Stinkhaft

Der erste warme Tag in dieser Woche, in der Sonne zeigte das Thermometer fast 20 Grad und die ersten Knospen am Schneeball-Strauch auf der Terrasse lassen sich blicken

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Wir hätten einen Spaziergang durch die Weinberge unternehmen können oder das erste Freiluft-Eis dieses Jahres schlecken oder zum Entenfüttern an den Main gehen können, aber nein: Ein U9-Fußballturnier in einem 20 km entfernten Kaff stand auf dem Kalender, was eine wunderbare Sache hätte sein können, wenn, ja wenn sich die 12 geladenen Kindermannschaften auf einem Sportplatz hätten gegenüberstehen können und nicht in der 70er Jahre Schulsport-Turnhalle. Für die zahlreichen Zuschauer war lediglich auf der Längsseite des Spielfeldes ein ca. 2 m breiter Streifen vorgesehen und an den Breitseiten die Hälfte bis zum Tor. Es war ohrenbetäubend laut, die Luft war testosteron- und adrenalingeschwängert, was mich nicht allzu sehr gestört hätte. Was mich aber ganz kolossal angenervt hat war die Tatsache, dass in den unmittelbar angrenzenden Räumen, in denen normalerweise Medizinbälle und Stufenbarren lagern, der zwar äußerst gewinnträchtige aber auch äußerst anrüchige Handel mit französischen Kartoffelstäbchen getrieben wurde. Ihr alle wisst, wie sehr ich diesen Frittengestank verabscheue! Die Haare müffeln, die gesamte Kleidung riecht, als wäre man ins stinkende Fett gefallen und mich reut das Duschgel, das ich eine Stunde vorher im Bad verschwendet habe! Alles stank derart eklig, dass ich mich sehr gerne übergeben hätte!
So sehr gestört hat mich dieser grauenhafte Gestank, dass ich mich beschwert habe. Ob es denn unbedingt sein müsse, dass in einer derart geschnittenen Halle Pommes Frites verkauft werden müssten und der Dunstabzug, durch ein rachitisches Rohr durchs Oberlicht, sei ja wohl nicht der Weisheit letzter Schluss. Verhungern müsste wegen des anderweitigen, durchaus beachtlich guten Angebots an selbstgebackenen Kuchen, Mettstangen und Käse- sowie Wurstbrötchen ja wohl niemand und ich fände es eine Zumutung für Zuschauer und Sportler stundenlang in einer überdimensionalen Frittenbude gefangen zu sein. Die Antwort des Personals war ebenso knapp wie klar: Die Moneten! Mit den im Großhandel zentnerweise georderten Stäbchen lässt sich mit minimalem Aufwand der größte Profit für den Verein erzielen und dagegen habe ich ja gar nichts einzuwenden aber bitte, geht das nicht draußen? Oder anders? Oder gar nicht?

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Schon beim ersten Spiel klagte der etwas verschnupfte Hank über Atemprobleme in dieser stickigen Stinkhalle, eine Menge Blut floss, als sich ein Kind eine große Platzwunde über dem Auge zuzog und in der Nachbarkabine musste sich ein Kind übergeben (ich hätte es ihm gerne nachgetan!). Trotzdem erreichte die Mannschaft des MamS den dritten Platz und von den erzielten 14 Toren konnte Superhank 9 auf seine Fahne schreiben.

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Jetzt habe ich schreiende Kopfschmerzen, muss nochmal eine Waschmaschine anwerfen und umgehend duschen. Nein, ich war nicht in einer schmierigen Spelunke im Hafenviertel. Ich war nur auf einer Sportveranstaltung.

Euch einen wohlriechenden Abend wünscht
moggadodde

Schmerz lass nach!

Babe Levy sitzt gefesselt auf dem Zahnarztstuhl und Christian Szell fragt ständig, ob „sie außer Gefahr“ sind …
Himmel, ich habe Dustin Hoffman und Laurence Olivier schon so oft in „Marathon-Mann“ gesehen, aber die Szenen, als der irre Zahnarzt Babe die Zähne perforiert … ich kann sie immer noch nicht anschauen … und den Ton drehe ich jetzt auch mal lieber ab … DAS waren noch Filme …

Euch eine schmerzlose Nacht wünscht
moggadodde

Beichte light

Das kann ich nicht/nicht besonders gut:
auf einem Seil tanzen, Geduld aufbringen, Enthaltsamkeit üben, lockeren Hefeteig herstellen, Aerobic unter Einbeziehung der Arme, Sonderangebote aufspüren, an einem Berg mit Handbremse-Gas-Technik anfahren, vom 10 m-Turm springen, konsequent sein, malen, einen Orgasmus vortäuschen, Quark essen, rechnen, Witze erzählen, steppen, stricken.

Das kann ich gut:
pünktlich sein, in Bauchlage schlafen, rückwärts einparken, leckere Lasagne kochen, hartnäckig sein, mit wildfremden Menschen ein Gespräch anfangen, durch die Finger pfeifen, aufmerksam zuhören, schnell tippen, schnippische Bemerkungen verkneifen, zwischen den Zeilen lesen, Zecken aus Bauchnabeln entfernen, massig Tequila trinken ohne betrunken zu werden, Ausreden erfinden, ungebetene Anrufer freundlich aber bestimmt abwimmeln, IKEA-Aufbauanleitungen verstehen, Bechamelsoße ohne Klumpen, im Stand mit den Fingern den Boden berühren, vollkommen sinnfreie Postings verfassen

Das würde ich gerne können:
(perfekt) italienisch, spanisch, russisch und chinesisch sprechen, Hanks Haare selbst schneiden, ohne dass er aussieht wie ein aufgeplatztes Sofakissen, singen wie Whitney Houston, eine zweimotorige Maschine ein Flugzeug fliegen, am Berg mit der Handbremse-Gas-Technik anfahren, aus Stroh Gold spinnen, ein Buch schreiben, verstehen, wann direkter bzw. indirekter Freistoß gepfiffen werden muss.

„Ich weiß nicht immer, wovon ich rede. Aber ich weiß, dass ich Recht habe.“

Einen schlagfertigen Abend wünscht
moggadodde

Naturwissenschaft in der familiären Praxis

Mit Kindern in der Blüte der Pubertät versteht es sich schon unter günstigen Umständen von selbst, dass die Telefonleitung einer steten, harten Prüfung unterzogen wird. Von Glück können der MamS und ich sprechen, wenn wir ausnahmsweise am Abend telefonieren müssen und Dixie sich vom Telefon lösen kann, ohne dass die Ohrmuschel daran kleben bleibt. Manch keimfreudiges Gewächs wäre angesichts der langen Verweildauer schon angewurzelt. Wir haben die Anklopffunktion aktiviert, die die betreffende Quasselstrippe von einem eingehenden Anruf unterrichtet. Des öfteren wurden wir angesprochen, dass man vergeblich versuchte, uns zu erreichen und fanden heraus, dass Dixie die Anklopfer ignoriert und einfach weiter mit Schatzi telefoniert. Dass das natürlich auch nicht zuletzt wegen meines kranken Vaters nicht angehen kann, versuchten wir ihr zu vermitteln, aber gestern erzählte mir meine Mutter wieder, sie hätte angerufen und wäre nach langem „Anklopfen“ aus der Leitung geflogen. Aufgrund dieses Umstandes wurden Dixies Telefonaktivitäten unsererseits bereits drastisch eingeschränkt. Am Abend gehe ich nun an ihrem Zimmer vorbei und höre sie werkeln, Schranktüren scheppern, Schubladen werden geöffnet und geschlossen, ansonsten ist es still in ihrem Raum. Ich wundere mich, weil die Telefonbasis im Flur ein laufendes Gespräch anzeigt und sage, dass sie ihr Telefon wohl nicht richtig aufgelegt habe. Sie erwidert: „Och nööö, ich telefonier‘ ja noch“. Ich frage: „Wie, wo telefonierst du denn?“ Sie sagt: „Na, das Telefon liegt auf dem Bett. Ich mach‘ jetzt hier mal was und dann telefonier ich weiter.“ Ich stelle fest, dass sie ja wohl eine Meise unterm Pony hätte und mich jetzt gar nicht mehr wundert, dass uns niemand mehr erreicht, wenn sie das Telefon als Hintergrundgeräuscheübermittler für Schatzi missbraucht.

Heute beschloss sie die Zubereitung eines Schokoladenpuddings. Als sie aus der Küche kommt, frage ich, ob denn der Pudding schon fertig ist und sie bejaht; sie habe ihn kalt gestellt. Ich sage sofort, sie solle den heißen Pudding aus dem Kühlschrank holen, und sehe im Geiste unseren Stromzähler, wie er um sich selbst kreiselnd aus der Wand katapultiert wird, als ich ein komisches Geräusch aus der Küche höre. Instinktiv weiß ich sofort, was Sache ist: Das Schaf hat den Edelstahltopf vom Herd direttamente auf die Glasplatte im Kühlschrank gestellt und, pling, der Beweis, dass kaltes Glas als schlechter Wärmeleiter zum Abstellen eines sehr heißen Metalltopfs denkbar ungeeignet ist, liegt auf der Hand. Ihre Physiknote im Zwischenzeugnis scheint mir noch geschmeichelt.

Ohnedies war auch die Stimmungs-Chemie heute bereits reichlich unterkühlt. Seit Tagen rede ich mir bei beiden die Lippen blutig, denn eine Aufräum- und Säuberungsaktion der beiden Sauställe ist überfällig. Ich habe mir abgewöhnt, ihnen das abzunehmen und seitdem sieht es aus wie Blücher, und zwar bei beiden, aber noch mehr eben bei Dixie, die alles, wirklich alles und dazu auch alles Unaussprechliche, unter ihr Bett pfeffert oder großzügig auf ihren gut 15 qm verteilt. Ich wusste, ihr Computer läuft und in längeren Abständen betrat ich ihr Zimmer und mahnte den Beginn der Aufräumarbeiten an, die sie mir mehrmals mit „Ja, ich mach’s gleich“ in Aussicht stellte.

Nachdem vorhin noch immer nichts in diese Richtung passiert war, kam die nächste, naturwissenschaftliche Disziplin ins Spiel. Ich machte etwas ganz Gemeines, eine mütterliche Todsünde, dessen bin ich mir voll bewusst: Ich verbündete mich mit Schatzi (der bei Dixie selbst eine gewisse Neigung zur Überreaktion in den letzten Tagen feststellte) und beschrieb ihm die nervtötende Situation, während ich das Telefon in ihr Zimmer brachte. Dort stritten wir noch ein bisschen und diesmal warf ich die Tür, dass es nur so schepperte. Danach war es still in der Wohnung, deshalb hörte ich jedes Wort, mit dem sie sich bei Schatzi, der sie auf den rechten Weg der Tugend zurückzubringen bereit ist, zu rechtfertigen versuchte. Ein bisschen Tränen, ein bisschen Hadern mit dem schweren Schicksal, die Tochter einer solchen „Nervensäge“ von Mutter zu sein, ein bisschen Lamentieren über den ewig bevorzugten kleinen Bruder und überhaupt sei alles total beschissen, neben den sämtlichen Defiziten, die eine akutpubertär Betroffene ohnehin schon an sich selbst sieht. Hiermit ist also die Biologie abgedeckt, die sich mit dem Zusammenleben von Organismen, ihrer Entwicklung und der Interaktion der Individuen untereinander beschäftigt. Und Dixies derzeitigen Gemütszustand schreibe ich mal wieder dem akuten PMS zu. Die blutige Geißel des gebärfähigen Weibchens macht uns manchmal bereits in ihrem Vorfeld zu hoch gefährlichen ABC-Waffen.

Euch einen friedlichen Abend wünscht
moggadodde

Des Teufels Generalin

Mit einer ehemaligen Kollegin habe ich gestern telefoniert, die mir zu Weihnachten noch immer eine Karte schickt und ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, weil ich mich noch nicht bei ihr gemeldet hatte. Ich erfuhr also, dass sich in der Kanzlei nicht das Mindeste geändert hat, dass eine Angestellte es gewagt hat, sich schwängern zu lassen, obwohl die vielköpfige Schlange von Gattin des Chefs immer noch denkt, dass mit der Unterschrift unter einen Arbeitsvertrag bei ihrem Mann automatisch das Recht auf Mutterschaft unter Aktenbergen und losen Gesetzesblattsammlungen zu verschwinden hat, dass immer noch jeder beliebige Intrigantenstadel gegen meinen ehemaligen Arbeitsplatz ein glückseliger Garten Eden ist, denn es wird gelästert, hintergangen, gelogen, hingehalten und mit den Gefühlen und Empfindungen der Untergebenen gespielt, die sich aus Angst vor Verlust ihres Arbeitsplatzes mit Zuckerbrot und Peitsche dressieren lassen.
Dass ich mit den Vorgängen um meine Person, die ja nun, manch geneigter Leser, der mich schon länger begleitet, kennt, offenbar immer noch nicht abgeschlossen habe, zeigt der ziemlich plastische Traum, den ich dann prompt heute Nacht hatte.
Ich träumte, ich sei im Haus meiner Schwägerin. Während mein Schwager die Reste von Schnodder aus dem Flur schippte, die wegen einer Schlammlawine ins Haus gedrungen waren, nahm meine Schwägerin ein Bad im Waschbecken (hey, es war ein Traum …. SchwäSu ist normalwüchsig!) während in der Wanne daneben zwei männliche, französische Austauschstudenten zusammen duschten.
„Excusez-moi“ entschuldigte ich mich formvollendet und wollte das Bad wieder verlassen, als plötzlich die Hydra neben mir auftauchte und wegen der Abläufe um meine Kündigung auf gut Wetter machen wollte. Ha, da war sie bei mir aber an der falschen Adresse! Ich erzählte ihr, was ich wirklich von ihr hielt, dass ich sie für eine der hinterlistigsten und gemeinsten Frauen unter der Sonne sehe, dass keiner, der sie näher kennt, in Wirklichkeit auch nur ein gutes Wort über sie sagt und sie nur aufgrund ihres Status‘ als Ehefrau des immer seniler werdenden Chefs diese schreckliche Macht über die 200 qm Kanzlei und die darin arbeitenden Frauen habe. Der einzige angestellte Mann, der bei Missfallen genauso ihr hysterisches Gekeife abkriege wie die Frauen, ist immer noch der gleiche Hanswurst, der er schon vor zwei Jahren war, auch aus Angst, dass ihm im Fall des Rückzugs des Obersten, ihres Mannes, die Felle davonschwimmen und er nicht dessen Nachfolger werden dürfe.
Das alles sagte ich ihr und auch, dass ich unendlich glücklich wäre, diesem Laden entronnen zu sein und erst danach richtig realisieren und in Worte fassen konnte, was für ein unmenschliches Spiel dort getrieben würde. Sie sei eine Meisterin der Manipulation, eine Psychoterroristin und statt Sprengstoff sei ihre Waffe die Macht ihres Status‘ und ihre umfassenden Kenntnisse darin, Menschen wie Marionetten über die Bühne dieses Irrenhauses tanzen zu lassen, genauso zitternd und unbewegt lächelnd wie in der Augsburger Puppenkiste.
Sie hatte Tränen in den Augen, die Hexe, und ich ließ sie stehen. Sie wollte die Absolution von mir aber ich nahm mir ein Herz, ging zurück und schubste sie eisig lächelnd über die Klippe in die ewige Verdammnis, wo sie hoffentlich solange schmort, bis der Fürst der Finsternis seine beste Nachfolgerin in spe dazu einlädt, auf seinem feurigen Thron Platz zu nehmen und die Insassen seiner kleinen, heißen Hölle mit der glühenden Gabel zu piesacken. Dass sie für diese Tätigkeit geradezu prädestiniert ist, hat sie im wahren Leben bereits hinreichend unter Beweis gestellt. Er wird sie vergöttern, der Teufel!

Als ich aufwachte, fühlte ich mich gut, ausgeschlafen und fit. Ich hätte mich wohl gleich von der Hexe ab- und den französischen Studenten zuwenden sollen, denn als ich in den Spiegel sah, waren die Zornesfalten über meiner Nasenwurzel, die aussehen wie ein „A“ ohne Querstrich, tiefer als je zuvor und ich habe wohl die ganze Nacht sehr böse geschaut.
So wie manche Menschen das Trauma eines Unfalls ihr Leben lang nicht überwinden können, ist mein persönliches Waterloo der Verlust des Platzes in der dunkeln Armee der Nachfolgerin des Teufels, vor nun fast zwei Jahren. Eigentlich sollte ich mich freuen, denn ich habe neue Arbeit gefunden, besser bezahlt noch und ohne manipulative Mätzchen. Und wenn die liebe, arme Kollegin zu Weihnachten wieder schreibt, werde ich sie wohl nicht mehr anrufen, weil ich zumindest dazu endlich meinen Frieden finden will.

Euch einen freien Tag wünscht
moggadodde