Watergate an der Ostsee

Reichlich erschrocken musste ich der heutigen Tageszeitung entnehmen, dass für die nächste Woche mit der Veröffentlichung von Fotos zu rechnen ist, die den EU-Kommissar G. Verheugen beim Nacktbaden mit seiner Kabinettschefin (nein, nicht seine Ehefrau) an einem litauischen Strand zeigen. Herr Verheugen sei auf den Fotos mit einer Baseballmütze bekleidet, seine Begleiterin, mit der ihn „eine tiefe Freundschaft“ verbindet, sei gänzlich nackt gewesen. Das ist nun ja nichts besonderes, wenn zwei Menschen ihrer Lust zur FKK an einem litauischen Strand frönen und insbesondere absolut nichts Verwerfliches. Ein wenig pikant ist die Angelegenheit aber dadurch, dass der sympathische Rheinländer ebendiese Dame, eine langjährige Mitarbeiterin aus Potsdam, im Sommer dieses Jahres zur Kabinettschefin in Brüssel gemacht hat, was ein gaaaanz kleines bisschen nach Klüngelei riecht und weshalb Herr Barroso diese Beförderung auch einer Prüfung unterzog. An der fachlichen Qualifikation der Frau Erler habe es jedoch nichts zu mäkeln gegeben und die Richtlinien zur Beförderung seien auch eingehalten worden. Sogleich sind natürlich sog. „Parteifreunde“ aber auch politische Gegner auf den Plan getreten und bemängeln, dass der EU-Kommissar den sog. „Verhaltenskodex“ für Kommissionsmitglieder verletzt habe, wo es heißt: „Das allgemeine Wohl gebietet, dass sich die Kommissionsmitglieder in der Öffentlichkeit und im Privatleben der Würde ihres Amtes gemäß verhalten“ und sie fordern, dass Frau Angie den Herrn Verheugen als Kommissar zurückzieht, was diese natürlich in Anbetracht der Tatsache, dass in knapp vier Wochen die Zeit der deutschen Ratspräsidentschaft beginnt, rundweg ablehnt. Diese beschissenen Brüsseler Moralpharisäer sind wirklich ekelhaft. Sie bescheißen und beschummeln und halten sich gegenseitig die Stangen. Ich meine, in jedem deutschen Betrieb erhält der Mitarbeiter, der an der Stechuhr betrügt, mindestens eine Abmahnung, wenn nicht gar die fristlose Kündigung. Wenn das Brüssel-Pack das eigene Erscheinen in die Anwesenheitsliste vor den Sitzungssälen einträgt, den Kollegen ein schönes Wochenende wünscht, dann auf dem Absatz kehrt macht und den Flieger Richtung Heimat steigt, ohne auch nur einen Blick in das Innere des Saals geworfen zu haben, ist das vollkommen legitim. Und das ist nur ein Beispiel, in dem die Damen und Herren aus Brüssel die viel zitierte „Würde“ eigenhändig in das belgische Kanalisationssystem befördern, wo sie mit den anderen, von den Kabinettskollegen fabrizierten Würsten auf Nimmerwiedersehen verschwindet, wobei man ja sagt, dass Scheiße immer oben schwimmt und ich denke, die gute alte Wilma Würde ist da unten schon jämmerlich ersoffen.
Wenn also „ein deutsches Nachrichtenmagazin“ an diesem Wochenende prüft, ob die Fotos veröffentlicht werden, ist doch die Antwort nicht nur für mich schon jetzt ein klares und deutliches „Na, aber klar doch!“ und das Magazin braucht halt einfach einige Tage für die Bildbearbeitung, damit das Alimentenkabel von Herrn Verheugen auch richtig gut zur Geltung kommt.
Frau Stauner von der CSU bat gestern öffentlich darum, von einer Publikation Abstand zu nehmen, „aus Gründen der Ästhetik“ und im Interesse ihrer Tochter im Teenageralter und aller jungen Mädchen.
Ich kann mich Frau Stauner nur anschließen. Diese Bilder sollten in den Tresoren bleiben, oder noch besser, umgehend verbrannt werden. Und wenn die Medienwelt meint, eine Veröffentlichung sei unbedingt vonnöten, dann bitte ich die Verantwortlichen eindringlich, die Bilder mit dickem Balken zu versehen, damit unsere unschuldige Jugend nicht vollkommen verstört wird. Ich befürchte nämlich, dass die Basecap nicht allzu viel von Herrn Verheugens Antlitz bedecken wird. Ein breiter Balken oder eine anderweitige Unkenntlichmachung des eher subästhetischen Gesichts der deutschen Antwort auf Grandpa Simpson, fände ich wirklich absolut erforderlich, um die Gefahr aufkommender Übelkeit beim Aufschlagen der Gazetten gleich im Keim zu ersticken …

Euch einen hübschen Tag wünscht
moggadodde

Freakshow

Irgendwie kommt mir das bekannt vor. Bernie ist bestimmt der Vorgänger vom Nik O. Laus und lässt nach seiner Entlassung so richtig die Sau raus …

Dixie bekam einen neuen Ladyshave aus dem Sonderangebot in ihre Sneakers gesteckt und Hank das neue Micky-Maus mit Gimmick. Das reicht, finde ich.

Euch einen schönen Zipfelmützentag wünscht
moggadodde

(K)Ein Traumjob

Die Stellenausschreibung hörte sich wirklich interessant an: „Dominanter Mann in den besten Jahren gesucht, ungebunden und reisefreudig, tierlieb, teamfähig. Sie werden eine verantwortungsvolle Tätigkeit im pädagogischen Bereich bekleiden, Kost und Logis werden gestellt. Vollbartträger kein Hindernis“
Sofort griff ich zum Telefon, meldete mich unter der angegebenen Nummer, obwohl ich unter normalen Umständen bei 0190er-Nummern schnell misstrauisch werde. Aber ich war nun schon zu lange ohne Anstellung und die Jobsuche gestaltet sich in meinem Alter einfach immer schwieriger. Niemand braucht einen Lehrer im Mittelalter, der wegen Diebstahls eines Diaprojektors und ab und zu einer Maulschelle auf die ungewaschenen Gesichter unflätiger Rotzlöffel aus dem Dienst entfernt wurde.

Mit dem netten Mann am anderen Ende vereinbarte ich einen Vorstellungstermin gleich für den nächsten Tag und wir trafen uns auf einem einsam gelegenen Rapsfeld gleich hinter Himmelstadt, das ja bei mir gleich um die Ecke liegt. Etwas verspätet fuhr ein silberner Chrysler-Van heran, ein junger, adrett gekleideter Mann stieg aus und stellte sich als Johannes Täufer vor. Er forderte mich auf, in den hinteren, abgedunkelten Teil des Wagens zu steigen, wo er mir aus einer mitgebrachten Thermoskanne einen Kaffee anbot, den ich wegen meiner ohnehin großen Nervosität dankend ablehnte. Er sei der Prokura-Geschäftsführer eines weltumspannenden Großkonzerns mit Filialen in aller Herren Länder und weil derzeit akute Personalknappheit bestehe, kümmere er sich eben auch um Personalangelegenheiten. Meinen Lebenslauf besah er sich kurz, fragte nach Führerschein (ja), Familie (nein) und erkundigte sich nach meinen Rasiergewohnheiten. „Alle zwei Tage, nass, aber nur wenn ich muss“ antwortete ich, was er lächelnd zur Kenntnis nahm. Ich spürte instinktiv, dass ich ihm gefiel. Wir würden jetzt zum Hauptquartier fahren, meinte Herr Täufer und ich solle es mir bequem machen, die Reise würde etwas dauern. Schnell fiel ich, in rote Ledersitze gekuschelt in einen tiefen Schlaf.
Als ich aufwachte, stand der Wagen in einer öden Wüstenlandschaft. Hier und da staken einige vertrocknete Bäume in den vor Hitze flirrenden Himmel und Herr Täufer brachte mich zu einer Lehmhütte, wo wir einen verspiegelten Aufzug bestiegen. Er würde mich nun dem Vorstand vorstellen, mir meine Unterkunft zeigen und den Geschäftswagen. Als ich fragte, um was für eine Art von Arbeit es sich denn nun eigentlich handele, antwortete er ich würde im Sektor „Innerfamiliäres Management und Erziehungsberatung“ eingesetzt; über pädagogische Vorbildung verfügte ich ja schon, weshalb der eigentlich obligate Besuch des Einführungskurses „Ängstigen und Beeindrucken leicht gemacht“ für mich entfalle.

Ich hatte die Etagen nicht gezählt, aber der Aufzug war lange unterwegs gewesen. Als wir aus der Kabine stiegen, sanken meine Füße in der weißen Auslegware zentimetertief ein. Wir betraten ein Büro und hinter einem gläsernen Schreibtisch saß eine gepflegte Mittfünfzigerin, die mir freundlich einen Platz vor dem Tisch anbot. Sie stellte sich als G. Ott vor und kam direkt zur Sache: Vor kurzem habe sich der Konzern von einem langjährigen Mitarbeiter trennen müssen, dessen latentes Alkoholproblem man lange genug toleriert hätte. Ich beteuerte sofort, absolut abstinent zu leben und das härteste, was ich zu mir nähme, sei vergorene Kamelmilch.
Nun traute ich mich, die Frage nach der Vergütung zu stellen und Frau Ott antwortete, ich würde einen himmlischen Lohn erhalten, neben den Annehmlichkeiten einer geräumigen 4-Zimmer-Wolke gleich neben der Privatwolke der Jungfrauen, einem stets gefüllten Korb mit ofenfrischem Manna und einem steuerfreien Dienstwagen. Letzterer sei noch nicht ganz abgeschrieben, deshalb müsse er noch eine Weile gefahren werden. „Ein Cabrio“, lachte Frau Ott „ist nicht das Allerschlechteste, gell?“ Außerdem bekäme ich ein O2-Mobiltelefon und Jacobs Krönung in einer bodenlosen Kaffeetasse. Ohnehin sei die Arbeit saisonal gebunden und in der restlichen Zeit könnte ich G. Ott eine gute Frau sein lassen.
Ohne lange zu überlegen, unterschrieb ich den vorformulierten Arbeitsvertrag, überflog das Tätigkeitsprofil („Böse Miene zum guten Spiel machen“, „leichte Auspeitscharbeit“, „lautstarkes Niederbrüllen beratungsresistenter Klientel“) und nahm meine Dienstkleidung und den Schlüssel zum Firmenwagen sowie zu meiner Unterkunft entgegen. Dort wartete schon mein neuer Kollege, den mir Herr Täufer als K. Ruprecht vorstellte und sofort machten wir uns ans Training, übten möglichst furchteinflößend „Hohoho!“ zu rufen und mit den bereitgestellten Ruten schlugen wir auf Schaufensterpuppen aus Styropor ein, um in Gang zu kommen, denn die Saison stand unmittelbar bevor. Anstrengende Tag- und Nachtschichten sind jetzt ganz normaler Arbeitsrhythmus und der Dienstwagen wird quasi zu Wohn- und Schlafzimmer. So viele Aufträge sadistischer Eltern, die ihre ungezogene Brut mal anständig vermöbeln lassen wollen, lagen schon Mitte Oktober vor, so dass ich mich frage, wie ich den Stapel bis Weihnachten vernünftig abarbeiten soll. Und dass ich meine Wolke mit Herrn Ruprecht, der schnarcht wie ein Rudel brünftiger Hirschkühe, teilen muss, hat mir Frau Ott auch nicht gesagt. Wenigstens hat sie mir vor kurzem einen Anbau genehmigt, wo ich neben dem Dienstwagen auch den Turboantrieb unterstellen kann, denn der dumme, ungezogene Elch hat ständig ins Wohnzimmer gepullert.
Gleich habe ich übrigens einen Termin mit dem Betriebsrat. Ich habe nämlich gesehen, dass einige Kollegen den Schlüssel zur Jungfrauenwolke haben und den möchte ich nun auch. Notfalls werde ich Frau Ott ein wenig erpressen müssen. Es wäre sicher ziemlich peinlich für die Firma wenn herauskäme, dass der Chef von dem Laden eine alleinerziehende, wasserstoffblonde Mittfünfzigerin ist, die aussieht wie die Kreuzung von Marilyn Monroe und Janis Joplin. Ich meine, DAS wäre doch wohl ein Aufmacher, oder?

Hohoho!
Euer Nik O. Laus

Brust oder Keule?

Herr Mephisto bat mich um die Aufnahme eines sog. „Stöckchens“. Weil es das Thema „Essen“ behandelt, habe ich eben vorsichtshalber schon einen großen Becher Naturjoghurt (Weihenstephan, 0,1 % Fett, also quasi weißes Wasser) mit einem Hauch von Kirschmarmelade geschlürft, um nach Abschluss meiner Aufzeichnungen nicht wie ein wildes Tier über den Kühlschrank herzufallen …

Es geht um „Situative Gerichte“ und stellt die Frage, welches Gericht ich mit bestimmten Situationen/Orten/Stimmungen verbinde:

1. Freibad
Als Kind auf jeden Fall Salamibrot. Salami läuft nicht so schnell an und auch nach mehreren Stunden Tauchens und Getauchtwerden ist das Salamibrot, das inzwischen auf dem Grund einer Plastikschwimmtasche in der brennenden Sonne lag, noch genießbar. Jetzt eigentlich mehr Obst und Kekse und Würstchen. Aber jetzt schleppen wir ja auch eine Kühltasche mit …

2. Skihütte
Ich war nur einmal beim Skifahren und unternahm nur mäßig enthusiastisch den Versuch, auf sauglatten Brettern einen verschneiten Hang hinabzufahren. Wenig erfolgreich und ziemlich schmerzhaft endete er nach drei Tagen mit blau-violett unterlaufenen Schienbeinen. Ich war wohl ziemlich traumatisiert Ich kann kein einziges Gericht mit einer Skihütte verbinden, hier kann ich nur mit Getränken dienen, das eine Jagatee und das andere der grauenvolle Almdudler.

3. Urlaub
Einheimisch, je nachdem wo ich bin, wobei natürlich Italien und sämtliche italienischen Köstlichkeiten einen absoluten Spitzenplatz einnehmen. Details würden den Rahmen sprengen, allerdings gibt es einige Gerichte, von denen ich für mich in Anspruch nehme, dass sie aus meiner Kochzone oft besser munden als aus einer hippen Cucina in Torgiano. Wenn ich an das wässrige Risotto in der Nähe von Pisa denke …

4. Bei den Eltern
Dosenchampignons, Fleischküchli und gedrehte Nudeln unter der Woche. Sonntags immer Klöße und Braten. Plätzchen zur Weihnachtszeit gab es übrigens nicht, höchstens gekaufte vom Rösner, die so hart waren wie kleine Eishockeypucks.

5. Bei Krankheit
Nudelsuppe und heiße Zitrone. Bin aber sehr selten krank.

6. Bei Liebeskummer
Daran kann ich mich nicht mehr erinnern, was zeigt, dass der letzte Liebeskummer schon verdammt lang her sein muss … Ich hatte überdies höchst selten Liebeskummer, ach, doch, z.B. als ich in den Safti verliebt war, einseitig selbstredend und äußerst unglücklich, denn er war 5 Jahre älter als ich, in diesem Alter zählen Lebensjahre wie Hundejahre …

7. Beim Ausgehen
Auf jeden Fall etwas, das ich daheim nicht auch mache, weil es zu aufwändig ist oder nur ich es mag. Gegrillte Leber zum Beispiel beim Griechen. Oder gleich zum Exoten, thailändisch, indisch-pakistanisch mmmmh …

8. Als Kind
Kloß mit Soß. Zusammen mit Mirinda und Salzstängeli das „Kindergedeck“ genannt.

9. Niemals
Kann ich so nicht sagen … Ich sage niemals nie … Froschschenkel und Schnecken, das wäre wohl ein no-go. Und so fettes Knöchle mit Sauerkraut. Oder Kutteln. Oder Hirn (hat meine Oma gebacken gegessen, also nicht ihres, gekauftes halt !!). Nieren. Schafsaugen. Känguruhoden. Also doch schon einiges …

10. Immer wieder
Alles italienische, wie bereits erwähnt. Mit Kindern gehören Nudeln ohnehin beinahe zum täglichen Brot!

11. Überraschend gut
war das Essen aus dem scheinbar siffigen Warong auf Bali, von dem wir dachten, unter dem Wagen läge bestimmt Montezuma himself. Lecker, reichlich und 1st class authentisch. Und „Blaue Zipfel“, hierzulande die Geheimwaffe gegen Kater …

12. Überraschend schlecht
Austern in einem Hotelrestaurant in meiner Heimatstadt, wo wir anlässlich einer nicht bestandenen Prüfung des MamS trotzdem feierten. Mag sein, dass sie so sein müssen, wie wir sie aßen, aber das glitschige Geschlürfe war unappetitlich und vom Hocker gehauen hat mich das Zeug auch nicht.

13. Für immer mein absolutes Lieblingsessen
gibt es nicht. Wer weiß, was ich noch vor die Futterluke bekomme! Durchaus hitverdächtig ist aber bis dato Lasagne. Meine eigene, wohlgemerkt. Und wenn ich im Auto sitze und der Magen knurrt, kann es durchaus sein, dass eine Packung Gelee-Bananen zu meinem Lieblingsessen avanciert …

14. Das beste Restaurant in dem ich je war?
Es gibt kein „bestes Restaurant“. Es gibt nur Köche, die ihr Handwerk verstehen und in dieser Sparte herrscht bekanntlich große Fluktuation. Wenn das Preis-Leistungsverhältnis stimmt, der Service gut und die Toiletten sauber waren, ist das doch schon eine ganze Menge.

Wer möchte, darf die Fragen mitnehmen. Ich werfe generell nicht mit Stöcken, Ästen oder Keulen …

Der MamS isst speist diniert mit Kollegen heute hier und ich bin gespannt, was er erzählt, handelt es sich doch um ein typisches Touristenlokal wo, so hoffe ich, wenigstens nur die Preise ziemlich heftig gesalzen sind …

Euch einen formidablen Abend wünscht
moggadodde

Tausendundeine Nacht

Nach mexikanischem Essen stand uns heute der Sinn und für die hausgemachte Guacamole ist Korianderkraut unverzichtbar. Die einzige, als sicher bekannte Korianderkraut-Quelle ist ein Gemüsestand am unteren Markt, der naturgemäß mitten in der Stadt liegt. Bei den unglaublichen Parkgebühren, die die dortige Tiefgaragen-Connection verlangt, könnte ich mir allerdings beinahe ein Pfund weißer Trüffel kaufen, deshalb versuchten wir unser Glück in einem peripher gelegenen Supermarkt, wo ich mir tatsächlich das einzig vorhandene Töpfchen krallen konnte.
Glücklich mit meinem Kräutertopf schlenderte ich Richtung Kassenzone, als ich einem traurig blickenden Mohr begegnete, der mir stumm ein Tablett mit Schokoladenstückchen unter die Nase hielt. Als ich genauer hinsah, bemerkte ich, dass der Mohr eine Frau war, mit braun geschminktem Gesicht und genau so

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gekleidet, nur dass der rot-blaue Turban im Verhältnis noch größer war. Die Dame war auf Promotionstour für die Schokoladenfirma, die den Mohr auf ihrer Verpackung trägt. Ich nahm ein Stück von der Schokolade, lächelte sie an und bedankte mich. Sie schlurfte weiter, denn mit den riesigen Schuhen, groß wie die eines Clowns und an den Spitzen grotesk nach oben gebogen, konnte sie nicht richtig gehen. Diese Begegnung machte mich nachdenklich und ich fragte mich, ob ich, um ein paar mickrige Kröten zu machen, mich als Mohr verkleiden und diesen unglaublichen Schuhen durch einen Supermarkt streifen würde, um die Kunden zum Kauf von ebendieser Schokolade zu animieren. Was würde ich tun, wenn ein ungezogenes Balg Grimassen schneidend an meiner Ballonhose rupft und mich einen „blöden Neger“ ruft? Was, wenn ich Bekannten in meinem bunten Aufzug über den Weg schlurfe und sie sich schenkelklopfend über meinen monströsen Turban amüsieren? Was, wenn mich der über die Mohren wachende Obermotz vor der umherstehenden Kundschaft wegen meiner in Anbetracht der Situation hängenden Mundwinkel rundmacht? Würde ich mich soweit herablassen können, in ein groteskes Clownskostüm gewandet den gehetzten Menschen pappige Schokolade aufzudrängen? Nein, so kam ich zum Ergebnis, ich könnte es, so glaube ich momentan jedenfalls, nicht, ich würde es nicht über mich bringen, in diese Verkleidung zu schlüpfen.

Ich machte kehrt, kreuzte wie zufällig nochmals den Weg der Frau und schaute direkt in ihre traurigen Augen. Ich nahm nochmals ein Stück der zuckersüßen Schokolade, lobte deren kräftigen Geschmack und wünschte der traurigen Mohrfrau ausdrücklich und absolut ehrlich gemeint ein schönes Wochenende.

Für mich wäre die Arbeit als Teilzeit-Mohr ohnehin ein kurzes Vergnügen. Beim ersten, schiefen Blick auf meine Maskerade, beim ersten abschätzigen Wort, das meine roten Ohren unter dem bunten Turban erreichte, würde ich wahrscheinlich alle Kraft einer erniedrigten Frau aufbringen und den respektlosen Flachwichser in die Feinkostabteilung befördern, und zwar auf dem Luftweg. So hoffe ich inständig, dass ich niemals in die Verlegenheit kommen werde, mich auch nur ansatzweise mit dem Gedanken an eine solche Tätigkeit beschäftigen zu müssen …

Euch eine traumhafte Nacht wünscht
moggadodde