Unter Verdacht

Gestern habe ich mich also gezwungenermaßen einmal wieder meiner hausfraulichen Pflichten erinnert und Wäscheberge, die mich an die Zugspitze erinnerten, abgearbeitet. Dixie ist im Rahmen ihrer Tätigkeit als Schulsanitäterin zu einer Fortbildungsveranstaltung mit den Johannitern in München. Nun hatte sie gestern früh schon wieder „kein Bock“, da mit zu fahren, weil da „voll die Spasten“ dabei seien und ihre „Leutz“ sich nun doch nicht angemeldet hätten. Angemeldet ist angemeldet, beharrte ich. Wenn jeder, der sich angemeldet hätte, am letzten Tag die Biege macht, weil er gerade unlustig ist, stünden die Ausbilder in München, hätten Unterkunft sowie Futter organisiert und könnten sich in den Arsch beißen, weil sie sich mit 5 Hanseln das Wochenende um die Ohren hauen müssen. Wenn sie hier bleiben wolle, müsse sie selbst höchstpersönlich in München anrufen und absagen, was sie natürlich nicht tat und jetzt Kurse besucht wie: „Psychologische Betreuung bei schwierigen Einsätzen“ oder „Praxistraining auf Erste-Hilfe-Niveau mit speziellen Notfällen in der Schule“. Nachdem sie erst morgen am späten Abend zurück erwartet werden darf, liegen zwei Tage ohne Geschwisterstreit und Schimpfworte vor uns und das ist eine schöne Aussicht, wie ich finde.

So leicht ich auf Stunk am Frühstückstisch auch verzichten kann, gehört zu unserem samstäglichen Frühstücksritual allerdings zwingend die Lektüre der Tageszeitung. Der MamS fährt jeden Samstag die Brötli ofenwarm vom einzig wahren Bäcker, der leider 15 km weiter sitzt, heran. Schwere Exemplare, mit dickem Innenteil, hell gebacken und ein Samstag ohne „Bäcker-Schäfer-Brötli“ ist kein richtiger Samstag. Das gilt auch für die Zeitung, nur passierte es jetzt das dritte mal in Serie, dass wir keine im Kasten hatten.
Die vergangenen Samstage dachten wir noch, ein Aushilfszeitungsausträger hätte die Zustellung verbockt und ich rief jedes Mal bei der Abobetreuung an, die uns per Kurier (natürlich erst am Nachmittag!) ein neues Exemplar brachte. Heute aber hatten wir eine, wenigstens kurz. Als der MamS nämlich wegfuhr, prangte sie noch dick im Briefkastenschlitz. Als er mit dem Frühstück wiederkam, war die Zeitung weg, geklaut. Gemeinerweise gestohlen. Hinterhältig gerippt. Hundsgemein entwendet. Der MamS schob schon wieder SOOO einen Hals wegen dem diebischen Drecksgesindel hier im Haus, pfefferte das dicke Bündel Werbewurfsendungen durch die Küche, die der dreckige Dieb natürlich nicht aus dem Briefkasten mitgenommen hatte und ohne Zeitung konnten die Schäfer-Brötli schmecken wie sie wollten. Samstagsfrühstück ohne Samstagszeitung ist Scheiße.
Wir müssen uns jetzt eine Strategie überlegen. Dass ein Passant die 15 m vom Gehsteig zum Briefkasten läuft, ausgerechnet unsere Zeitung rippt und weiterspaziert, halte ich für unwahrscheinlich, auch weil hier in der Straße relativ wenig Fußgängerverkehr herrscht. Der Dieb muss also hier im Haus sein und da gibt es nach meiner Ansicht nur 2 Kandidaten: Der eine, der Sektierer, war heute Nacht nicht da, hat also ein Alibi. Die anderen, Fuzzi und Babuschka unter uns, passen eher ins Raster und werden ab sofort verstärkt unter die Lupe genommen. Ich schlug vor, samstagfrüh die Zeitung mittels unauffälligem Edding-Strich zu markieren und stecken zu lassen und dann ganz unverfänglich vorstellig zu werden mit der Frage, ob ich mir denn die Zeitung mal ausleihen könnte, aber das ist ja vollkommen blöd, weil Fuzzi und Babuschka keine Abonnenten sind. Nächster Vorschlag war die Anbringung von Zauberpulver auf der Zeitung wie bei markiertem Lösegeld, die den Dieb mit leuchtender Gewissheit an den Händen entlarven würde. Aber woher bekomme ich dieses Zeug? Vielleicht aus einem Kinder-Detektiv-Experimentierkasten oder so? Bei der SpuSi kenne ich leider keinen. Ich könnte mich auch im Haus gegenüber konspirativ einmieten und mich dann mit Teleobjektiv observierend auf die Lauer legen. Irgendwas muss jedenfalls passieren. Und wenn ich die dreckige Sau den Dieb dingfest gemacht habe, erscheint mir die umgehende Entfernung eines Fingergliedes (wie in „Black Rain“) als keine zu harte Strafe. Ein Samstagsfrühstück ohne Samstagszeitung ist jedenfalls wie ein Eagles-Konzert ohne Glenn Frey.

Ich habe überdies den Verdacht, der MamS liebt mich nicht mehr. Eben musste ich selbst eigenhändig und höchstpersönlich mein Auto saubermachen und das gibt mir auch zu denken …

Euch ehrlich einen schönen Tag wünscht
Mrs. moggadodde Marple

Keine Kleinkunst

Schnell, schnell nur:
Gestern war ich im Bockshorn bei Urban Priol,

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der sich selbst einen „bayrischen Randbürger mit fränkischem Migrationshintergrund“ nennt und uns Franken richtig aus der Seele spricht.
Später vielleicht mehr. Bin heute in Wallung, auch weil Dixie heute wegfährt. Soooo viel zu tun und sooo wenig Zeit …

Der Plastikprinz

Das graue Ledersofa ist bequem aber ziemlich weich, ich sitze ganz rechts, den Ellbogen betont lässig auf die Lehne gelegt. Ich habe meine Beine übergeschlagen, so dass der Rock meines schwarzen Kostüms, der genau eine Handbreit über dem Knie endet, möglicherweise ein wenig zu hoch rutscht. Wie ich hier aufstehen soll, ohne dämlich auszusehen oder zuviel von meiner Unterwäsche preiszugeben, weiß ich noch nicht und ich wünschte, ich könnte auf einem Stuhl sitzen. Aber nun bin ich hier erst einmal in dem großen Büro des großen Bosses, mit einer Glasfront, so groß wie der Zuckerrübenacker von meinem Opa und Regalen, die sicher mehr bunte Plastikobjekte beherbergen als das Zentrallager bei IKEA. Rod telefoniert nach seiner Sekretärin und bittet um Kaffee für uns, den sie schon wenige Minuten später duftend in den Raum bringt. Mit einem Lächeln stellt sie meine Tasse auf einen kleinen runden Plastiktisch neben der Couch, bringt dann die Kaffeekanne zu Rods Schreibtisch, auf dem schon eine Tasse steht mit der Aufschrift „Ich bin hier nur der Arsch“ und verlässt dann sehr leise das Büro.
Ich bin hier zu einem Vorstellungsgespräch und damit eines klar ist: Ich WILL diesen Job.

Rod Laver, den Boss, habe ich im „Strings and more“ kennen gelernt, wo ich samstags und sonntags bei gedämpfter Musik hinter der Bar stehe und dem erlesenen, oft sogar prominenten Publikum die „Mint Tulips“ oder „John Collins’“ über den Tresen schiebe, während ich die Macher der nahen Börse beobachte, wie sie mit vollem Einsatz ihrer grandiosen Egos den kichernden, offenherzigen Schnepfen ins Cocktailkleid zu fassen versuchen. Oft müssen sie sich aber nicht sehr anstrengen. Einige Professionelle sind hier auch manchmal unter den Gästen, aber besonders häufig sitzt Mildred an meiner Theke, die ziemlich gefürchtet ist, weil sie sich von den betuchten Geldsäcken, die die anwesenden Frauen generell als verfüg- und somit bespringbar ansehen, nichts gefallen lässt. Erst letzte Woche hat sie sich derart heftig in den Genitalien eines besonders hartnäckigen Verehrers verkrallt, dass ihr Nagelstudio eine Sonderschicht schieben musste, um ihr neue, künstliche Nägel zu verpassen. Der Kumpel des Verehrers hat bei der Polizei zwar ausgesagt, der Typ habe Mil nur um Feuer gebeten und vielleicht hat sie auch etwas übertrieben reagiert, immerhin musste der Kerl in die Klinik. Aber so ist Mil, kompromisslos, eigensinnig, durchgeknallt und manchmal ziemlich gemein.
Sie war es auch, die mit Rod letzte Woche an die Bar kam und stellte ihn mir als einen neuen Bekannten vor, der im Zeitungswesen „unglaublich erfolgreich“ seine Brötchen verdiene. Sofort fingerte sie an ihm herum, purzelte beinahe vom Hocker bei ihren Bemühungen, ihm möglichst unverfänglich aber deutlich an die Oberschenkel zu fassen und wie zufällig immer wieder seine Schultern zu berühren. Diese Aktion war leicht zu durchschauen, zumal Mil aufgedreht kicherte und gegen ihre sonstige Art nicht Kette rauchte. An dem Typen schien ihr was zu liegen, weil sie die Männer sonst meist mit herablassender Miene und spitzen Sprüchen bedachte, was die Idioten aber nicht davon abhielt, ihr scharenweise wie läufige Hunde hinterherzuhecheln, was mich nicht wundert, denn Mil sieht einfach phantastisch aus und jedes Lebewesen, dem es gelingt, bei ihrem Anblick nicht zu erigieren, ist entweder schwul, eine Frau oder noch nicht erfunden.

Deshalb wunderte ich mich, als ich spürte, wie er immer wieder meinen Blick suchte, sich nach Kräften bemühte, Mils fordernde Hände und verzweifelten Konversationsversuche möglichst höflich zu parieren. Sie machte sich hier wirklich lächerlich, bemerkte es aber nicht einmal. Wegen ihres Aufsehen erregenden Angriffs auf den Mann in der letzten Woche hatte sie Hausverbot und bald kam Bert, der Chef aus seinem Hinterzimmer und beförderte sie mit sanftem Druck an die Luft, weil er nur ungern die Bullen im Haus hat und Mil hier seiner Meinung nach wirklich ein latentes Risiko für die öffentliche Ordnung ist. Zeternd versuchte sie noch, Bert zu bequatschen aber er ist ein Mann mit Prinzipien und kann ziemlich nachtragend sein. Mil ist schlecht fürs Geschäft, auch daran gibt es keinen Zweifel.

Rod und ich kamen ins Gespräch und er erzählte, dass er Mil die erfolgreicher-Zeitungsmann-Geschichte erzählt habe um bei ihr landen zu können und in Wahrheit habe er sich vor zwei Jahren als Kunststoffhändler selbständig gemacht, aber Frauen würden sich wohl lieber mit einem Zeitungsheini verabreden als mit dem „Plastikprinz“ und jetzt wusste ich auch, woher ich ihn kannte: In einer Zeitung hatte ich einen Bildbericht gesehen, in dem über die Verleihung eben dieses Titels durch die örtliche IHK berichtet wurde.

Er wollte wissen, was eine Frau wie ich hinter dem Tresen einer Bar wie dieser zu suchen hätte und ich klärte ihn auf, dass den fälligen Rechnungen egal sei, von welchem Geld sie bezahlt würden und leider habe sich mein teures Studium der angewandten Polymerwissenschaft noch nicht in klingende Münze umsetzen lassen. Ich sei halt einfach im falschen Jahrgang geboren, erklärte ich und zuckte mit den Schultern. Er sah mich überrascht an und sagte, dass die Kunststofftechnik nicht nur sein Beruf sondern auch sein Steckenpferd sei. Nun sprudelte er los: Er habe ein sagenhaftes Trainingsgerät entwickelt, das Frauen nicht nur bei gesundheitlichen Problemen Unterstützung biete sondern zudem in gewissen Stunden zur Entspannung verhelfe. Nur leider mangele es ihm an geeigneten Mitarbeitern, die ihn bei der Weiterentwicklung der Prototypen unterstützten. Ich als Frau mit Kenntnis von Kunststoffen wäre ganz sicher ausreichend qualifiziert für die Aufgabe, ihn hinsichtlich Materialwahl sowie Form- und Farbgebung zu beraten. Es gebe schon massenhaft Anfragen diverser Home-Shopping-Sender, einzelner Boutiquen und sogar medizinischer Kreise. Gleich morgen solle ich doch bitte in sein Büro kommen und grinsend setzte er nach, ich sollte nicht im Traum daran denken, ihn zu versetzen!

Auf den Job in der Bar war ich noch nie sonderlich scharf gewesen, deshalb sitze ich jetzt hier auf dem grauen Ledersofa und warte darauf, dass Rod zur Sache kommt. Ich freue mich darauf, mein gelerntes Wissen endlich praktisch umzusetzen und habe sämtliche Unterlagen über meinen hervorragenden Studienabschluss in der Tasche zu meinen Füßen. Entwicklung hochwertiger Kunststoffprodukte, OPEC-Statuten, Käuferanalysen, Zielgruppenforschung, alles kann ich aus dem Effeff.
Rod nippt an seinem Kaffee, öffnet den Wandschrank und stellt nacheinander beinahe andächtig fünf verschiedene Dildos, von denen einer sogar aussieht wie eine Gummiente, auf den lackierten Schreibtisch. Ich spüre, wie mir das Blut in den Kopf schießt, sich in den Ohren sammelt und es gelingt mir, verlegen zu fragen, was das nun solle. Ich bin schließlich gut ausgebildet und habe mich darauf eingestellt, die Forschungsabteilung für seine neuen Erzeugnisse aufzubauen, sage ich. Rod lächelt jetzt und sagt, er übertrage mir sogar die Leitung. Allerdings sei ich in der neuen Abteilung „Produkttest“ die einzige Angestellte. Ob mir das etwas ausmache?
Ich stehe auf, gehe langsam auf ihn zu und versuche mich daran zu erinnern, wie Mil ihren speziellen Griff bei dem armen Kerl ohne Feuerzeug angesetzt hat. Ganz plötzlich fällt es mir wieder ein …

THINK !

Zu berichten gibt es heute nichts besonderes, oder doch, Dixie erfreute mein gemartertes Mutterherz mit einer Note 2 in der Deutsch-Schulaufgabe (Aufsatz, Bilderreise) und einer Note 5 in der Religions-Extemporale, in der sie irgendwie die Sache mit den 10 Geboten nicht auf die Reihe gebracht hat oder wisst ihr, wieso der alte Moses seine Regeln auf verschiedene Tafeln schrieb? Sie erzählte, dass sie kurz überlegt hat, die Arbeit selbst zu unterschreiben, entschloss sich aber dann doch, den honorigen Weg der Ehrlichkeit zu beschreiten. Mit der Deutschnote erstickte sie geschickterweise meinen aufkeimenden Grimm bereits im Keim.

So Herrschaften, Hefte zu und einmal tief durchgeatmet, es gilt zwei neue Nüsse zu knacken!

Der Tag, der vor vorgestern lag, liegt drei Tage nach Samstag.
Welcher Tag ist heute?

Und für die Rechenfreaks:

Welche der Zahlen in der unteren Zeile passt zu den Zahlen in der oberen Zeile?

372 – 258 – 441
283 – 488 – 137 – 381 – 242

Die Leitungen sind wie immer ab sofort geöffnet und ich hoffe auf zahlreiche Teilnehmer! An die Tasten, fertig, los!

Haut nei!
moggadodde

Schlagzeilen zum Reinschlagen

Da muss ich lesen, dass in Nürnberg Mitarbeiter des Bestattungsamtes die Asche ihrer kremierten Kundschaft nach Zahngold durchsiebt haben und dass Sir Paul McCartney bösen Gerüchten zufolge seiner einbeinigen Nochgattin keine Bettpfanne zugestehen wollte, so dass Frau Mills angibt, dass sie bei nächtlichem Harndrang die Toilette robbenderweise ansteuern musste. Des weiteren erwartet der Magerhaken Moss hoffentlich nicht so schwächlichen Nachwuchs von Herrn Pete „der schreiende Junkie“ Doherty, während der Prototyp des Vokuhila, Herr Stewart seinen Hosen Kinderladen nach sechsmaliger Reproduktion nunmehr geschlossen halten will.
Weiterhin habe ich vom „Lizardman“ gelesen und die Ansicht der dort schonungslos dargebrachten OP-Dokumentationen hätte mir beinahe eine zweite Begegnung mit dem morgendlichen Espresso beschert. Der König der Körpermodifikation fordert dem Betrachter starke Nerven ab, über solche verfüge ich glücklicherweise unbestreitbar. Ich gehe nämlich jetzt in die Katakomben und nach solchen Nachrichten vermag mich nichts mehr zu schockieren.

Euch einen ruhigen Tag wünscht
moggadodde