Knutschkugel

Halb freiwillig wurde ich gestern Ohrenzeuge, als Dixie mit schmatzenden Küssen vor der Haustür von ihrem aktuellen Liebesknochen Abschied nahm (sehr sympathisch das Bürschle übrigens und mit erlesener Höflichkeit gesegnet, wenn auch natürlich viel zu alt). Ich spürte auch gleich ein bisschen Wehmut und erinnerte mich an vergangene Zeiten, als ich in ihrem Alter war, mich selbst knutschenderweise in dunklen Hausfluren herumdrückte und dafür nicht selten von meinem Vater eine Maulschelle kassierte, zur Unterstreichung seines Bestrebens, mich auf tugendhaftere Pfade zu geleiten.
Zugegebenermaßen spürte ich auch einen winzigkleinen Stich in meinem Innersten, glaube aber nicht, dass es sich um Neid handelt. Neidisch zu sein auf die eigene, halbwüchsige Tochter wäre ja auch ein Charakterzug, der einer Mutter nicht gut zu Gesicht stünde, zumal es nicht viel gibt, auf das man neidisch sein könnte. Die gleichgeschlechtliche Konkurrenz ist heutzutage sehr viel zahlreicher und um Risiken wie AIDS, Hepatitis B oder Gebärmutterhalskrebs haben wir uns früher auch keine Gedanken machen müssen.
Nostalgische Gefühle beschleichen mich vielmehr wenn ich sehe, wie meine Tochter mit der gleichen Leichtigkeit, Unbekümmertheit und diskreter Hartnäckigkeit wie ich selbst sie früher hatte, auf Partnerpirsch geht.

E cosí
Non è un caso che ci ritroviamo ancora qui
È una serata particolare
E non potevi mancare tu
Qui sotto un mucchio di stelle
Qui lo scenario che c’é
É perfetto insieme a te

Den “Nostalsong” von Herrn Ramazotti habe ich mir deshalb heute gleich des öfteren hintereinander angehört, enorm schmachtvoll ist er, sehnsüchtig und ein bisschen gedrückt, weil er sich an diesen speziellen Abend erinnert, an dem er mit einer gegangenen Liebe unter den funkelnden Sternen saß.
Auf der einen Seite bin ich froh, mich seit einer ganzen Weile nicht mehr in diesem Liebeslabyrinth auf der Suche nach einem passenden Paarungspartner durchboxen zu müssen. Auf der anderen Seite haben die heimlichen, drängenden Küsse in einem unbeleuchteten Hausflur doch immer am besten geschmeckt.

Euch einen gefühlsechten Tag wünscht
moggadodde

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

8 commenti su “Knutschkugel

  1. markus sagt:

    halb freiwillig? ;o)

  2. Nordlicht sagt:

    Ich glaube jeder schmachtet nach dieser Zeit, oder? Wer mochte es nicht mit seiner oder seinem Angebetetem in dunklen Ecken zu stehen und zu knutschen?

    Auch wenn Dixie ihr Liebesknochen schon eine Latte älter ist, wenn er Anstand hat dann ist es doch eine gute Basis. So musst Du ihn als mögliche Schwämu nicht erst noch erziehen zur Höflichkeit….

  3. Georg sagt:

    Und alles irgendwie immer draußen. Bei Wind und Wetter. Oder in leerstehenden Gebäuden oder natürlich bei den wöchentlich stattfindenden Feten in diversen Kellern. Jedenfalls die Liebste mit nach Hause aufs Zimmer zu nehmen, auf die Idee wäre ich unter 17 erst gar nicht gekommen. Aber vielleicht macht gerade das den Zauber im Nachhinein aus.

  4. moggadodde sagt:

    @ markus: Es hat aber auch wirklich ziemlich laut geschmatzt 😉

    @ Nordlicht: Ach, der Wind wird vielleicht noch einige Fundstücke vorbeitragen … Auf alle Fälle waren schon andere Kaliber dabei …

    @ Georg: Bestimmt wegen der Eltern oder sonstigen Aufsichtspersonen! Wir wollten uns das doch nicht zerreden lassen.
    Vielleicht war auch einfach deine Bude derart ähhh, reinigungssbedürftig, dass du deiner Liebsten das ersparen wolltest 😉 ?

  5. morgiane sagt:

    Bei mir war es schon luxuriöser….meine Freunde waren motorisiert und das erlaubte wahre Abschiedskußorgien bei jedem Wetter…
    Dafür gab es dann als ich 19 war von meinem Papa die Weisung, als er mit meiner Ma übers Wochenende weg war, dass mein großer Bruder die schon längst verlorene Jungfernschaft bewachen sollte, sprich, die beiden schlafen auf gar keinen Fall im gleichen Zimmer….
    Was meinen Ex-Mann und mich dann doch herzlich wenig gestört hat….aber so ist das mit der Liebe, die wirklich schönen Erinnerungen bleiben…

  6. moggadodde sagt:

    @ morgiane: Naja, bei mir sind die hässlichen Erinnerungen schon auch hängen geblieben – die Schmach z.B., als einer der Angebeteten verlangte, ich müsse den Tanz aus Saturday Night Fever können. Ich lernte ihn und er erhörte mich trotzdem nicht 😉
    Mit 19 wurdest du noch bewacht? Oh, und ich dachte, meine Eltern wären streng gewesen 🙁

  7. barbara sagt:

    was waren das doch für aufregende Zeiten.

  8. moggadodde sagt:

    @ barbara: Na, du hast es doch jetzt auch wieder aufregend, oder? 😀

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