mit Rosmarinkartoffeln, specialità della casa) entspann sich eine angeregte Diskussion über diverse Musikvorlieben. Schatzi (Rammstein- und auch Punk-Fraktion) versuchte Dixie, die Anhängerin auch des HipHop ist, wegen eben dieser Vorliebe und der dort vornehmlich frauenfeindlichen Texte ein wenig in die Dummchen-Ecke zu bugsieren und da war er bei mir an der falschen Adresse. Man kann doch vom Musikgeschmack eines Menschen nicht auf dessen Intellekt schließen! Ein Jazzliebhaber ist nicht zwingend intelligenter als ein Discofreak und ein Punker muss nicht gewalttätiger sein als ein Klassikanhänger, zumal die Rammstein-Texte zum Großteil auch nicht preisverdächtig sind. Solche Pauschalierungen und vor allem, dass er versuchte, Dixie am Esstisch ein klein wenig vorzuführen, stießen mir sauer auf und da werde ich schnell ungemütlich. Mit seiner ausgeprägten Eifersucht, die sich in der letzten Woche ganz besonders zeigte und wegen der ich meine Tochter des öfteren mascaraverschmiert und mit vom Weinen geschwollenen Augen in ihrem Zimmer vorfand, hat er sich ohnehin schon ein klein wenig meinen Unmut zugezogen … Jaaaaa, ich weiß, ich sollte mich da raushalten, aber meinen Standpunkt darf ich schließlich vertreten, gell?

Euch einen friedlichen Abend wünscht
moggadodde

Mit Körperkraft aus der Klimakrise

Während hierzulande schlaue Forscher den CO2-Ausstoß pupsender Wiederkäuer berechnen und in zahlreichen Familien endlich karminative Nahrungsmittel vom Speiseplan verbannt werden, während Automobilingenieure fieberhaft nach umweltverträglichen Fahrzeugen fahnden und der unbesorgt gebuchte Billigflug wahlweise geächtet oder mit Zuschlägen bedacht werden wird, debattiert man immer noch auch über die zur Neige gehenden Ressourcen der fossilen Brennstoffe und dem Rückzug aus dem beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie.
Auch hier fällt ein Deutscher einmal mehr mit einem innovativen Einfall auf: Der Verwalter der deutschen Privatschule Swakopmund in Namibia, Horst Fritze, ist abgerückt von althergebrachten Strafen wie Nachsitzen oder Verfassen eines dreiseitigen Aufsatzes zum Thema „Warum ich meinen Mitschülern mit dem Butterfly-Messer meine Initialen nicht ins Schulterblatt ritzen darf“. Wie die „Allgemeine Zeitung“ in Windhuk berichtet, geht Herr Fritze ganz neue Wege: Die Missetäter an seiner Schule werden auf Fitnessräder gesetzt, die an Generatoren angeschlossen sind und durch ihr anhaltendes Strampeln wird möglicherweise vorhandenes Aggressionspotential in sinnvoll zu verwendende Energie transformiert. So weit, so gut. Hinter dieser auf den ersten Blick simplen Disziplinierungsmaßnahme steckt nämlich bei weiterem Nachdenken so viel mehr!
Überfüllte, teure Haftanstalten, deren Insassen mit stumpfsinnigen Beschäftigungsmaßnahmen oft jahrelang restlos entsozialisiert werden, könnten in wenigen Jahren das eine oder andere Kernkraftwerk entbehrlich machen. Flächendeckend werden nicht nur deutsche JVAs mit qualitativ hochwertigem Sportgerät ausgestattet und statt Tütenkleben oder was der Verurteilte sonst eben arbeiten muss, gilt hinkünftig „Pedaletreten“ zum Wohl der Allgemeinheit. Im anstaltseigenen„Energie- und Sportbereich“ könnte wertvoller Strom günstig produziert werden und bei geschickt erstelltem Einsatzplan würde die Platzproblematik ebenfalls der Vergangenheit angehören, weil die Zellen wegen eines 3-Schicht-Betriebs mehrfach belegt werden könnten. Die Insassen verbüßten ihre Strafe in dem Bewusstsein, dass die Außenwelt sie nicht abschreibt, sondern sie vielmehr einen wichtigen Dienst für sich selbst, die Gesellschaft und schließlich auch für die gebeutelte Erde ansich leisten.
Kriminelle Energie gibt es auf unseren Straßen genug, gebündelt, transformiert und in die richtigen Kanäle eingespeist könnten in den Innenstädten kleine „Powerpoints“ entstehen, die eingerichtet sind wie Spinning-Räume in Muckibuden, denn Falschparker erhalten künftig statt eines Knöllchens ein „Energy-Coin“, einzulösen binnen einer gewissen Frist, ebenso wird mit Taschen- und Ladendieben, Geschwindigkeits- und Rotlichtsündern, Wildpinklern sowie motorisierten Verkehrsteilnehmern, die ohne Freisprechanlage telefonieren, verfahren.
Schnell müssten die Kommunen die Zahl der Powerpoints erhöhen und könnten den dort erzeugten, absolut umweltverträglichen Strom profitabel verkaufen. Zusätzlich zum positiven Effekt für Mutti Erde wird Vati Staat mit einem Handstreich aus den Miesen gebracht. Durch die plötzliche Fitness der Bürger sinkt sukzessive die Zahl der Herz- und Kreislauferkrankungen. Endlich vermindert sich auch der Krankenkassenbeitrag auf 0,5 % und Frau Ulla wird arbeitslos, kommt mit der Situation nicht zurecht, wird schnell straffällig und deshalb bald selbst auf die Hamsterrolle gespannt, denn auch die vermeintlich bessere Gesellschaft darf sich vor der Erzeugung gemeinnützigen „Fit-Stroms“ nicht drücken.
Der entstehende Stromüberschuss wird als eine Art unentgeltliche Entwicklungshilfe in die osteuropäischen Netze eingespeist und die dortigen Industriebetriebe nutzen den Muskelstrom, um ihre maroden Fabrikationsstätten auf den neuesten Stand der Technik zu setzen und die CO2-Emission nachhaltig zu reduzieren.
Mit ein bisschen gutem Willen, ein klein wenig Einfallsreichtum und der ursprünglichen Idee eines Schuldirektors aus Swakopmund wäre es möglich, der globalen Klimakatastrophe die Stirn zu bieten, allein durch kraftvollen Einsatz der Oberschenkelmuskulatur. Himmel, es ist doch alles so einfach! Aber, es ist wie es immer ist: Meine Meinung zählt soviel wie die Flatulenzen einer zentralasiatischen Schraubenziege.

Euch einen energiereichen Abend wünscht
moggadodde