ありがとう

„Mit Euch macht Einkaufen keinen Spaß“, nölt der kleine Hank und schiebt den Wagen weiter, während ich mich ins Regal mit den Süßstofftabletten vertiefe, um das günstigste Angebot zu finden. 1500 Stück für 4,99 € oder doch die 1200 zu 3,49 €? Das Beherrschen der Dreisatzrechnung ist beim Einkaufen ja so wichtig wie der Docht für die Kerze.

Hanks Gemecker ignoriere ich gekonnt und betrachte inzwischen die Nutella-Gläser verschiedener Größen und natürlich auch Preise. „Echt ey, nimm halt einfach eines!“, drängelt er. „Geduld!“, mahne ich, „Weißt, ich verdiene mein Geld durch härteste Knochenfron in den finsteren Katakomben und da ist es mir nicht scheißegal, wenn ich dem Herrn Ferrero für seine Haselnussklebe auch nur einen Cent mehr bezahle, als ich muss“, meckere ich zurück. Angenervt bin ich vielmehr von so viel Unachtsamkeit erarbeiteten Geldes gegenüber, typisch für einen jungen Mann, der schon in der Ausbildung nicht schlecht verdient und auch ansonsten keine gesteigerten Probleme hat.
Er ist an der Reihe mit der Bezahlung des Wochenendeinkaufs bis zum Limit von 100 € und er erwartet, dass ich dafür unbesorgt einkaufe, was für ihn bedeutet, ohne Preisvergleich und nach Lust und Laune das Begehrte in den Wagen zu legen, was für mich natürlich überhaupt nicht in die Papiertüte kommt.

Daheim führen wir noch eine tiefer gehende Diskussion darüber, innert deren ich ihm trübe Aussichten ausmale, sollte er dereinst komplett in finanzieller Eigenregie sein Süpplein kochen. Er entgegnet, dass ich die Centfuchserei beim Einkaufen ganz einfach vermeiden könnte, rauchte ich überschlagsmäßig eine Schachtel Zigaretten weniger in der Woche und ich werfe zurück, dass der Vergleich ja wohl hinke wie ein fußamputiertes Pferd und ich hasse es plötzlich, einen schlagfertigen Sohn zu haben.

Wir machen hervorragende Pizzabrötchen mit mittelteurem Schinken und mittelteurer Salami und ich fühle mich ein bisschen schlecht, weil wir dem kleinen Hank offenbar weder irgendwelche Grundkenntnisse der Betriebswirtschaft, noch gesunder Sparsamkeit beibringen konnten und konstatiere, dass es nicht ausschließlich eine Frage der Erziehung ist, weil Dixie beispielsweise trotz gleicher Edukation durch ihre anfangs fast ausbeuterisch zu nennenden Arbeitsverhältnisse völlig ins Gegenteil driftete und eine fast an Geiz grenzende äußerst sparsame Geldausgabepolitik verfolgt. Da, wo sie knausert, lässt der kleine Hank es krachen. Da sollten wir vielleicht noch einmal nachjustieren, bevor er auszieht.

Andererseits ist Großzügigkeit ja eine Eigenschaft, die in diesen Zeiten ja nicht mehr allzu häufig anzutreffen ist. Geben, ohne eine Gegenleistung zu erhalten oder einfach aus Nächstenliebe oder Dankbarkeit: Die Geiz-ist-Geilisierung ist eingezogen und wird betoniert durch Engherzigkeit und Neid auf die, die vermeintlich mehr haben. Und ja, großzügig ist er, der kleine Hank, nicht knausrig bei Geschenken für uns und seine Freunde und bei Trinkgeld im Restaurant.

Wertschätzung für die Arbeit anderer, unterstützt durch das Wissen, dass ein Großteil der angedienten Leistungen niedrig entlohnt und oft unter unfreundlichen Verhältnissen im Hintergrund erbracht wird, ist immens wichtig. Für jeden Menschen. Zumindest das hat der kleine Hank von uns annehmen können.

Genau deshalb habe ich eben einen Umschlag mit einem Scheinchen und ein paar lieben Worten an den Briefkasten geklebt, um dem Menschen, der die Zeitung seit Monaten pünktlich und unzerrissen liefert, Dank zu sagen, wie ich auch dem Postzusteller heute eine Karte mit Geld überreichte. Immer gut gelaunt, nie ungeduldig und meinen ungekämmten, ungeschminkten und schlafanzugösen Aufzug diskret übersehend verdient auch er Dank für seine tägliche Leistung.

Nur ein klein wenig mehr Anerkennung, Respekt und Achtung für die uns umgebenden Menschen und die Welt wäre ein ganz großes Stückchen besser. Aber so weit wird es ja leider niemals kommen.

Hui, nun schwoff ich aber weit ab. Der kleine Hank hat heute übrigens wieder eingekauft. Er ist ein großer Verehrer der japanischen Reisrollen und zaubert Sushi an Weihnachten, und zwar für die komplette Familie. Das ist ganz schön aufwändig, aber er kann das wirklich gut, er gibt sich große Mühe und nimmt mir so ziemlich viel Arbeit ab.
どうもありがとう, kleiner Hank!

Eine fruchtbare Nacht wünscht
moggadodde

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert