Einmal Hölle und zurück

Ad 1.)
Gestern Abend habe ich mich seit langem einmal wieder bewusst vor die Bildröhre gesetzt und ich glaube, ich habe da irgendetwas nicht mitbekommen. „Die Mauer“ stand auf dem Programm, ARD, 20.15 Uhr, weil ich Herrn Ferch sehr gerne sehe und auch Inka Friedrich mit ihren wunderbaren Rehaugen so mag. Die essenzielle Frage des MamS gegen Ende des Films: „Schafft er’s noch?“. Ich erwiderte, das sei ein Film der ARD und bei den Öffentlich-Rechtlichen gäbe es ausnahmslos ein Happy End, immer, und bei deutschen Filmen erst recht. Erstaunt durfte ich zur Kenntnis nehmen, dass „Die Mauer“ eben kein glückliches Ende nahm, Paule die Flucht aus dem Ossi-Haus auf Wessi-Grund nicht gelang, weil Gaffer gar zu offensichtlich auf das Fluchtfenster starrten und die Vopos aufmerksam wurden. Ich kann mich bewusst an keine deutsche Produktion erinnern, die so unhappy endet und das ermuntert mich, öfter mal wieder bei den GEZ-Kassierern zu gucken.

Ad 2.)
Ein Relikt aus scheinbar längst vergangenen Zeiten ist mir heute mal wieder in die Hände gefallen, in diesem Fall der Rückumschlag zu einer Umfrage des Autobauers unserer Wahl, auf dem rechts oben im Briefmarkenkästchen steht: „Bitte frankieren, falls Marke zur Hand.“ In meinem ganzen Leben habe ich auf so ein Feld noch keine Briefmarke verschwendet, 1.) weil ich prinzipiell keine „Marke zur Hand“ habe und 2.) ich den Teufel tun und extra Marken kaufen werde. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es tatsächlich Leute gibt, die hier das Porto freiwillig auf den Umschlag pappen (selbst wenn sie gerade eine „Marke zur Hand“ hätten), weil ohnehin und klaglos der Empfänger zahlt, wenn der Brief/die Drucksache nicht frankiert ist. Diesen Jux könnte man sich sparen und gleich schreiben „Porto zahlt Empfänger“, wie schon verschiedentlich gesehen. Oder habt ihr hier etwa schon mal freiwillig gelöhnt?

Ad 3.)
Das Beste an dem heutigen Tag dürfte der Umstand sein, dass er bald vorbei ist. Die Katakomben waren heute mal wieder die Wiege des Bösen. Mit einem lendenlahmen Azubi hatte ich heute direkt das Vergnügen, der mir gleich um 7.00 Uhr eröffnete, dass er wegen eines Leistenleidens nicht schwer heben dürfe und selbstverständlich traf gerade heute tonnenschwere Ware ein, die ich zunächst, vertrauend auf ein starkes Rückgrat und die halbwegs ausgebildete Muskulatur, allein herumwuchtete. Mein Tisch-Visavis, die dicke Linda, bat ich nur einmal um Hilfe. Als sie mit mir ein, gefühlt, zentnerschweres Paket auf die Palette zerrte, zogen mir ihre pestilenzialischen Körperausdünstungen in die empfindlichen Nüstern und ich wünschte, ich hätte jemand anderen gefragt. Linda ist unglaublich fett. Sie kann kaum laufen, sie schwankt hin und her wie ein Sumoringer und hebt dabei abwechselnd die Beine, um vorwärts zu kommen. Ihr Geruch lässt sich einordnen zwischen ungewaschenem Intimbereich, permanentem Pups und nassem Schweiß unter synthetischer Kleidung. Außerdem halte ich sie für ein hinterlistiges Aas, das heute versuchte, einen von ihr geschossenen Bock in meine Sneakers zu schieben, was ich beim zuständigen Höllenfürsten aber umgehend klarstellte. Der lendenlahme Azubi gab mir am Nachmittag auch noch eine Info, die ich blöde Kuh ohne nachzuprüfen übernahm, die sich aber dann als falsch herausstellte. Sein „Tut mir leid, dass ich Sie jetzt mit dem Problem alleine lassen muss, ich habe jetzt betrieblichen Unterricht“ klang ehrlich, half mir aber nicht weiter und den restlichen Tag versuchte ich, die Fehlbuchung nachzuvollziehen und zu korrigieren, was meinem Brummschädel noch verstärkte. Ich kann von Glück reden, dass ich mit Linda nur alle paar Wochen das zweifelhafte Vergnügen einer Zusammenarbeit habe. Ich wüsste nicht, was ich täte, wenn das die Regel wäre. Wie sagt man jemandem, der einem auch noch unsympathisch ist, dass er stinkt?

Gottlob hatte Hank seine Hausaufgaben schon geschafft, als ich heimkam, so konnte ich mich beim MamS erst mal gehörig auskotzen. Dixie ist noch immer unterwegs mit dem aktuellen Herzbuben, was später noch zu Diskussionen führen wird, wenn ich mir ihre Hausaufgaben (die sie wahrscheinlich noch nicht gemacht hat), zu Gemüte führe.

Das

Fremdwort des Tages,
mefitisch

bedeutet „verpestend“ nach der Herrscherin der Schwefelquellen namens Mephitis. Und jetzt weiß ich mit letzter Gewissheit, dass die Katakomben doch der Vorhof der Hölle sind …

Euch einen aromatischen Abend wünscht
moggadodde

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

8 commenti su “Einmal Hölle und zurück

  1. morgiane sagt:

    oooh…ich weiß was du meinst. führe hier einen kampf mit dr dance, der meint sneaker und schweißfüsse wären total männlich…wobei ich bei jeder geox-reklame ihn ermahne, dass es uns bald genauso ergehen wird wie den armen schuhmief-opfern im spot…sollte also über mehrere tage kein lebenszeichen von mir kommen liege ich im mephitischen koma…

  2. Georg sagt:

    Zu Ad 2 und Ad 3 kann ich nix sagen, da ich bei Ad 1 schon nach 10 Minuten eingeschlafen war und erst danach, bei der neuüblichen Modulationserhöhung der Werbespots für kommende ARD-Beiträge, erschreckt aufgewacht war.
    Aber immerhin, kein Happy-End, das hat in der Tat schon was.

    Viele Grüße

  3. Anne sagt:

    Zu Ad 1: Habe den Film leider/zum Glück auch nicht gesehen, aber ich bin durchaus Liebhaberin von Nicht-Happy-Ends. Die regen mich vielmehr zum Nachdenken an als wenn ich mit einem Seufzer feststelle, daß der Film ja doch noch gut ausgegangen ist.

    Zu Ad 2: Ich habe auf derlei Umschläge auch noch niemals in meinem Leben eine Marke geklebt … und werde es sicher auch niemals tun.

    Zu Ad 3: Da hast du im Nachhinein noch mein vollstes Mitgefühl.

  4. bt sagt:

    Kein Happy-End? Nix für mich! Das Leben dreht schon genug Filme ohne Happy-End.

    Vielleicht sammelt ihr zum nächsten Jahrestag der Dame. Für einen kleinen Präsentkorb mit Hygieneartikeln sollte es reichen.

  5. socki sagt:

    Zu Ad 1 kann ich nur sagen, daß mich Filme ohne Happy End immer mit einem Gefühl des koitus interruptus zurücklassen. Ganz selten ist mal einer dabei, der auch ohne Happy End auskommt.
    Ich habe im Übrigen aus Prinzip keine Marke zur Hand. Mein Gatte will da immer eine draufkleben und ich muß ihm dann den Brief regelrecht aus der Hand reißen und mich höchstpersönlich um den Einwurf kümmern sonst klebt er heimlich doch noch eine drauf.
    Zu Ad 3: Vergiß es! Selbst mit so netten Geschenken wie einem Deo oder Duschgel kriegt man das solchen Leuten nicht beigebracht. Du mußt es direkt sagen und drauf gefaßt sein, daß die Dame tödlich beleidigt ist. Ansonsten mußt Du drauf hoffen sobald nicht mehr mit ihr zusammenarbeiten zu müssen.

  6. barbara sagt:

    es gibt nichts Schlimmeres als Geruchsbelästigung durch Menschen. Schwierig, schwierig…wie sagt man es?

    Den Film hab ich auch gesehen. Ich mag es zwar lieber mit happy- end, andererseits ist es gut für den Tränengang, der sonst vielleicht irgendwann verstopft oder sich verengt.
    Outing: Barbara ist ne Heulsuse

  7. moggadodde sagt:

    @ morgiane: Die Hygienediskussionen sind mit Dixie zumindest zu einem erfolgreichen Abschluss gekommen. Inzwischen muss ich sie zeitweise sogar davon abhalten, sich zweimal am Tag die Haare zu waschen …

    @ georg: Modulationserhöhung für die Werbepause? Ich bin wahrscheinlich schon abgestumpft und höre das gar nicht mehr. Allerdings fahren die Privaten hinsichtlich Werbeweckruf viel lautere Geschütze auf, finde ich. Da ist die ARD noch moderat.

    @ anne: Ich mag schon auch happy ends, aber, blöd ausgedrückt, finde ich einen mit unglücklichem Ende irgendwie „wertvoller“. Ich finde jetzt kein anderes Wort, vielleicht verstehst du auch so, was ich meine. Was ich gar nicht mag sind Filme „mit ohne Ende“, wo ich mir dann selbst aus den Fingern saugen muss, wie es weitergegangen wäre. Hasse ich, das.

    @ bt: Ich weiß ja, dass du auf happy endings stehst und mit dem Einwand, dass das Leben schon unhappy genug ist, hast du im Prinzip Recht. Glückliche Ausgänge finde ich auch akzeptabel (wenn der Film gut war). Aber ein schlechtes Ende spiegelt das wahre Leben doch noch viel besser, meine ich.
    Und der Präsentkorb sollte vielleicht vom Ausmaß her eher an den Korb eines Heißluftballos herankommen … Das wird teuer.

    @ socki: Auch der MamS hat Skrupel, wenn er einen solchen Brief unfrankiert wegschickt, aber er tut es inzwischen.
    Ich glaube auch, dass Geschenke hier nicht helfen. Ich hatte früher mal eine Azubine, die auch so fürchterlich roch. Irgendwann hielten wir es nicht mehr aus und ich nahm sie beiseite und sprach sie darauf an. Natürlich war sie entsetzt, dass ich ihr so etwas vorwerfe und mit hochrotem Kopf ließ sie mich stehen. Sie roch dann nicht mehr so sehr, aber doch noch etwas, obwohl sie mehrmals am Tag sehr lange im Bad verschwand. Gut verstanden haben wir uns aber nie mehr, aber nach der Ausbildung musste sie ja eh gehen. Aber die Linda ist da schon sooo lange und wird sicher auch mich überleben. Wie du schon sagst, ich hoffe auf für mich günstige Dienstpläne.

    @ barbara
    Ich bin auch eine Heulsuse, absolut, und muss mich sogar beim „König der Löwen“-Zeichentrickfilm zurückhalten, als Simbas Papa Mufasa von der Büffelherde plattgemacht wird. Oder als das Schweinchen Babe am Ende die mörderisch schwere Hundeprüfung schafft, oder als Jack mit blaugrauem Gesicht in den eisigen Fluten der Arktis versinkt usw. usw. Heul … Insofern sind auch meine Tränenkanäle immer gut gereinigt 🙂

  8. […] Von meiner anrüchigen Katakombenkollegin hatte ich ja schon berichtet. Nun hatte ich gestern nicht direkt mit ihr das zweifelhafte Vergnügen, sondern wir standen getrennt durch eine zwei Meter hohe Kistenwand Rücken an Rücken. Schon am späten Vormittag bahnte sich ein höchst unangenehmer Geruch zu mir herüber und jedes Mal, wenn ich mich umdrehen musste, um eine Kiste herunterzunehmen, sah ich auch die Quelle der Geruchsemission, die Frau , die sich wie ein weiblicher Sumoringer bewegt und aussieht wie ein Blauwal beim Wiedereintauchen in die kalte See, wenn sie sich bückt. Früh am Morgen bot sie mir die Walfrau selbst gemachte, gebrannte Mandeln an, die ich mir für später aufhob, sie dann aber nicht mehr hinunterbrachte. Ich flüchtete zur lieben Kollegin M., und klagte, dass ich mir da hinten gleich mein Frühstück wieder ansehen könnte. M. wusste sogleich, wovon ich sprach: „Gell, die S. stinkt heute wieder?“ fragte sie und ich nickte wortlos. Mit niemandem hatte ich bisher über die stinkende S. gesprochen und nun berichtete M., eine liebe Frau in den 50ern, dass es in der Vergangenheit bereits einige Beschwerden über S. gegeben habe, eben wegen des pestilenzgleichen Körpergeruchs. Sie erzählte, dass schon einmal eine Kollegin zur Personalindianerin gegangen und ihr die Misere berichtet habe. Kurzzeitig habe sich das Problem gebessert, dauerhaft aber leider nicht. Trotz des Umstandes, dass sie oft stinkt wie ein zu lange gelagerter, bald selbständig werdender Harzer Roller, finde ich, dass das Problem zunächst direkt angesprochen werden sollte. Nun ist es also wirklich an mir, das Gespräch zu suchen, ich will niemanden vorschieben, der das für mich erledigt. Ich MUSS die richtigen Worte finden, um ihr zu sagen, dass sie einen Körpergeruch an den Tag legt, der mich von der Arbeit ablenkt, vollkommen ekelhaft ist und mich überdies beinahe zum Kotzen bringt. Im Inneren ihrer vernachlässigten Hülle ist die Walfrau aber ein netter Mensch, was die Angelegenheit ziemlich erschwert. Zu allem Überfluss war sie gestern redselig, und berichtete, dass ihre Mutter, um sie zu überlisten, den zu ihrer Zeit wahrscheinlich obligaten Lebertran aufs Brot träufelte und darauf Marmelade schmierte, in der Absicht, das widerspenstige Kind zu überlisten. Ich meine, das sind Kindheitstraumata, die sich vielleicht auch in den Körperzellen manifestiert haben und jetzt komme ich und sage: „Du stinkst!“? […]

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