Optimist!

Einer der ersten Griffe des Tages gilt dem Mobiltelefon, da macht auch der Sonntag keine Ausnahme. Immer mal wieder sonntags erreicht mich eine Nachricht der Lottogesellschaft, so auch heute:

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Ich spüre ein kurzes Zucken im Herzmuskel. Der Puls beschleunigt, jegliche Benommenheit auf der Schwelle von Schlaf- zu Wachzustand ist mit einem Wimpernschlag weggewischt.

Der Gewinnspielsystemadmin hat die Sache so eingefädelt, dass der Kunde bei jeder Art von Erlös benachrichtigt wird. Das heißt, egal ob Zweifuffzich, Zweihunderfuffzichtausend oder zwei Millionen: Diese Mail sieht immer gleich aus und man erfährt nach Öffnen dieser ersten Mitteilung ausschließlich die Art der Gewinnklasse. Erst am Montag wird die Quote ermittelt und der tatsächliche Betrag in einer neuen Mail genannt.

Es muss nicht erwähnt werden, dass eine nennenswerte Summe noch nicht dabei war, nichts jedenfalls, was den Gegenwert eines Kastens ordentlichen Biers exklusive Pfand überstiegen hätte. Aber, hey, es heißt doch Glücksspiel! Irgendwann kommt es doch, das Geldglück, und vielleicht versteckt es sich ja hinter dieser Mail?
Sitze ich nächste Woche mit einer Flasche Veuve Schlaquemischtot am Strand des Sehnsuchtsorts Sansibar? Gründe ich im nächsten Monat eine El Silbo-Schule mit Tonstudio auf La Gomera? Reicht’s für den Flugschein und ein Maschinchen, meinetwegen aus zweiter Hand? Oder verrate ich gar nichts und male mir die verblüfften Gesichter meiner Erben bei der Testamentseröffung aus?

Ich liege also im Bett und genieße das Prickeln dieses aufregenden Augenblicks zwischen Erwartung und Wahrheit. Schiebe den Moment noch ein wenig hinaus. Noch ein bisschen. Dann klicke ich auf die Mail, anhand der Gewinnklasse kann ich ja wenigstens annähernd die Höhe des Gewinns erkennen.

Was soll ich sagen? Diesmal ist sogar ein Kasten Bier plus Pfand drin. Geld hin, Geld her: Glück ist ja schließlich keine Frage des Kontostandes, und jetzt kann ich riechen, dass der MamS schon Kaffee gekocht hat und höre, dass er den Frühstückstisch deckt und das ist für den Moment Glück genug.
Aber die nächste Nervenkitzelmail wird kommen. Und dann wird es wieder ganz genauso sein.

Einen reichen Sonntag wünscht
moggadodde

Rummelfahrtskommando

„Wenn ich das fahre, bin ich morgen krankgeschrieben!“, sagt der MamS und deutet auf ein Fahrgeschäft, dessen Krakenarme jeweils drei nebeneinander angeordnete Polstersitze in halsbrecherischen Schleifen und ebensolchem Tempo durch die Lüfte wirbelt. „Ich auch“, antworte ich. „Komm, lass uns Tickets kaufen!“, schlage ich vor und diese kleine Episode zeigt, wie es um unser beider Arbeitsmoral momentan bestellt ist. Kein Maulwurf könnte tiefer gründen. Aber das nur am Rande.

Drei ähnlich spektakuläre Schwindelbetriebe sind auf der Laurenzi-Messe unmittelbar nebeneinander platziert und jeder einzelne versucht, die anderen musikalisch zu übertreffen. Der ohrenbetäubend laute Klangbrei scheppert aus mannshohen Lautsprechern und wie das fahrende Volk dieses Tonferno tagein, tagaus ohne Gehör- oder Hirnschäden überstehen kann ist mir ein Rätsel. Bestimmt Ohropax. Es muss Ohropax sein.

Bei den Halswirbelfolterern sind die Poser zu finden, die sich in ärmellosen Shirts gegenseitig in die Seite knuffen und der Feigheit zeihen, und auch beim Autoscooter ist alles wie immer. Hier treffen sich die coolen Chiller, sie wippen zur Musik, bandeln an, flirten. Blicke fliegen hin und her und nur wenn der Chef den Trockennebelknopf drückt, ist man kurz unbeobachtet. Ich kann mich noch gut an das eigene Bauchkribbeln beim Autoscooter erinnern. Heute ist es nur der Magen, der mit Volksfastfood gefüttert werden will. Gebrannte Mandeln und immer die Angst, dass die Kronen nicht halten? Sie halten.

Abseits des Messetrubels hat der nahe Main aber seine ganz eigene Anziehungskraft.

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Im Rücken Schreie, Blasmusik, Ansagen, Zugeproste, ein Typ, der sich gerade ins Gras erbricht und vor einem fließt ruhig das Wasser. Ein paar Schritte, eine andere Welt.

Einen erholsamen Abend wünscht
moggadodde

Warmblüter

Eigentlich bin ich ganz und gar kein neidischer Mensch, aber gerade jetzt im August fällt es mir ein bisschen schwer, gönnen zu können. Mein Urlaub liegt fast 8 Wochen zurück und er war großartig. Aber gefühlt fährt gerade JEDER weg. Schottland. Kroatien. Gardasee. Holland. Spanien. Griechenland. Facebook spült Angebote der herrlichsten Sonnenziele in die Timeline, während ich nach ein paar Wochen schon wieder über dringende Urlaubsreife stöhne. Die Katakombenmaloche geht mir gerade unbeschreiblich hart auf die Eierstöcke Knochen und der hiesige, tageweise stattfindende „Sommer“ tut mit seiner Sparkassendosierung sein übriges. Aber wenn ich kann und sie scheint, die Sonne, bin ich draußen. Ich werfe Abendessenpläne über Bord und bin, ja, durchaus egoistisch: Die Lieben sind schon groß und wissen auch, wie man einen Kühlschrank öffnet oder wie ein Herd funktioniert. An freien Sonnentagen findet man mich im Freibad oder im Garten, wo ich auf einer Liege dösend auch noch den letzten Strahl zu absorbieren suche.

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Eine leichte Brise weht über sonnenwarme Haut, das Alibibuch parkt auf dem Bauch und darüber blitzt blauer Himmel: Einige solcher Stunden und der Moggakku hält wieder ein paar Tage durch.

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Viel früher als mir lieb ist, wird das, was sich in Deutschland heuer „Sommer“ schimpft, vorbei sein. Alle Tomaten werden geerntet, jede Brombeere gefuttert

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und ich werde wieder bleich sein wie ein nicht fertig gebackenes Brötchen. Je älter ich werde, desto mehr brauche ich Wärme und Sonne. Wäre ich eine Pflanze, so wäre ich eine, die wenig Pflege braucht und mit großer Hitze und starker Sonneneinstrahlung bestens zurecht kommt. Ja, wäre ich eine Pflanze, wäre ich wohl eine Fetthenne. Und damit fällt die Katze wohl auf die richtigen Füße.

Einen sonnigen Sonntag wünscht
moggadodde

#Nolympia

In zwei Tagen beginnen in #Rio die #OlympischenSpiele, in diesem #Sommer neben der Fußball-Europameisterschaft DAS #Ereignis, bei dem #Sportler aller Herren Länder vor den Augen der ganzen #Welt um #Goldmedaillen kämpfen. Der ganzen Welt? Nein. Ein kleiner, unterfränkischer Haushalt trotzt dem Moneten-Megaspektakel, das der IOC genauso ausquetscht wie einen Blutbeutel von Dr. Fuentes.

Es wurde und wird so viel gesagt über diese Veranstaltung, deren Teilnahme zum Höhepunkt eines Sportlerlebens stilisiert wird, dabei sind die Athleten inzwischen nur bedauernswerte Statisten in einem Schauspiel, das bestimmt wird von profitgierigen Sponsoren, skrupellosen Trainern und profilierungssüchtigen Funktionären. Im Moggadodde-TV wird es also keine Spiele geben, wenn es nach mir geht, zumal sich Teile des hiesigen Haushalts nicht wirklich für Sport interessieren.

Dixie so: Sag mal, dieses „Rumpfen“, ist das eine neue Sportart? Hab‘ ich noch nie gehört!
Ich so: ???
Dixie so: Naja, im Radio haben sie gesagt, dass jetzt nur die Rumpfmannschaft aus Russland zu Olympia darf.
Ich so: *Lachkrampf mit Schnappatmung*

Dixie interessiert sich also nur nicht besonders für Sport, sondern auch nicht besonders für Anatomie, aber ich konnte sie ja aufklären. Zum Spaß haben wir hier ein Wettspiel laufen, welche Nationalität in welcher Sportart beim Dopingtest zuerst auffällig wird. Der Einsatz beträgt 5 Euro, als Hauptgewinn winkt also eine kleine Geldspritze.

Vielleicht werde ich in der durch Boykott gesparten Zeit ein wenig zeichnen, auch wenn ich hier ziemlich talentfrei bin. Oder erkennt Ihr etwa, welche Sportart ich hier dargestellt habe?

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Jaja, schon gut. Vielleicht lasse ich das mit dem Zeichnen besser und versuche, doch wieder Schwung in den Blog zu bringen.

Eine spritzige Nacht wünscht
moggadodde

Scheibenkleister

Ein schönes Ossobuco soll es sein, am Freitag vor dem Viertelfinalspiel gegen Italien, und es traf sich, dass der Schlachtscherge diese Woche passendes Fleisch im Angebot hatte. Der MamS, den ich kürzlich nach jahrelanger Abwehrhaltung von der Schmackofatzigkeit des italienischen Schmorgerichts überzeugen konnte, übernahm die aufgetragene Bestellung von vier Kalbsbeinscheiben beim Metzger des Vertrauens, die er heute abholte.

„WAS ZUM HENKER IST DAS?“, entfuhr es mir, als der MamS die Tüte auf die Anrichte wuchtete. „Da ist was schief gelaufen!“, antwortete der MamS und schnaufte, denn die Tüte war schwer, was nicht wunderte, denn sie war randvoll. Ich erkundigte mich geschockt, was zur Hölle das bedeuten solle und schaute ungläubig auf sicher 20, jeweils ungefähr 3 cm dicke Fleischplatten.
„Ich habe vier bestellt!“, behauptete der MamS. „Vier was? Kälber?“, geiferte ich, fieberhaft überlegend, wieviel eingelagerte Eiscreme ich essen, wieviel Spinat ich kochen und wieviele Eiswürfel ich heute in Getränke geben müsste, um den kompletten Würzburger Schlachthof in den hiesigen Tiefkühlvorrichtungen verstauen zu können. Es sah gut aus für mich und sehr viele Getränke.

Wegen der begrenzten Kühlkapazitäten bot ich einen Teil der Nachbarin an, die dankend nahm. Den Rest portionierte ich in Tüten und gab sie dem moggaddoddischen Permafrost anheim. Es wird in naher Zukunft wohl verdammt oft öfter Ossobuco geben, fürchte ich.

Nach Rekonstruktion des Bestelldialogs stellte sich dann übrigens heraus, dass der MamS „Vier Kalbshaxen in Scheiben“ bestellte und insofern sowohl er als auch der Metzgerjunge irgendwie ein bisschen Recht hatten, was einmal mehr beweist, dass konkrete Kommunikation ganz besonders und gerade bei fleischlichen Fragen aller Art unumgänglich ist, wovon sich manche von uns gerne eine Scheibe abschneiden sollten.

Eine genüssliche Nacht wünscht
moggadodde