Omama im Laden

Wenn ich zurückdenke, war noch vor wenigen Jahren war alles ganz einfach: Mädels unter 20 mit Kinderwagen waren entweder Babysitter oder schlecht aufgeklärt, wohingegen Frauen von etwa 20 bis 45 mit Krümelmonstern im Schlepp Mütter waren und jede über 45jährige Frau, die mit Babys unterwegs war deren Oma. Mit ein paar Ausnahmen war auf diese Regel ziemlich gut Verlass.
Das hat sich in den letzten Jahren schon gewaltig verändert allein durch die Tatsache, dass

a. bereits Teenager Kinder kriegen,
b. sich noch Frauen jenseits der 45 fortpflanzen wollen,
c. dass der Kinderwunsch ja heute sogar noch bis tief in die 60er funktioniert werden kann und
d. man sich sogar bei Herren mit Babys in puncto Verwandtschaftsgrad nicht mehr sicher sein darf und Vater, Opa und sogar Mutter sein könnte.

Klar, dass sich da keine Sau mehr auskennt, oder?!

Da war ich gestern schon ein bisschen verwirrt, als ich im Klamottenladen eine Bekannte traf. Elli ist nur wenig älter als ich und wir hatten uns bestimmt schon 5 Jahre nicht mehr gesehen. Während Dixie geschätzte 6 Fantastilliarden Kleidungsstücke mit zur Anprobe nahm, war Zeit für einen kleinen Schwatz auf der knallroten Wartecouch in der Damenabteilung bei C & A, die, mit Verlaub verehrter Herr Brenninckmeyer, schon reichlich durchgesessen ist.

Elli hatte sich kaum verändert bis auf die Tatsache, dass sie ein ca. 4 Monate altes Baby auf dem Arm trug, nicht als Tattoo, sondern in echt.

Nun schossen mir einige Möglichkeiten der weiteren Konversation durch den Kopf:

1. „Na, gell bist schon Oma!?“
Diese Ansprache erschien mir zu privat. So gut bekannt sind wir dann doch nicht und selbst wenn hätte sie sich möglicherweise beleidigt gefühlt. Ich bin ja schließlich kein Mensch, der auf anderer Leute Gefühle herumtrampelt.

2. „Duziduziduzi, wer bist du denn?“
Dabei hätte ich das Baby am Arm gekrault und komisch geredet in der Hoffnung, dass Elli mit der Auflösung herausrückt. Das fand ich aber dämlich und außerdem ziemlich durchsichtig.

3. „Sag bloß, du hast noch ein Kind gekriegt?“
Auch eine Alternative, aber damit hätte ich Elli zu verstehen gegeben, dass ich sie zu alt für ein weiteres Kind halte, was ich ja auch getan, ihr aber nicht erzählt hätte.

Ich entschloss mich kurzerhand für Möglichkeit

4. „Was für ein wahnsinnig hübsches Kind!“
Das erschien mir am unverfänglichsten und war nicht einmal gelogen, weil es sich wirklich um ein echt schnuckeliges Baby handelte. Elli, ob sie nun Mutter oder Oma wäre, würde sich geschmeichelt fühlen und im nächsten Satz die Lösung liefern. Tatsächlich schnappte sie nach dem Köder und berichtete, dass sie sich ja auch erst mit dem Gedanken anfreunden musste, jetzt schon Großmutter zu werden, aber jetzt sei es ganz in Ordnung für sie. „Schau ihn dir an! Ist er nicht ein Goldstück?“ fügte sie hinzu, mit einem Blick, in dem sich haufenweise großmütterlicher Stolz befand.
Wie bestellt fing der süße Fratz an zu brüllen und ich sagte lachend, das Beste am Oma-Amt sei ja bestimmt, dass man das Kind abgeben könnte, wenn es schreit oder stinkt, aber Elli lachte nicht mit, sondern verstaute ihren Enkel samt Schnuller im Wagen, wo er gleich wieder friedlich war. Im Stillen sendete ich eine Botschaft an sämtliche bekannten und unbekannten Götter, dass es bitteschön noch 10 bis 20 Jahre dauern möge, bis mich so ein kleiner Scheißer „Oma“ ruft.
Meine witzig gemeinte Ansage, dass ich Kinder ja schon mag, nur kein ganzes essen könnte, hat sie nicht verstanden, was ich ihrer unverständigen Miene ansah. Hoffentlich geht mir irgendwann als Oma nicht auch jeglicher Humor flöten.

Euch einen lustigen Abend wünscht
moggadodde

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

12 commenti su “Omama im Laden

  1. Georg sagt:

    Hihi, lustig :o)) Also, wenn ich das mal ganz ehrlich sagen darf, kein Einstellungsgespräch wird mich wohl mehr daran noch hindern können, unsereiner schwängerte eine 16jährige Maid (nicht grundlos, ich achtete damals bereits „meistens schon“ auf Verhütung), doch es ergab sich eine Tochter (gottlob hat die Verhütung nicht geklappt!), die heute bereits kurz vor ihrem 30sten steht. Meinem jüngeren Bruder ging es ebenso. Seine Tochter ist mittlerweile Chef hier im Hause.

    Ohne Familie (= Eltern und Oma/Opa und sonstige Familie) geht es einfach nicht. Auch für die jüngste Generation, die da eine zeitlang schreit und ruft und mit dem Begriff „Familie“ nur Zeter und Mordio verbindet, kommt eines Tages die Zeit, in der Oma, Opa oder Tante und Onkel unverzichtbar sein werden ;o))

    Ich weiß, hat jetzt nicht direkt etwas mit deinem Eintrag zu tun, erinnert mich halt – süüüß – daran. Mogga, du bist früher Oma als du denkst :o))

  2. moggadodde sagt:

    @ Georg: Ich weiß das sehr genau: Wenn ich meine Mutter nicht gehabt hätte, hätte ich mir das mit dem „nach-8-Wochen-wieder-arbeiten-gehen“ abschminken können. So gab ich Dixie und später Hank in die Hände ihrer Oma, die sie an zwei oder drei Tagen in der Woche hemmungslos verwöhnte. Ohne Oma und Opa und sonstiges artverwandtes Kraut geht es gar nicht (zumindest anfangs), aber trotzdem bin ich verwirrt, s.o. 😀

    Ach, ich freue mich auf die Zeit, wenn Hank und Dixie richtig groß, also erwachsen (größer als ich ist sie ja jetzt schon) sind. Wir werden uns endlich prächtig verstehen und ich werde stundenweise ihre Babys hüten, bevor ich sie ihr zurückbringe und dann mit dem Cabrio in französische Lavendelfelder entgleite. Soweit die Theorie … 😉

  3. Emily sagt:

    „Wir werden uns endlich prächtig verstehen und ich werde stundenweise ihre Babys hüten, bevor ich sie ihr zurückbringe und dann mit dem Cabrio in französische Lavendelfelder entgleite. Soweit die Theorie … ;-)“

    Ich freue mich jetzt schon auf die Blogeinträge über die Praxis. 😉

  4. Phil sagt:

    10-20 Jahre? Das klingt irgendwie nach ner Haftstrafe…

  5. morgiane sagt:

    Und dann sind da noch die Gespräche mit der in Ausbildung steckenden Tochter, in denen es zwar um die Verhinderung der Omaschaft geht, aber eben auch um Verhütung von modernen Geißeln…

    Groß werden sie von alleine, vernünftig hoffentlich auch. Und das Abnabeln ist schwerer, als ich dachte…

    Und deine Theorie…hmm…da wir alle länger arbeiten müssen, wird das wohl nur bedingt was mit Cabriofahren in den Lavendelfeldern…eher Rollator fahren im Park?

  6. moggadodde sagt:

    @ Emily: Wenigstens das (kleine) Cabrio sollte rausspringen, wenn es mit den Lavendelfeldern schon nichts wird. Bis dorthin werden wir uns den Sprit vielleicht gar nicht mehr leisten können. Dann wirst du doch mit Berichten über Tagesausflüge nach Wanne-Eickel oder Kassel vorlieb nehmen müssen 😉

    @ Phil: Naja, Elternschaft ist ja nichts, was man bei Nichtgefallen umtauschen oder kündigen könnte. Insofern ist das sogar lebenslang, mit Freigang gegen Ende 😉

    @ morgiane: Hey, du bist doch sonst die Optimistin! Rollator im Park? Wenn die Alternative Bettpfanne im Seniorenheim ist, gerne! Dann motz‘ ich mir den Rollator ein bisschen auf, mit Fuchsschwanz, Neonfarben und einem Extra-Kühlfach für einen schönen Chablis – dann bin ich die Queen im Park!

  7. markus sagt:

    ich stell mir das mit dem aufgemotzten rollator gerade bildlich vor. das hat was, heidi! aber möge es noch sehr, sehr lange dauern… ;o))

  8. Georg sagt:

    Ach, herrlich, woher kenne ich die Zeile? Ich sing jetzt mal: „Der Fuchsschwanz weht an deinem Wagen und jetzt geh ich tanzen mit meinem Hasen…“ *grübel*

  9. Emily sagt:

    @moggadodde: Wenn schon Deine Ausflüge C&A so amüsante Beiträge zur Folge haben, kannst Du über einen Ausflug nach Wanne-Eikel ein ganzes Buch schreiben. Das lese ich dann auch gerne. 😉

  10. moggadodde sagt:

    @ markus: So, wie es gerade aussieht, dauert es nicht mehr so lange … Immerhin bin ich dann die Jüngste mit dem Luxus-Rollator und mach‘ die Alten im Park ganz wuschig 😉

    @ Georg: Du kennst wieder Zeuch! Fuchsschwanz kenne ich nur vom Opel Manta …

    @ Emily: Jetzt muss ich tatsächlich erstmal nachsehen, wo WPunktEPunkt eigentlich liegt 😀 …

  11. markus sagt:

    die textzeile kennst du nicht, mogga? das kann ich nicht glauben. sie stammt von marius aus dem song ‚in meiner bude flipp ich aus‘, veröffentlicht auf dem album ’sekt oder selters‘ aus dem jahre 1980.

  12. moggadodde sagt:

    @ markus: *schäm* … nööö, kenne ich echt nicht.

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