Nach so vielen Jahren ist es vielleicht das gute Recht einer Amalgam-Füllung aus dem Spätbarock, beim herzhaften Biss in ein Krustenbrötchen in quecksilbrige Brösel zu zerfallen. Vielleicht hätte ich dem heiser nuschelnden Oralsadisten meiner Wahl auch nicht direkt auf die verschnupfte Nase binden sollen, dass er aussehe, als gehöre er mit einem Grippetee ins Bett.
Jedenfalls versorgte er mich mit einer so starken Spritze, dass ich Mühe hatte, wach daheim anzukommen und alsbald wie eine betäubte Hirschkuh unter heftigen Träumen volle vier Stunden schlief, während ich mit gefühllosen Lippen und taubem Unterkiefer wie ein Säugling auf mein schönes, indisches Kissen sabberte.
Schlimm war das alles aber nicht. Nicht die Spritze in den Kiefer, nicht das grauenhafte Geräusch, als sich der Turbinenbohrer mit dem eiskalten Wasserstrahl malmend durch die alte Amalgamschicht der Nr. 7 fräste und auch nicht der Umstand, dass vier dicke Watteröllchen, ein Bohrer, ein Sauger und 20 Finger in meiner Futterluke gleichzeitig Platz finden. Soll ja niemand sagen, ich hätte kein großes Maul!
Richtig schlimm ist allerdings, bei minus 15 Grad mit frisch von Zahnstein befreiten Kauwerkzeugen eine Fluppe anzufeuern. Die geflügelte Sentenz „Mach den Mund zu, es zieht!“ ist jetzt in doppelt richtig, denn jeder Zug in der eisigen Luft zieht von den frisch entsteinten, sensibel gewordenen Zähnen auf kürzester Route in die Großhirnrinde und zündet dort ein schmerzhaftes Feuerwerk. Deshalb sind Lungenzüge bei mir momentan auf dem Abstellgleis zu finden, bis eine fluppenfreundlichere Großwetterlage aufzieht; ich bin eben nicht nur ein Großmaul, sondern auch ein Weichei.
Zwei Stäbchen am heutigen Tag, das ist im laufenden Winter mein persönlicher Minusrekord und ich grüße an dieser Stelle herzlich und in frierender Verbundenheit alle Raucher, die auf die vielen Balkone, Terrassen oder Hauseingänge dieser Republik verbannt sind in schwesterlicher Solidarität: Zieht durch!
Euch einen molligen Abend wünscht
moggadodde