Akuter Limerickismus

Irgendwie ist der Wein schlecht, so habe ich den Eindruck. Jedenfalls kommt so etwas dabei heraus:

Sibille im Norden von Plauen
ließ sich mit Vergnügen verhauen.
Doch kürzlich ward’s ihr zuviel
Sie nahm vom Besen den Stiel
und sprach: Daran wirst du noch kauen!

Oder

Auf ’nem Kutter tat Dienst einst ein Skipper,
er trug Sicherheitsschuhe, ähnlich wie Slipper.
Doch in der Kneipe von Klaus
zog er sie gern aus.
Seitdem hat er einen astreinen Tripper.

Ich glaube, ich sollte den Wein die Plörre lieber wegschütten …

Perfidie par excellance

Ich telefoniere gern, deshalb bin ich, wenn Dixie nicht im Haus ist (habe ich schön erwähnt, dass sie mir in vielem sehr ähnelt?) meist zuerst am Hörer, in der Hoffnung auf gute oder neue Nachrichten. „Hallo“ tönte es mir heute entgegen, „jemand hat eine liebe Überraschung für Sie hinterlegt“ sagte die freundliche Dame vom Band. „Bitte drücken Sie jetzt die 1!“ schob sie hinterher.
Die gewöhnlichen Ansagen „Hallo, Sie haben gewonnen! Drücken Sie jetzt die 5, um Ihren phantastischen Gewinn zu erhalten“, oder „Hallo, Jünther Gauch freut sich, Sie in seiner Sendung begrüßen zu dürfen“ oder „Guten Tag, wollen Sie auf ganz einfache Art Ihr Kapital vermehren?“ quittiere ich in der Regel mit prompter Unterbrechung des Gesprächs, wohl wissend, dass alle Anrufer nur mein Bestes wollen und dass damit definitiv nicht erfreulicher Nachschub für meinen ohnehin kärglich gefüllten Geldbeutel gemeint ist.
Dieser Anruf war aber anders.
In Sekundenbruchteilen versuchte ich, diese ungewöhnliche Art des phonetischen Spams, der sich doch so sehr von den altbekannten Werbeanrufen unterschied, einzuordnen. Könnte es irgendeine Freundin/Nachbarin/Bekannte sein, die mir einfach auf eine neue Art einen lieben Gruß zukommen lassen will? Oder ist gar irgendein heimlicher Verehrer am Start, der mir eine verbale Liebesbezeugung zukommen lässt? Gerne hätte ich in diesem Moment ein eingebautes EEG gehabt; vermutlich hätten meine Gehirnstromzacken die Skala gesprengt.
Die Vernunft siegte nach ungefähr drei Sekunden und ich beendete das Gespräch.

Trotzdem grüble ich schon den ganzen Tag darüber nach, wer der Urheber dieses Anrufs war.
Was, wenn tatsächlich eine längst verschollene Freundin einen zaghaften Vorstoß der Wiederannäherung wagte? Weggedrückt. Was, wenn ich tatsächlich ein Auto/Segelyacht/Flugzeug/Haus gewonnen hätte? Weggedrückt. Was, wenn mein über alles geliebter Opa, vor 20 Jahren in feuchter Erde beigesetzt, mit mir in Verbindung treten wollte? Weggedrückt. Was, wenn wirklich die Liebe des vergangenen, diesen und des nächsten Lebens versuchte, Kontakt zu mir aufzunehmen, um mich in die nach Lavendel Jasmin duftenden Gärten voller betörender, auch spiritueller Lustorgien, berauschender Sinnlichkeit und sensueller Sensationen zu entführen? Weggedrückt …

Ich werde es wohl niemals erfahren. Aber beim nächsten Mal wähle ich die 1 und
Ist es nicht beängstigend, wozu diese hinterhältigen, gottverdammten Telefonterroristen in der Lage sind?

Euch einen ungestörten Abend wünscht
moggadodde

Genug geschafft!

Geschafft aber stolz bin ich, diesen Tag gemeistert zu haben. Wecken um 5.00 (also in der Nacht), Vollgas in den Katakomben, die mit über 100 gelieferten (und bearbeiteten!) Warenpaletten heute gebrummt haben wie ein Bienenstock im Sommer, nach Feierabend Dixie in ihrer Kunsthausaufgabe beraten (räumliches Zeichnen, da bin ich nur unwesentlich besser als im Zeichnen von Lebewesen), Tiefkühlpizza eingeschoben. Währenddessen kam Hank von einem Kumpel nach Hause und er wehrte sich vehement, mir seine Hausaufgaben zu zeigen, beteuerte aber, sie gemacht zu haben. Der Braten roch nicht nur, er stank und ich beharrte auf der Vorlage. Natürlich stellte sich heraus, dass er seine Hausaufgaben nicht nur unvollständig sondern gar nicht gemacht hatte. Ganz oder gar nicht. Keine halben Sachen. Hopp oder Topp. Also am Abend auch noch Hank verarztet und weil die Nachschulung so gar nicht in den Schädel wollte, erbarmte sich der MamS, zum Meeting der Kommuniondamen zu gehen. Dazwischen das übliche Tagesgeschäft mit Waschen und Trocknen und jetzt bin ich total geschafft. Eine warme Dusche und dann falle ich ins Bett, nur das zählt heute noch.
Wobei das Wort „Fallen“ mich auf eine Geschichte aus den Katakomben bringt. Heute, wie gesagt, steppte der Bär in der Vorhölle. Fantastilliarden von Teepäckchen wurden heute auch geliefert, die etappenweise mittels „Handwägele“ zu den jeweiligen Lagerorten kutschiert wurden. Mein Wagen war aus Faulheitsgründen ziemlich hoch beladen und weil Tee ja bekanntlich kaum etwas wiegt, waren die gestapelten Pakete reichlich instabil. Ich balancierte das Gefährt durch die Gänge, die wegen der wahnwitzigen Lieferungen ziemlich eng waren und dauernd kam ein Palettenschubser entgegengesaust, dem es auszuweichen galt, sodass ich mir zwischendurch einbildete, ich befände mich auf der A 3 am Freitagnachmittag. Lächelnd ob der emsigen Umtriebigkeit allerorten näherte ich mich der letzten Ecke, als die komplette Chefetage, um dieselbe bog. Ich hatte gerade noch Gelegenheit, dem überirdisch berauschend, fantastischen, glutäugigen, sexy, wahnwitzig erotischen einfach geilen äußerst gut aussehenden Oberplastron einen wunderschönen guten Morgen entgegenzuschmettern, welchen er genauso freundlich erwiderte. Auf gleicher Höhe angelangt machte ich wohl einen Zacken zuviel auf und ein Gutteil der wackeligen Ladung machte den Abgang. Die Chefetage überging das Malheur und stiefelte unbeeindruckt weiter, während ich mit geröteter knallroter Birne die gottverdammten Teepackages einsammelte, wobei mir zumindest der Palettenschubser S. dankenswerterweise sofort behilflich war. Dass die Plastrons nicht mit anfassen würden, hätte mir eigentlich klar sein müssen …
Außerdem habe ich heute einen ungefähr zweieinhalb Meter hohen Turm an ca. 30 x 60 cm großen (Plastik-)Kistendeckeln zum Einsturz gebracht beim Versuch, ihn über den teilweise groben Betonboden zu schieben. Mit einem unglaublich lauten Krachen knallten die Deckel zu Boden und ich kann wirklich von Glück sagen, dass sich in dem besagten Gang gerade niemand aufhielt, sonst hätte es mit Sicherheit mindestens blaue Flecken gegeben und das wäre dann nicht mit einem Lächeln vom Oberplastron abgegangen …

So ist jetzt die

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und ich mach mich vom Acker.

Euch eine sichere Nacht wünscht
moggadodde

Vom Beichten, Büßen und Beten

Ein schulfreier Tag ist heute auch in Bayern. Ich erinnere mich an eine Zeit, da der Buß- und Bettag auch ein arbeitsfreier Tag war, bis er wegen der Pflegeversicherung geschmissen wurde. Zumindest in unserer Familie wurde nicht mehr oder weniger gebüßt und gebetet als sonst auch und Ausschlafen bis Mittag war allemal drin.
Während der MamS heute und morgen die, seiner Meinung nach grauenvolle QM-Fortbildung absolviert, von der er wünschte, er hätte sich niemals angemeldet, heißt das für mich: Ausschlafen, den Tag langsam angehen, über die Hausaufgaben schauen sowie mütterlich inspirierte Eselsbrücken bauen. So war Dixie, Neuling in Sachen BWR, außerstande, sich den Unterschied zwischen „netto“ und „brutto“ zu merken, bis ich ihr empfahl, Netto mit Nackt (also „ohne“) und Brutto mit Bekleidet (also „mit“) zu assoziieren, was ihr sofort einleuchtete und tatsächlich gezogen hat.

Noch nicht berichtet habe ich allerdings, dass sich der Sonntagabend langsam zur privaten, innerfamiliären Beichtgelegenheit entwickelt. Wenn ich am Abend auf der Terrasse mein Nikotindepot regeneriere und Dixie durch die Scheibe beobachte, wie sie scheinbar ziellos durch die Gegend schleicht, ahnt Muddi Mogga, dass die Beichtstunde eingeläutet ist. Am vergangenen Sonntag gab es auch einige unangenehme Wahrheiten, die ohne den Umstand, dass ich für Montag einen Termin mit dem Klassenlehrer vereinbart hatte, wohl nicht den Weg in die herbstliche Nacht gefunden hätten.
„Du hast doch morgen den Termin bei Herrn W. ausgemacht, gell?“ flötet Dixie. Ich bejahe und nehme einen tiefen Zug, wohl wissend, dass sich gleich unangenehme Wahrheiten den Weg in meine Gehörgänge bahnen werden. „Naja, da muss ich dir was sagen.“ „Hm“, antworte ich, „dann lass’ mal hören!“. Langes Schweigen folgt, während ich meine Zigarette ziemlich weit herunterqualme und mir vorsichtshalber gleich die nächste anstecke. Erwartungsvoll blicke ich in den dunklen Himmel und hoffe, dass mich diese Beichte nicht aus den Latschen kippen lässt. „Und?“ sage ich, „Was ist jetzt, langsam wird’s kalt. Wenn du mir was zu sagen hast, jetzt ist die Gelegenheit.“ Natürlich hatte sie mir nur die guten Noten präsentiert und davon gab es tatsächlich einige. In einigen Fächern herrschte jedoch nachrichtentechnisch ein verspätetes Sommerloch und mir war klar, dass ich nicht alles wusste. Deshalb ja der Termin mit dem Lehrer. „Naja, ich hab’ dir ein paar Noten nicht gesagt“, beginnt sie. „Aha“, sage ich. Wieder Schweigen. Jetzt hole ich mir schon mal was zu trinken. Das scheint hier länger zu dauern. „Was’n los“ fragt der MamS und guckt kurz vom „Tatort“ auf. „Nix besonderes“, antworte ich und kehre mit einem gut gefüllten Glas an den Ort meines persönlichen Sonntagskrimis zurück. Die Pause hat Dixie ermuntert und nun platzt es heraus: „Ich habe dir eine Fünf und zwei Sechser nicht gesagt.“ Ich, kurz angebunden: „Aha. Welche Fächer?“ Sie, händeringend: „Kunst, Erdkunde und Physik. In der Reihenfolge.“ Wunderbarerweise bleibe ich ruhig, nippe an meinem Kaltgetränk und frage, wer die Arbeiten denn unterschrieben habe, denn, soweit ich mich erinnere, war ICH das nicht. Sie meint, bei den betreffenden Lehrkräften müssten schlechte Noten nicht unterschrieben werden. Als ich die berechtigte Frage stelle, warum sie denn jetzt erst damit ankommt, meint sie kleinlaut, dass sie befürchtet hatte, ich würde ihr „die Hölle heiß“ machen und dass es doch besser sei, einmal das Donnerwetter für drei schlechte Noten zu kassieren als dreimal für eine. Immerhin scheint das logische Denkvermögen zwischenzeitlich zu funktionieren, dachte ich bei mir, als ich mir das Glas nochmals befüllte und war froh, dass sie mich nicht ins offene Messer laufen und mich bei ihrem Lehrer angesichts dieser Noten als eine komplett uninformierte Idiotin dastehen lassen wollte. Konsequenzen? Die schon länger von mir okkupierte Computermaus wird noch länger ihr verlorenes Dasein in der Einsamkeit eines dunklen, wohl gehüteten Verstecks fristen, um Dixies Fokus wieder auf zentrale Themen des Lebens zu lenken. Der Erhalt von fünfmarkstückgroßen Knutschflecken wird definitiv nicht dazu gehören.

Sie ist ein Mädchen, das sich geschickt den Weg des geringsten Widerstandes sucht, um ihren derzeit vordergründig wichtigen Interessen zu folgen und erinnert mich damit fatal an mich selbst in diesem Alter. Genau deshalb hege ich ganz tief in mir auch ein gaaanz kleines bisschen Verständnis für sie und motiviere sie erneut, ihren Weg zu überdenken. Den MamS werde ich nicht unterrichten, denn er würde sein gemeines, verbales Flammenschwert zücken und die Sünderin für ihre Taten büßen lassen bis in die nächste Dekade, und DAS wird dann ziemlich hässlich und böse. Außerdem ist der Beichtvater, resp. die Beichtmutter, zu strenger Verschwiegenheit verpflichtet.

So werde ich am Sonntag wieder meine Kerze der Hoffnung Abendzigarette anzünden und beten, dass niemand bußfertig in den Beichtstuhl auf die Terrasse tritt, um sich zu erleichtern (also mit Worten, meine ich).

Ach, das Gespräch am Montag ist wegen Erkrankung des Lehrers übrigens geplatzt. Aber eine Beichte ist ja niemals umsonst, heißt es ja immer …

Euch einen unschuldigen Tag wünscht
moggadodde

Steinschlaf

Roman Polanski springt in „Der Mieter“ gleich zweimal aus dem dritten Stock. Er kracht geschminkt und als seine Vormieterin verkleidet durch ein gläsernes Vordach und schlägt auf dem Asphalt auf. Verkrümmt liegt er auf dem Bordstein, den Kopf auf einer Stufe nach hinten überstreckt und zunächst denkt der Zuschauer, er sei tot. Aus dem rechten Knie lugt ein Knochen, aber die Perücke sitzt immer noch. Blutverschmiert kriecht er in Panik vor den Hausbewohnern, die ihm, so bildet er sich ein, den Rest geben wollen, erneut in seine Wohnung, um nochmal zu springen. Cut. Schon ein harter Hund, dieser Polanski.
Es wundert mich eigentlich, dass ich wie ein Stein geschlafen und geträumt habe, dass mir mein Auto vom Norma-Parkplatz geklaut wurde. Trotzdem fühle ich mich, als wäre ich aus dem dritten Stock gehüpft. Mindestens.

Moinmoin
moggadodde