Aua!

Schon wieder Schmerz! Aus dem Hinterhalt traf mich beim unschuldigen Rundgang durch Blogdorf fies und schmerzhaft eine Kanone von Schneeball an der Schulter, abgefeuert von Herrn Mephisto, dem ich eine solche Perfidie gar nicht zugetraut hätte sofort hätte ansehen müssen. Bestimmt war in diesem Schneeball ein Stein versteckt und so muss ich neben einem Kopfverband nun auch mit gegipster Schulter den Weihnachtsbaum schmücken. Teuflischen Dank dafür!
Wenn ich genau darüber nachdenke, ist dies aber eigentlich eine hübsche Idee, kurz vor dem vorgeblich friedlichen Fest eine Schneeballschlacht zu veranstalten und so forme ich mit blaugefrorenen Händen, weil ich meine Handschuhe mal wieder nicht orten kann, vier richtig bombige Bälle, drücke den kalten Schnee mit klammen Fingern fest und fester und werfe mit dem verbliebenen, gesunden Arm … auf Frau barbara, Frau Anne, Frau babs und Frau socki.
Feuer frei!

Ach, übrigens, ich bekam heute ePost von Jesus. Der wollte mir irgendwelche finanziellen Transaktionen schmackhaft machen. Himmel, die müssen es wirklich nötig haben, da oben!

moggadodde

Sternenschauer

Erstaunlich ruhig und mit zivilisierten Mitkunden konnten wir heute unsere Weihnachtseinkäufe in trockene Tücher bringen. Weder sich um die letzten Parkplätze prügelnde Menschen noch lange Schlangen gab es im frisch renovierten Supermarkt unseres Vertrauens. Sehr dezente, eigentlich kaum wahrnehmbare Weihnachtsmusik erklang, auch diesbezüglich hatte ich mit dem Schlimmsten gerechnet, denn meist verfallen die betriebswirtschaftlichen Verkaufsstrategen dem Trugschluss: „Je lauter das Gedudel desto lauter die klingenden Kassen“ und vertreiben mich so aus dem Laden. Auch ist der neue Supermarkt prima ausgeleuchtet, nicht zu grell. Ich mag es nämlich nicht, wenn die anderen Kunden und ich aussehen wie gerade der Gruft entstiegene Zombies. So macht einkaufen (leider) Spaß. Bei den tropischen Früchten hielt ich mich heute sehr lange auf und bewunderte die fremdländische Auslage. Granatäpfel, Passionsfrüchte, eine Baby-Ananas, eine chinesische Pomelo und eine Pitahaya oder Drachenfrucht werden unseren Heilig-Abend-Nachtisch bilden. Eine junge Frau sprach mich an und fragte, ob ich denn irgendwo Sternanis sehen würde. „Ja“, antwortete ich grinsend, „bestimmt, wenn wir uns jetzt in der Gewürzabteilung befänden“. Die Arme lief ganz rot an und jetzt lachten wir beide laut los. Sie suchte tatsächlich Sternanis, ihr Gehirn führte sie aber zu den Sternfrüchten und ich sagte, sie solle sich keine Sorgen machen. Jetzt, wo auch noch dieser verflixte Bethlehem-Stern ins Spiel käme, könnte so ein Gehirn schon mal durcheinander kommen und ob sie vielleicht auch noch einen Mercedes fahre oder in letzter Zeit sternhagelvoll gewesen sei …

Sterne habe ich heute auch schon gesehen, allerdings eher unfreiwillig und nicht so wie beabsichtigt. Welcher minderbemittelte Doppeldepp hat das Märchen in die Welt gesetzt, dass der Vollzug des Beischlafs, ehelich oder nicht, unter den prasselnden Strahlen der handelsüblichen Massageduschköpfe die erwartungsfrohen Teilnehmer adäquat befriedigen könnte? Unsere Standard-Badewanne (mit aufzuklappender Spritzschutzwand!) jedenfalls ist für derlei Aktivitäten zuallererst einmal viel zu eng und obendrein rutschig wie eine Autobahn bei überfrierender Nässe. Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen: Auch nach mehrmaligen, zeitversetzten Versuchen bringt diese viel gepriesene Variante zumindest für mich nicht die erhoffte Wirkung. Hektisches Hangeln nach spärlichen Haltemöglichkeiten, permanente Rutschgefahr und die scheinbar immer näher rückenden Wände lassen den Aufwand-Nutzen-Effekt unverhältnismäßig erscheinen und sind so in den betreffenden Szenen diverser Zelluloid-Produkte auch nicht gezeigt. Das Risiko einer schweren Kopfverletzung angesichts der hohen Dichte der umgebenden Kacheln und der massiven Badewanne ist letztlich einfach zu groß und wir werden uns hier Alternativen eröffnen müssen, um das Schiff in Schwung Schoner und Rebecca in Fahrt zu bekommen. Vielleicht war die Verwendung eines Mangobutter-Peelings hier kontraproduktiv, vielleicht hat Hoover-Boy aber auch die Wanne nur zu gründlich geputzt …

Euch einen sauberen Abend wünscht
moggadodde

Zwei – ER –

Sie braucht mich und sie wird mich bekommen, sie weiß es nur noch nicht. Ich stehe Stunde um Stunde in der Schmuckabteilung im „Geschenkeland“, drücke mich um die gläsernen Schaukästen herum. Im Trubel der besinnlichen Zeit verschmelze ich mit den Massen kaufwütiger Menschen und errege keinerlei Aufmerksamkeit, obwohl ich jeden Tag hier bin. Die Verkäuferinnen haben genug damit zu tun, überteuerte Preziosen an die Kundschaft zu bringen und verwenden ihre Kraft darauf, sich ihre Unlust nicht anmerken zu lassen. Meine Liebe sitzt auf ihrem unbequem aussehenden Drehstuhl, fleißig und freundlich wie immer. Sie trägt heute wieder den hellbraunen Pullover und ihr langes, blondes Haar ist offen. Ich weiß alles über sie. Sie kennt mich noch nicht aber ich kenne sie und ihr Leben so gut wie mein eigenes. Ihr Tagesablauf ist mit einigen, kleinen Ausnahmen, immer gleich. Sofort nach der Arbeit geht sie zu ihrem gelben Auto, kauft noch einige Kleinigkeiten und fährt danach gleich in ihre kleine Erdgeschosswohnung, wo sie allein in der Küche sitzt, schwermütig machende Musik auflegt und darauf wartet, dass der einsame Abend ein Ende nimmt. Sie wäscht am Mittwoch die Bunt- und am Freitag die Kochwäsche. Jeden 2. Samstag im Monat geht sie ins Kino (allein) und donnerstags besucht sie ein Studio, um ihre aufregende Figur zu behalten. Ich sehe sie auch hier, beobachte ihr Muskelspiel und es erregt mich zuzusehen, wie sich auf ihrem grauen Shirt immer größere Schweißflecken bilden. Bald, sehr bald wird sie mir gehören. Unsere Körper werden vereint, unsere beiden Herzen werden im Rausch der ersten, lange ersehnten Liebesnacht ins Feuer der ungebremsten Leidenschaft geworfen werden und hervorgehen als ein einziges, pulsierendes Organ, mit der Kraft von 10 Sonnen.

Fortsetzung folgt …

Gravitation

Die Sonntagseuphorie hat, wie sich die geneigte Leserschaft vielleicht insgeheim schon denken konnte, eine knallharte Landung in den dornigen Niederungen des grausamen Alltags hingelegt. Bei Licht und ohne Feuerzangenbowlengenuss besehen musste man ja auch nicht die Fähigkeiten eines Orakels besitzen, um das vorherzusehen.
Dixie und ihr ausdrücklicher Wunsch, der freundlichen Einladung von Schatzis Eltern zu folgen und den kommenden Silvesterabend in Herborn zu verbringen, sorgt unterschwellig schon seit einigen Tagen für Störungen in der Schlagfrequenz meines ohnehin bereits angeschossenen Mutterherzens. Schwere Bedenken hinsichtlich der Tatsache, dass sie noch niemals allein eine derartige Strecke unter den fragwürdigen Fittichen der Deutschen Bahn unternommen hat hintanstellend, sagt die großzügige, linke Gehirnhälfte: „Lass sie fahren. Sie ist fast 14 und weiß, wo und wann sie umsteigen muss.“ Die andere, gestrenge und zuweilen ängstliche rechte Hälfte des Hirns sagt: „Lass sie nicht fahren. Sie ist noch nicht mal 14, wird am Umsteigebahnhof Ffm garantiert den Überblick verlieren und in einem rot ausgeleuchteten Schaufenster in Anderlecht landen oder in den feisten Armen des Chefs eines rumänischen Mädchenhändlerrings.“ Die linke Front hatte sich trotzdem bereits einen beachtlichen Vorsprung erarbeitet.

Einen ganz geschickten Schachzug landeten die beiden Verliebten nun gestern Abend. Dixie schickte Schatzi vor, um mir (mal wieder und beileibe nicht die einzige) eine schlechte Note beizubiegen. Er, redegewandt und fremdwortsicher, ist sachliches Diskutieren mit seinen gebildeten Eltern offenbar gewohnt und erstaunte mich mit teilweise vernünftigen Argumenten wie denen, dass ein Verbot der Fahrt die Noten nicht ungeschehen mache, er sein Versprechen gebe motivierende Unterstützung zu leisten und es auch für ihn unglaublich wichtig sei, Dixie an Silvester zu sehen. Offenherzig bekannte er, dass er nun jetzt in einer schwierigen Gegend wohnt, eine Schule besuche, in der er sich überhaupt nicht wohl fühle und sich schon unglaublich freue. Sicher gäbe Dixies Besuch beiden Auftrieb für das neue Schuljahr, meinte er schließlich. So gern ich ihn auch hätte, erwiderte ich, für die Entscheidungsfindung hätte sein Wohlbefinden nur untergeordnete Bedeutung.

Die beiden Hälften meines Gehirns liefern sich nunmehr erbitterte Gefechte. Die liberale Linke befürwortet Dixies Reise als Vertrauensbeweis und Ansporn für die kommenden Jahresaufgaben. Die radikale Rechte neigt zur Verhängung von Sanktionen, die nachhaltiger wirken als das inzwischen schon dauerhafte Computerembargo.
Zwei Herzen schlagen, ach, in meiner Brust Zwei Hälften streiten, ach, in meinem Hirn!

Neben Herrn Shakespeare steuert auch Herr Allen hier ein treffendes Bonmot bei:

„Das Schwierigste am Leben ist es, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten. In meinem Fall verkehren sie noch nicht einmal auf freundschaftlicher Basis.“

Ich für meinen Teil werde es schon noch hinbekommen, meinen Verstand und diesen dämlichen Muskel in meiner Brust zu verkuppeln …

Euch einen komödiantischen Abend wünscht
moggadodde

Eins – SIE –

Ich fühle mich beobachtet. Wenn ich an meinem Platz im „Geschenkeland“ sitze, wo ich im Dezember beinahe im Akkord neue Uhrenbänder und Knopfbatterien in mehr oder weniger geschmackvolle Uhren einsetze, droht mein Kopf schon vor der Mittagspause zu platzen. Die Menschen drängeln sich vor meinem Kabuff, sind unfreundlich, gehetzt, ungeduldig, trippeln mit den Fingern auf der Plastiktheke. Sie durchbohren mich mit ihren stechenden Blicken, wollen mich antreiben, schneller zu arbeiten, schließlich stehen sie schon eine Weile in der Schlange und die Parkuhr tickt unerbittlich. Manchmal stelle ich mich absichtlich dumm und langsam an, nur um eine nutriabepelzte, blauhaarige Oma zu ärgern, die in die abscheuliche Junghans-Uhr des brillantineglänzenden Gatten eine neue Batterie eingesetzt haben will. Manchmal benutze ich dann auch eine schon benutzte Knopfzelle, die nach wenigen Wochen den Dienst versagen wird.
Aber die Blicke der Kunden meine ich nicht. Die bin ich gewohnt und sie prallen an meinem unsichtbaren Panzer ab. Es ist eine andere Art von Blick, einer der mir die Nackenhaare wie kleine Antennen aufstellt und bei dem ich nicht unterscheiden kann, ob er mir wohlgesonnen oder feindselig ist und der mich zutiefst verunsichert. Ich spüre diesen Blick nicht nur hier bei der Arbeit, ich spüre ihn auf dem Weg in die Kantine im dritten Stock, auf dem Weg zum Parkhaus, sogar zuhause, wo ich öfter in den Park auf der gegenüberliegenden Straßenseite spähe, vergeblich Ausschau nach dem Grund meiner Beunruhigung haltend. Ich glaube langsam, ich werde verrückt.

Fortsetzung folgt …