Reich-haltiger Sonntag

Der gestrige Tag war reich an Höhepunkten: Da gab es zuerst einmal die Sonne, die sich erstmals seit ein paar Tagen wieder hervortraute, da war der Stop-over-Besuch vom berühmten Herrn Aloisius, der leider recht kurz ausfiel, weil sein Fratermobil nicht fliegen kann und vorher stundenlang im dicken Verkehr stecken geblieben war.

Am Abend dann, nach dem sehenswerten „Borowski in Kiel-Tatort“ mit Axel Milberg zappte ich in die Fernsehpreis-Gala und kam gerade rechtzeitig um zu sehen, wie Herr Reich-Ranicki die Haute Volet des deutschen Televisionsbetriebs düpierte. Anfangs dachte ich, der Typ macht Scherze, er hat sich angepasst an das oftmals knöchelhohe Niveau der Fernsehlandschaft, durch die er ja immerhin auch sein „Literarisches Quartett“ etablieren konnte, knurrt ein bisschen rum und greift den Ehrenpreis ab. Aber Herr RR warf in seinem Glashaus kräftig mit felsgroßen Brocken, lobte arte und 3Sat, wollte mit dem „Blödsinn“ hier nichts zu tun haben, wollte sich nicht einreihen in den Kreis der Geehrten, weil er heute so viel „Widerwärtiges“ habe mit ansehen müssen und redete sich derart in Rage, dass ihn ein Hustenanfall beinahe niederrang.
Die Creme de la Creme, die bei seinem Auftritt noch stehend applaudiert hatte, geriet jetzt mehr zur sauren Sahne und warf sich pikierte Blicke zu. Der Alte da oben machte doch tatsächlich ihre Arbeit madig! Und dabei wollte man sich doch so schön feiern!
Gottschalk reagierte perfekt und nahm mit einem konsternierten „Er hat ja Recht“ und einem Gesprächsangebot mit den Großköpfen der Sender dem Großinquisitor den Wind aus den vorher zum Platzen aufgeblähten Segeln.
Ich mag Marcel Reich-Ranicki nicht gern als „Literaturpapst“ bezeichnen, unsere Ansprüche an Lesbares gehen vielleicht zu weit auseinander, er ist vorlaut und selbstherrlich, aber er ist ein blitzgescheiter Kerl und Intelligenz wiegt für mich immer schwerer als eine schöne Stimme oder ein perfekt modellierter Body, deswegen kann ich ihn trotzdem ein bisschen gut leiden.
Wer aber mit Bildung aus dem Premium-Segment ausgestattet ist mit ansehen muss, wie eine Sendung wie DSDS als „Beste deutsche Unterhaltungsshow“ und eine Produktion wie „Die Ausreißer“, in dem entlaufene Kinder wieder eingefangen werden als beste Dokumentationssendung gekürt wird, während zu allem Überfluss der unsägliche Atze Schröder seine unterirdisch peinliche und unkomische Plattheiten-Platte abspielen darf, dem muss der greise Kragen platzen! Klar wusste er, was ihn da erwartet – vor der Entgegennahme eines Preises wird sich sogar ein doch nicht allwissender Kritiker erkundigen, wes Geistes Kinder da sonst noch am Start sind, aber die pauschale Hinrichtung der gesamten Fernsehlandschaft halte ich doch für zu starken Tobak.

Danach, erst um 23.15 Uhr, lief im ZDF meine derzeitige Fernsehdroge, die süchtig machende dänische Krimireihe „Kommissarin Lund“. Sagenhafte 10 Teile bis zur Aufklärung des Mordes an einer Gymnasiastin, vielschichtig, sorgfältig, verwirrend, klug – so etwas habe ich aus deutscher Produktion noch nie gesehen. Für so etwas bleibe ich doch tatsächlich bis viertel nach 2 vor dem Fernseher und bereue keine Minute!
Nichts gegen manche „Tatorte“ oder „Bella Blocks“, aber 90 Minuten sind meistens zu kurz für Tiefgründigkeiten oder mehr als oberflächliche Charakterzeichnung.
Liebe Fernsehmacher und Drehbuchschreiber, nehmt Nachhilfe bei den Dänen und lernt: SO geht ein Krimi.

Euch einen spannenden Tag wünscht
moggadodde

No KlitschK.O.

Nach dem WM-Qualifikationsspiel nun also Boxen mit den Ukraine-Brothers. Ob
Doktor Eisenfaust gewinnt? Mir doch wurscht! Zugegeben, ich bin keine Freundin des Faustkampfs, das ist mir alles zu brutal und zu blutig und wenn Leute wie Frau Glas am Ring sitzen drängt sich mir die Annahme auf, dass sie gerade ein wenig im Karrieretief dümpeln und gesehen werden wollen. Zugegeben, Balboa mit Kunstblut war klasse, selbst Cassius Clay hatte einen Reiz, auch als er als Muhammad Ali von Larry Homes vermöbelt wurde. Da stellte man sich nachts sogar den Wecker – das tat aber damals fast jeder, jung und dumm, wie man war.
Heute läuft Klitschko zu den wunderbar anarchistischen „Hells Bells“ ein, einem Kampfsong, den ich als Einlaufhymne nur dem FC St. Pauli gönne und gibt den ultraharten Hund. Schon, die Klitschkos zahlen hier Steuern und sind auch sonst keine schlechten Kerle, wie man hört, trotzdem kann ich nicht warm werden mit ihnen und der Schreihals von Buffer geht mir ebenfalls auf die Eierstöcke, genauso wie RTL, das nach jeder Runde Werbung sendet, anstatt die Beschwörungen und Instruktionen der Trainer zu zeigen, was mich wenigstens ein bisschen an die Rocky-Illusion erinnern würde.
Boxen mag Sport im Zusammenhang von Bewegung und Reaktion sein, aber dem Gegner über 12 Runden auf die Zwölf zu hauen mit dem Ziel, ihn besinnungslos auf die Bretter zu schicken, ist für mich geduldete Körperverletzung, eine genehmigte Prügelei zweier privat krankenversicherter Irrer.
Ich würde ja auch nicht vor der Disco stehen und Beifall spenden, wenn sich zwei Typen gegenseitig die Fresse polieren, sondern die Bullen rufen oder versuchen zu schlichten!
Für mich ist Boxen nicht maskulin sondern meschugge und hat mit Sport genauso viel gemein wie Schach oder Zwergenwerfen.

Euch eine friedliche Nacht wünscht
moggadodde

Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss

Gerade bin ich meinen räudigen Rücken los, da habe ich mir gestern schon wieder etwas eingefangen. Beim Bücken über einen Karton, um einen anderen, nicht gerade leichten dahinter anzuheben, fuhr mir ein stechender Schmerz in den linken Oberschenkel, ganz kurz nur. Ich dachte nicht weiter daran, erst als ich im Auto nach der Kupplung treten wollte, spürte ich einen üblen Schmerz in einer Gegend, die ich mit „schamhafter Leiste“ beschreiben würde.
Am Abend gesellte sich noch ein Druckschmerz im linken Unterbauch dazu. Meine Selbstdiagnose lautet auf „Leistenzerrung“ und so werde ich mich die nächsten Tage nur chauffieren lassen können, weil jeder blöde Köter sein Bein besser heben kann als ich.
Den MamS habe ich jetzt gebeten, dass er mich doch bitte möglichst unauffällig um die Ecke bringen möge, was er aber wegen meiner unzureichenden Lebensversicherung ablehnte, Gierschlund der. Soll er mich halt ausstopfen und ausstellen oder an die Anatomie verhökern, damit ein paar zittrige Studenten zum Üben was anderes als tote Frösche unters Skalpell kriegen. Er könnte natürlich auch meine Organe verkaufen, irgendwas an mir wird schon noch verwertbar sein, Leber und Lungen mal ausgenommen, was der MamS ernsthaft bezweifelte, bis ich ihm mit dem Argument, neuwertige ungebrauchte Milchkanäle in meinen Brüsten zu haben, eines Besseren belehrte.
Jedenfalls nervt mich mein lausiger Körperzustand im Augenblick kolossal an und ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wie es ist, wenn nirgends irgendwas zwickt, zwackt, knirscht oder juckt. Langsam glaube ich, ich bin eine Oma, bevor ich Oma bin.
Ich geh’ jetzt mal ein oder zwei Tabletten einwerfen und folge dann dem MamS ins Bett. Mal sehen, was an mir sonst noch halbwegs brauchbar ist.

Euch eine schmerzfreie Nacht wünscht
moggadodde

Omama im Laden

Wenn ich zurückdenke, war noch vor wenigen Jahren war alles ganz einfach: Mädels unter 20 mit Kinderwagen waren entweder Babysitter oder schlecht aufgeklärt, wohingegen Frauen von etwa 20 bis 45 mit Krümelmonstern im Schlepp Mütter waren und jede über 45jährige Frau, die mit Babys unterwegs war deren Oma. Mit ein paar Ausnahmen war auf diese Regel ziemlich gut Verlass.
Das hat sich in den letzten Jahren schon gewaltig verändert allein durch die Tatsache, dass

a. bereits Teenager Kinder kriegen,
b. sich noch Frauen jenseits der 45 fortpflanzen wollen,
c. dass der Kinderwunsch ja heute sogar noch bis tief in die 60er funktioniert werden kann und
d. man sich sogar bei Herren mit Babys in puncto Verwandtschaftsgrad nicht mehr sicher sein darf und Vater, Opa und sogar Mutter sein könnte.

Klar, dass sich da keine Sau mehr auskennt, oder?!

Da war ich gestern schon ein bisschen verwirrt, als ich im Klamottenladen eine Bekannte traf. Elli ist nur wenig älter als ich und wir hatten uns bestimmt schon 5 Jahre nicht mehr gesehen. Während Dixie geschätzte 6 Fantastilliarden Kleidungsstücke mit zur Anprobe nahm, war Zeit für einen kleinen Schwatz auf der knallroten Wartecouch in der Damenabteilung bei C & A, die, mit Verlaub verehrter Herr Brenninckmeyer, schon reichlich durchgesessen ist.

Elli hatte sich kaum verändert bis auf die Tatsache, dass sie ein ca. 4 Monate altes Baby auf dem Arm trug, nicht als Tattoo, sondern in echt.

Nun schossen mir einige Möglichkeiten der weiteren Konversation durch den Kopf:

1. „Na, gell bist schon Oma!?“
Diese Ansprache erschien mir zu privat. So gut bekannt sind wir dann doch nicht und selbst wenn hätte sie sich möglicherweise beleidigt gefühlt. Ich bin ja schließlich kein Mensch, der auf anderer Leute Gefühle herumtrampelt.

2. „Duziduziduzi, wer bist du denn?“
Dabei hätte ich das Baby am Arm gekrault und komisch geredet in der Hoffnung, dass Elli mit der Auflösung herausrückt. Das fand ich aber dämlich und außerdem ziemlich durchsichtig.

3. „Sag bloß, du hast noch ein Kind gekriegt?“
Auch eine Alternative, aber damit hätte ich Elli zu verstehen gegeben, dass ich sie zu alt für ein weiteres Kind halte, was ich ja auch getan, ihr aber nicht erzählt hätte.

Ich entschloss mich kurzerhand für Möglichkeit

4. „Was für ein wahnsinnig hübsches Kind!“
Das erschien mir am unverfänglichsten und war nicht einmal gelogen, weil es sich wirklich um ein echt schnuckeliges Baby handelte. Elli, ob sie nun Mutter oder Oma wäre, würde sich geschmeichelt fühlen und im nächsten Satz die Lösung liefern. Tatsächlich schnappte sie nach dem Köder und berichtete, dass sie sich ja auch erst mit dem Gedanken anfreunden musste, jetzt schon Großmutter zu werden, aber jetzt sei es ganz in Ordnung für sie. „Schau ihn dir an! Ist er nicht ein Goldstück?“ fügte sie hinzu, mit einem Blick, in dem sich haufenweise großmütterlicher Stolz befand.
Wie bestellt fing der süße Fratz an zu brüllen und ich sagte lachend, das Beste am Oma-Amt sei ja bestimmt, dass man das Kind abgeben könnte, wenn es schreit oder stinkt, aber Elli lachte nicht mit, sondern verstaute ihren Enkel samt Schnuller im Wagen, wo er gleich wieder friedlich war. Im Stillen sendete ich eine Botschaft an sämtliche bekannten und unbekannten Götter, dass es bitteschön noch 10 bis 20 Jahre dauern möge, bis mich so ein kleiner Scheißer „Oma“ ruft.
Meine witzig gemeinte Ansage, dass ich Kinder ja schon mag, nur kein ganzes essen könnte, hat sie nicht verstanden, was ich ihrer unverständigen Miene ansah. Hoffentlich geht mir irgendwann als Oma nicht auch jeglicher Humor flöten.

Euch einen lustigen Abend wünscht
moggadodde

Hüftgoldener Herbst

Essen und Trinken, so sagt der Volksmund, hält Leib und Seele beisammen. Als besonders guter Klebstoff in herbstlich-stürmischen Zeiten hat sich im Casa Mogga die Miesmuschel erwiesen, die ab Oktober einmal monatlich auf den Tisch des Hauses kommt

und an diesem Wochenende erstmals in der neuen Saison auf dem Speiseplan stand.

Zusammen mit einem flüssigen Traubenendprodukt aus dem Stiefelstaat sind „Cozze al pomodoro“ ein nicht alltäglicher Gaumenschmaus und grundsätzlich genauso narrensicher herzustellen wie eine Tütensuppe, schmecken nur viel leckerer.
Sogar Hank, der im letzten Jahr muschelverzehrtechnisch nicht im ersten Glied stand, bediente sich mehrmals, was daran liegen könnte, dass diesmal die Niederlande als Heimat der Meeresfrüchte angegeben war (seit der EM ist er ja ein halber Oranje) und zu fünft vernichteten wir viereinhalb Kilo Muscheln, brutto natürlich.

Das lange Wochenende hat sich auch ansonsten hübsch auf die Hüften gelegt. Der hausgemachte Zwiebelblootz ist ebenfalls ein herbstliches must-have, den ich aus Faulheit Zeitgründen allerdings beim hiesigen Backhäuslesfest gekauft habe. An das dazugehörige prickelig-gärende Federweißer-Gelumpe allerdings werde ich mich wohl nie gewöhnen können. Allein beim Geruch von Bremser wird mir blümerant zumute, aber einem feinen Rotling gegenüber bin ich ja umso weniger abgeneigt.

Für den Rest der Woche habe ich deshalb einen gewissen Herrn Schmalhans in die Küche abkommandiert und demonstrativ die elektronische Diät-Waage aus dem Schrank geholt, denn Essen und Trinken können Leib und Seele leider nicht nur zusammenhalten sondern auch ganz schön auseinander gehen lassen.

Euch einen deliziösen Abend wünscht
moggadodde