Von Spenden und Sünden

Unter dem Slogan „Schulen für Afrika, Wasser für Äthiopien“ hat die Unicef eine bundesweite Aktion ins Leben gerufen, „Kinder laufen für Kinder“ nennt sich das Projekt, bei dem Hanks Schule mitmischt. und das ist ja erstmal eine gute Idee, dass Kinder, angespornt durch den Gruppenzwang versuchen, den Sponsoren möglichst viele Spendeneuros für afrikanische Hilfsprojekte aus dem Kreuz zu leiern. Die Kinder müssen sich auf Sponsorensuche begeben, Nachbarn, Omas, Ladenbesitzer abklappern, die bereit sind, sich mit entweder mit einem Fixbetrag oder einem pro Laufkilometer festgelegten Betrag zu beteiligen. Nachdem in unserem idyllischen Örtchen Gewerbetreibende eher dünn gesät sind, mussten vornehmlich Omas und Eltern als potenzielle Sponsoren herhalten. Während Hanks Oma sich klugerweise mit einem 10,- Euro-Fixbetrag beschied, meinten der MamS und ich, dass der zwar äußerst sportliche und trainierte Hank des dumpfen Laufens im öden Rund schnell überdrüssig würde und nach 5, 6 oder auch 7 gelaufenen Kilometern auf dem Sportplatz die Segel streicht. 2,00 Euro pro Kilometer und erwachsener Nase sicherten wir ihm schriftlich zu (Vertragsformulare wurden in weiser Voraussicht von der Schule mitgegeben) und gestern fand der Lauf nun statt. Dummerweise haben wir unseren Sohn mal wieder tüchtig unterschätzt, das könnt ihr euch vielleicht schon denken. Mit beeindruckenden 16 gelaufenen Kilometern sorgt er nun dafür, dass wir 64,00 Euro abdrücken dürfen und damit dürfte sich in Äthiopien eine ganze Menge Wasser beschaffen lassen. Clever gemacht, denn wenn ein stinknormaler Bettelbrief in der Schultasche gelegen hätte, hätte ich in entweder ignoriert oder aaaalllerhöchstens einen 10er springen lassen. Es hätte allerdings auch noch schlimmer kommen können, ich habe gehört, es gäbe Eltern, die knapp einen Hunderter löhnen dürfen …

Ein Ereignis in unserer nur 10 Kilometer entfernten Landkreishauptstadt wurde heute im Lokalradio heftigst besprochen: In die beschauliche Bischofsstadt zieht die Sünde ein: Aus dem Big Apple (kein Radiofuzzi, der auf sich hält, sagt heute übrigens noch „Amerika“, es sind die „Staaten“) ist ein neuer Trend aus der Abteilung „Erlebnisgastronomie“ herübergeschwappt, das auch im Franchise-Verfahren verhökert wird: Eine „Coyote Ugly Bar“ hat ihre Pforten geöffnet, ein Etablissement der quirligeren Art und der gleichnamigen Lokalität in New York nachempfunden, deren besonderes Merkmal es zu sein scheint, dass hübsche Damen und auch Herren auf der 25 m langen Theke zu zeitgenössischer Mucke möglichst leicht bekleidet die Hüften und Hintern schwingen, und zwar mit choreographisch einstudierten Tanzschritten. Die bewegungsfreudigen Angestellten wurden eigens einem Casting unterzogen und schnell habe man die Besetzung beisammen gehabt, doch der frisch gebackene Unternehmer beeilte sich mit der Feststellung, dass die Belegschaft mit Jeans und T-Shirt ihrer schweißtreibenden Arbeit nachgehe, weshalb sie sich hin und wieder auch mit einem Kübel Wasser erfrischen müssten, den sie sich, wohl um keine Arbeitszeit zu vergeuden, gleich auf dem Tanztresen über die verschwitzten Körper schütten. Wenn die Stimmung ihren Siedepunkt erreicht hat, würde sogar die Theke in Flammen aufgehen! Ich werde also SchwäSu oder mein Brüderchen bequatschen und mich mal wieder richtig ins Nachtleben werfen … Ehrlich gesagt bin ich ziemlich gespannt und wenn ich auch eigentlich der Zielgruppe entwachsen bin, das muss ich sehen, irgendwie stelle ich mir diese Bar wie das „Titty Twister“ in „From Dusk Till Dawn“ vor, nur ohne Vampire … Dann kann ich vielleicht das berühmte Zitat von Herrn Clooney alias Seth Gecko aus diesem Film, „Mir geht’s prächtig Kate. Mir scheint die Sonne aus dem Arsch!“ auf irgendeine Weise (abgewandelt) an den Mann bringen …

Euch eine flammende Nacht wünscht
moggadodde

Zur guten Nacht

Das nächtliche Geheimnis

Gestern Nachts, als alles schlief,
Kaum der Wind mit ungewissen
Seufzern durch die Gassen lief,
Gab mir Ruhe nicht das Kissen,
Noch der Mohn, noch, was sonst tief
Schlafen macht – ein gut Gewissen.
Endlich schlug ich mir den Schlaf
Aus dem Sinn und lief zum Strande.
Mondhell war’s und mild – ich traf
Mann und Kahn auf warmem Sande,
Schläfrig beide, Hirt und Schaf: –
Schläfrig stiess der Kahn vom Lande.
Eine Stunde, leicht auch zwei,
Oder war’s ein Jahr? – da sanken
Plötzlich mir Sinn und Gedanken
In ein ew’ges Einerlei,
Und ein Abgrund ohne Schranken
That sich auf: – da war’s vorbei! –
Morgen kam: auf schwarzen Tiefen
Steht ein Kahn und ruht und ruht – –
Was geschah? so riefs, so riefen
Hundert bald – was gab es? Blut? –
Nichts geschah! Wir schliefen, schliefen
Alle – ach, so gut! so gut!

Friedrich Nietzsche und ich wünschen eine traumhafte Nacht!

moggadodde

Kein guter Plan

Das goldene Phantom, der seit Wochen in aller Munde und Köpfe herumgeisternde, ominöse Mr. Jack Pot, hat endlich, endlich den Hut gelupft und gefühlte Myriaden Euronen in den dankbaren Schlund wahrscheinlich eines einzigen Glücksritters aus NRW gestopft. Was man mit einem derartigen Kohlenberg alles anstellen könnte! Baufällige Brücken restaurieren, neue Brücken bauen, Regenwälder aufforsten, den Mond besiedeln, ach, was sage ich, das ganze Universum gehörte mir! Nun lebe ich leider in Bayern und bin daher definitiv nicht der Glückspilz, der von der Mehrzahl der Mitbürger grün vor Neid fieberhaft gesucht wird. Wenn ich gewonnen hätte, würde ich dem MamS ein neues Gebiss kaufen.
Trotz peinlich penibler Zahnpflege, die er eisern im empfohlenen Umfang verrichtet, hat er äußerst brüchige Beißer. Zeit seines Lebens putzt er sorgfältig von rot nach weiß und weiß nach rot, vernachlässigt weder das empfindliche Zahnfleisch noch die versteckten Weisheitszähne und unterschreitet auch nur in absoluten Ausnahmefällen die vorgeschriebene Putzdauer. Trotzdem danken es ihm die kleinen, miesen Drecksäcke von Zähnen nicht. Sie zerbrechen auch bei ordnungsgemäßer Benutzung wie eine gefrorene Bierflasche und ohne den Dentisten seines Vertrauens über Gebühr und den grünen Klee zu loben: Ohne diesen sähe die Futterluke des MamS aus wie das Forum romanum. Und zwar in der Gegenwart.

Wohl alle Kassenpatienten könnten eine traurige Geschichte über die Verschlimmbesserung des Gesundheitssystems erzählen, doch eines ist geblieben: Der gute, alte Heil- und Kostenplan. Zwar ist in diesem Namen das Wörtchen „Heil“ zuerst genannt, doch der gewichtigere Teil dieser dicken Nachricht lautet „Kostenplan“ und das nicht zu Unrecht. Zwei Lücken in Ober- und Unterkiefer, die zwei mittlerweile entfernte Zahnleichname hinterlassen haben, wollen gestopft werden und reißen wiederum eine nicht unerhebliche Lücke in unser Portemonnee. Die Füllung der Leerräume mittels Implantaten, vom Dentisten kurzzeitig als Lösung genannt, schlug sich der MamS aufgrund der immensen Kosten schneller aus dem Kopf als ein Bohrer Umdrehungen hat. Nun wird also im Unterkiefer eine Brücke gebaut und im Oberkiefer eine Teilkrone installiert, Summa summarum schlappe 700 Euro Eigenanteil für echte deutsche Wertarbeit, weil der MamS sich standhaft weigert, ins nahe Ungarn zu reisen, um sich dort von hübschen, slawisch aussehenden Schwestern in blütenweißen, raschelnden Kitteln einige Tage bemuttern zu lassen, die zwar kein deutsches Wort aber sicher ihr Handwerk verstehen. Eine weitere, billigere Möglichkeit wäre die Fertigung der Ersatzteile im Mutterland der Zahntechnik, in China, erforderlich wäre in diesem Fall lediglich ein Pit-Stop bei McZahn in Krefeld, wo der Einbau schon im Mund ist, bevor der MamS einmal BigMac gesagt hat.
Aber nein. Old fashioned ist der MamS, besteht auf inländische Fertigung der zu erstellenden Prothesen sowie Einbringung vor Ort von einem niedergelassenen Dentisten mit langjähriger Berufserfahrung. Keinen Mumm in den Knochen der MamS, um neue innovative Wege der Zahnmedizin zu gehen, losgelöst von den verknöcherten, verschimmelten Methoden, die ein Heidengeld kosten und nicht zwingend besser sein müssen …

Nein, Halt, Scherz beiseite. Natürlich soll dem MamS die bestmögliche Behandlung angedeihen, Qualität hat schließlich noch immer ihren Preis und gerade bei ihm als baufälligem Problempatienten ist eine mögliche Reklamation bei seiner Dentisten-Uschi schnell behoben.

Den ersten Teil der Behandlung hat er nun heute hinter sich gebracht und lag zunächst leidend wegen dreier anästhetischer Injektionen auf dem Sofa. Eine offenbar wundersame Genesung fand statt, denn inzwischen konnte er sogar das Endstück vom Hackbraten verzehren. Ich tauge halt einfach nicht zur Krankenschwester.
Jammern ob der zu schulternden Kosten hilft aber hier nicht. So müssen wir eben ohne Lottogewinn zwei neue Brücken bauen, auch wenn sie nur im Mund des MamS zu besichtigen sind …

Euch eine bissige Nacht wünscht
moggadodde

THINK !

Hey, schon Anfang Oktober, allerhöchste Zeit! Lange herbeigesehnt, doch glücklicherweise war es heute soweit: Im Hause moggadodde wurde die Muschelsaison eröffnet! Gleich zum Auftakt erwischten wir außergewöhnlich gute Exemplare der Mytilus edulis aus dem Nordatlantik, klein, zart und äußerst deliziös. Deshalb brachten wir vier es tatsächlich fertig, drei Kilogramm der glitschigen Scheißerli (selbstverständlich Bruttogewicht) nebst eineinhalb Liter sugo di pomodoro zu vertilgen plus zwei kleine Baguette. Nun dümpeln wir hier rabensatt und breit wie Calmund auf den Liegestätten herum und geordnete Gedanken sind Mangelware, was aber auch am leckeren Chianti liegen könnte, dessen letzte Reste sicher nicht mehr lange hier neben mir stehen unverzüglich geleert werden.
Klare Gedanken werde ich allerdings Euch noch abverlangen. In alter Tradition und auch auf die Gefahr hin, dass sich das Gros der geneigten Leser in das wohlverdiente Wochenende begeben hat, präsentiere ich eine neue Kopfnuss, die, das gebe ich zu, wiederum vollsten Köpfcheneinsatz erfordert. Denken à la moggadodde ist gefragt …

Ich suche nur ein Wort, das ich mit

oft variable, unmögliche Lokaladverbiale aus Frankreich

umschreibe.

Eure geschätzten Lösungsvorschläge bitte ich ab sofort hereinzureichen.

Herrschaften, ich für meinen Teil zieh’ jetzt hier noch schnell die Pfütze auf Null und dann begebe ich mich zügig in die Horizontale. „Das Boot“ – Directors Cut – zum (geschätzt) zweihundertsechsundsiebzigsten mal zwar, aber immer wieder sehenswert. Und bei den Echolot-Pings und dem schweißglänzenden Gesicht des Herrn KaLeu mit Kratern, tiefer als der Ärmelkanal, kann ich sicher gut in langsamer Schleichfahrt in Morpheus Arme abtauchen …

Euch eine berauschende Nacht wünscht
moggadodde

Bremsklötze

Die spontane Einladung zum Sektfrühstück bei der Lieblingsnachbarin konnte ich natürlich unmöglich ausschlagen, auch aufgrund des traurigen Umstandes, dass Ende dieses Jahres derlei dekadente Events wegen ihres Umzugs der Vergangenheit angehören werden. Bei meiner Rückkehr gegen Mittag musste ich feststellen, dass der magentafarbene Prämonopolist hinterlistig die Nabelschnur zum WWW gekappt hatte, weshalb ich sofort die Störungsstelle kontaktierte, wo ein netter Herr einen „Großschaden“ diagnostizierte, vom dem 145 Anschlüsse betroffen seien und dessen Behebung noch länger auf sich warten ließe. Hm. Wenn ich zuhause bin, habe ich hier in der Regel eine Standleitung ins Netz und so von Hundert auf Null ausgebremst war ich etwas konsterniert. Was sollte ich mit meiner Zeit nun anfangen? Ich besann mich auf die guten, alten, hausfraulichen Tugenden, unterzog die Räumlichkeiten der Mitesserchen zunächst einer gründlichen Okularinspektion und machte sodann mal wieder gründlich klar Schiff. Nachdem erst am späten Abend die Leitungen geflickt waren, sieht es dort jetzt wieder recht manierlich aus.

Hank fragte mich heute, warum es denn nur Putzfrauen gebe. Ich antwortete, dass es sehr wohl auch „Putzmänner“ gebe, nur nicht so viele und er meinte, dass es ja wohl eklig wäre, den „Dreck von anderen Leuten“ wegmachen zu müssen. Nun erwiderte ich, dass die Putzfrauen das sicher nicht aus Jux und Dollerei tun, sondern auf das Geld aus dieser Arbeit angewiesen sind, weil sie keine andere Arbeit finden können, was an den Umständen liege und manchmal auch an der mangelnden Ausbildung. Er konterte recht flapsig: „Das heißt ja dann, dass Mädchen in der Schule nicht so schlau sind wie Jungs“ und da verschlug es mir die Sprache. Nun hat es wenig Sinn, mit einem Achtjährigen die komplexe Problematik der immer noch restriktiven Einstellungspraxis der deutschen Arbeitgeber zu diskutieren, doch musste ich ihn abschließend auf die unumstößliche Tatsache hinweisen, dass Frauen deshalb, weil sie so einen wie ihn in die Welt setzen wollen, jobmäßig nachher oft einfach die Gelackmeierten sind und keine andere Wahl haben, als den „Dreck von anderen Leuten“ wegzumachen, damit die Prinzen und Prinzessinnen daheim das neue Lego Starwars für Nintendo DS kriegen oder auch nur einfach was zu beißen zwischen die Kiemen. Ich denke, das hat er jetzt kapiert.

Und das

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passt in diesem Zusammenhang ganz gut, finde ich.

Euch eine ungebremste Nacht wünscht
moggadodde